Nicht nur in Niedersachsen und im Saarland, sondern jetzt auch in Bayern haben die Gerichte die 2G-Regeln nun Landesweit gekippt.
Gerichte kippen 2G-Regel
31.12.2021 - 16:32 h
Die 2G-Regelung bekommt immer mehr Lücken. Nur einen Tag nach einer Gerichtsentscheidung im Saarland folgte nun ein ähnlicher Gerichtsbeschluss in Bayern. Folge: In immer mehr Bundesländern gibt es Ausnahmen von den 2G-Beschränkungen im Einzelhandel.
Bild: Symbolfoto für die umstrittene 2G-Regel.
Foto: (Copyright
© Michael Weber/imagebroker)
Der oft als "Weltärztepräsident" bezeichnete Frank Ulrich Montgomery hat weitere Gelegenheiten zur Richterschelte bekommen. Nach dem Beschluss des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Lüneburg, das Mitte Dezember die 2G-Regel im Einzelhandel gekippt hatte, folgten nun ähnliche Beschlüsse in Bayern und im Saarland.
Bekleidungsgeschäfte in Bayern
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat am 29. Dezember entschieden, dass Bekleidungsgeschäfte in Bayern der "Deckung des täglichen Bedarfs" dienen und daher nicht unter die 2G-Regel fallen. Dies berichtete das Online-Portal "inFranken.de".
Anfang Dezember hatte die bayerische Staatsregierung verfügt, dass zum Einzelhandel des Bundeslandes nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt erhalten. Eine Ausnahme machen Läden "zur Deckung des täglichen Bedarfs". Allerdings werden Bekleidungsgeschäfte in der bayerischen Verordnung nicht als Ausnahme genannt. Die Richter des VGH kamen jedoch zum Schluss, dass auch sie von der 2G-Regel ausgenommen seien, "weil deren Bedeutung für die Allgemeinheit nicht hinter die von Schuhen, Büchern, Schnittblumen oder Gartengeräten zurücktrete und der Bedarf an Kleidung täglich eintreten könne".
Damit lehnten die Richter des Verwaltungsgerichtshofs den Eilantrag eines Bekleidungsunternehmens gegen die 2G-Regel als unzulässig ab. Denn die Bekleidungsgeschäfte fielen von vornherein nicht unter die 2G-Beschränkung. Bereits vor Weihnachten hatten die Richter entschieden, dass auch Spielzeuggeschäfte von 2G ausgenommen seien. Weder dem Wortlaut des Verordnungstexts noch seiner Begründung durch die Staatsregierung sei zu entnehmen, wie wichtig und dringlich ein täglicher Bedarf sein müsse, damit das Geschäft von der 2G-Regel ausgenommen sei. Neben Lebensmittelgeschäften und Apotheken führt die bayerische Verordnung als Ausnahmen auch Buch- und Blumenläden, Gartenmärkte und Weihnachtsbaumverkäufe an.
Erfreute Reaktionen kamen daraufhin vom Handelsverband Bayern. Allerdings sei die rechtliche Klarstellung zu spät für das wichtige Weihnachtsgeschäft gekommen. Der Umsatz der bayerischen Bekleidungsgeschäfte sei im Vergleich zu 2019 um 30 bis 40 Prozent eingebrochen. Als Begründung führte ein Verbandssprecher an, dass "Ungeimpfte nicht rein durften", wodurch wiederum andere Kunden abgeschreckt wurden - "von den langen Schlangen" vor den 2G-Kontrollstationen.
Mischsortimenter im Saarland
Vor zwei Tagen hatte bereits das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes einem Eilantrag der Einzelhandelskette "Woolworth" stattgegeben, die 2G-Regelung außer Vollzug zu setzen, meldete das Portal sol.de.
Das saarländische OVG begründete am 28. Dezember seine Entscheidung mit der "voraussichtliche[n] Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes". Allerdings gilt die Gerichtsentscheidung nur für das Unternehmen Woolworth, das den Antrag gestellt hatte.
Die Einzelhandelskette, deren Kennzeichen ein Mischsortiment ist, wird von der 2G-Regel ausgenommen, weil in ihrem Warenangebot "Grundbedarfsartikel wesentlich überwiegen''. Welche Folgen die Entscheidung für den saarländischen Einzelhandel hat, ist im Moment noch nicht abzusehen.
2G-Flickenteppich
Einen Überblick zu behalten, wo und welche 2G-Regeln gelten, wird immer schwieriger. Zwar wurden in manchen Bundesländern - Beispiel Baden-Württemberg - die 2G-Beschränkungen für Hochschulen vom Verwaltungsgerichtshof des Landes aufgehoben. Doch die Landesregierung in Stuttgart passte ihre Corona-Verordnung sogleich an, weshalb Ungeimpfte auch weiterhin nicht an Präsenzveranstaltungen der Hochschulen im Südwesten teilnehmen dürfen.
Als das OVG Lüneburg die niedersächsische 2G-Regel kippte, wurden vonseiten der Einzelhändler in Bremen ähnliche Forderungen laut - denn sollten die Beschränkungen im Stadtstaat aufrechterhalten bleiben, drohen die Kunden ins niedersächsische Umland abzuwandern.
Allerdings hat es auch Gerichtsbeschlüsse gegeben, die die 2G-Regelungen bestätigten, so etwa in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Berlin.
So sahen die Richter am nordrhein-westfälischen OVG in Münster, anders als ihre Kollegen im Saarland, keinen Verstoß gegen das allgemeine Gleichheitsbehandlungsgebot, als sie den Eilantrag der Handelskette Woolworth am 22. Dezember ablehnten. Dabei kann man davon ausgehen, dass sich das Warensortiment der Handelskette im Saarland nicht wesentlich von dem in ihren nordrhein-westfälischen Warenhäusern unterscheidet.
Eine ähnliche Niederlage vor Gericht hatte Woolworth in Schleswig-Holstein hinnehmen müssen, als das schleswig-holsteinische OVG die 2G-Regelung im Einzelhandel bestätigte. Auch in Berlin bestätigte das Verwaltungsgericht die 2G-Vorschriften und wies damit einen Antrag des Kaufhauskonzerns "Galeria Karstadt Kaufhof" ab. Ob nach den neuesten Gerichtsentscheidungen aus Bayern und dem Saarland noch gesagt werden kann, dass 2G im Einzelhandel in den meisten Bundesländern gültig bleibt, ist allerdings noch die Frage.
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Niedersachsen befürchtet jetzt einen Einkaufstourismus der Ungeimpften
In Niedersachsen wurde die 2G-Regel im Einzelhandel jüngst gekippt. Die Warenhauskette Woolworth hat umgehend in seinen Zweigstellen, bundesweit die Eingangskontrollen abgeschafft. Daraufhin hatte auch der Konzern Galeria- Karstadt-Kaufhof in Berlin, einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht eingereicht. Das Berliner Verwaltungs- gericht wies diesen Eilantrag jedoch ab. (DD6NT)·
Lauterbach ist fassungslos und der Handel freut sich - Erstes Bundesland kippt 2G:
"Jetzt müssen andere Landesregierungen nachziehen"
Der Handel fordert nach einem Gerichtserfolg in Niedersachsen ein bundesweites Ende der Einschränkungen für Ungeimpfte. Die Bundesregierung denkt gar nicht erst daran. Und Niedersachsen hat Angst vor einem Einkaufstourismus der Ungeimpften.
Nach der gerichtlich angeordneten Aufhebung der 2G-Regel im Einzelhandel in ganz Niedersachsen verschärft sich der Streit um die coronabedingten Zugangsbeschränkungen in den deutschen Einkaufsstraßen und Shopping-Centern. Der Handelsverband Deutschland (HDE) forderte die Politik am Freitag auf, nun "2G im Handel hinter sich zu lassen". Die Bundesregierung hielt dagegen ausdrücklich an den Zugangsverboten für Ungeimpfte in weiten Teilen des Einzelhandels fest.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sagte, es mache weder epidemiologisch noch gesundheitspolitisch Sinn, solche Regeln jetzt zu kippen. Dies gelte insbesondere wegen der bevorstehenden Welle mit der neuen Virusvariante Omikron.
Niedersachsen: Gericht kippt 2G im Handel
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte am Donnerstag nach einer
Klage der Kaufhauskette Woolworth die 2G-Regel im Einzelhandel des Bundeslandes
gekippt. Die Maßnahme sei zur weiteren Eindämmung des Coronavirus
nicht notwendig und auch nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz
vereinbar, entschied das Gericht. Bund und Länder hatten am 2. Dezember
beschlossen, dass bundesweit und unabhängig von der Inzidenz 2G im
Einzelhandel gelten soll. Ausnahmen von der 2G-Regel gelten für
Geschäfte des täglichen Bedarfs, also etwa Supermärkte und
Drogerien.
Das Urteil der niedersächsischen Verwaltungsrichter hat erhebliche Konsequenzen. Denn von einer bundesweit einheitlichen Strategie bei der Corona-Bekämpfung im Einzelhandel kann damit erst einmal keine Rede mehr sein. Im niedersächsischen Osnabrück dürfen Ungeimpfte jetzt wieder in allen Geschäften einkaufen, im 50 Kilometer entfernten nordrhein-westfälischen Bielefeld bleiben ihnen Warenhäuser und Elektronikmärkte weiter verschlossen.
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Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil warnte deshalb
bereits, dass nun vermehrt Menschen ohne Corona-Impfung ins Land kommen
könnten. Niedersachsen habe mit dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts
(OVG) Lüneburg jetzt eine Sonderrolle in Deutschland, sagte der
SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. "Alle anderen Länder haben 2G im
Einzelhandel. Ich hoffe nicht, dass das zu einem Einkaufstourismus der besonderen
Art führt, weil ungeimpfte Menschen in Niedersachsen shoppen gehen
können."
"Jetzt müssen andere Landesregierungen nachziehen"
Über neue Corona-Auflagen für die Geschäfte werde die
Landesregierung jetzt sehr kurzfristig entscheiden, kündigte Weil an. "Ich
kann ausschließen, dass es so weitergeht wie bisher nur ohne 2G." Eine
überarbeitete Corona-Regelung zum Einzelhandel in Niedersachsen soll es in
der ersten Hälfte der kommenden Woche geben. Denkbar könnte etwa eine
3G-Regel sein, womit nicht geimpfte Menschen einen negativen Test bräuchten.
Der HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth forderte unterdessen die Politik zur Abkehr von 2G auf. "Hygienekonzepte, Abstand und die Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken reichen nicht nur in Niedersachsen, sondern unabhängig vom Bundesland aus, um Infektionen im Einzelhandel zu verhindern", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Daher müssen jetzt andere Landesregierungen nachziehen, die geltenden Verordnungen überarbeiten, damit 2G im Handel hinter sich lassen und sich gemeinsam für eine bundesweite Lösung einsetzen."
Das niedersächsische Urteil gebe hier die Richtung vor, sagte Genth. Allerdings ist auch die Justiz noch uneinig über die Corona-Beschränkungen. In Schleswig-Holstein war ein Eilantrag von Woolworth gegen die 2G-Regel vom zuständigen Gericht erst kürzlich abgelehnt worden. Die Länder Hessen und Sachsen erklärten bereits, weiter an der 2G-Regel festhalten zu wollen.
(Copyright © 2021 by Focus-Online)
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