Wettersonden
Besuch beim "Aerologischen Messzug" der Artillerieschule der Bundeswehr in Idar-Oberstein
(Hohlstraße 101, 55743 Idar-Oberstein, 49.6927 7.3263)
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Wetterballone aus Idar-Oberstein
Wetterballone starten auf der ganzen Welt immer zur gleichen Zeit, nämlich ca. 1 Stunde vor Mitternacht (0Z-Sonde) und ca. 1 Stunde vor Mittag (12Z-Sonde) Londoner Zeit (GMT). An manchen Orten gibt es zusätzliche Starts, so daß u. U. alle 6 Stunden eine Sonde gestartet wird (siehe die Tabelle für Idar-Oberstein).
Die Gipfelhöhe (bis zum Ballonplatzen) beträgt ca. 30 bis 37 km, sodaß sich eine Gesamtflugzeit von ca. 2,5 Stunden ergibt. Bei ungewöhnlichen Wetterlagen werden auch außerplanmäßig Sonden gestartet. Um die laufende Messung nicht zu stören, senden diese Sonden dann auf der Reservefrequenz.
Universitäten und die Bundeswehr starten ebenfalls Wetterballone, von eigenen Startorten, unabhängig von den Standard-Zeiten. Die Bundeswehr braucht für ihre Haubitzen nur Informationen über die unteren Luftschichten, sodaß deren Wetterballone kleiner sind, mit weniger Helium befüllt werden und so üblicherweise nur eine Gipfelhöhe von ca. 18 km erreichen. Die Fallschirme sind größer, so daß die Sinkrate deutlich unter der üblichen liegt, was die Flugdauer erhöht.
Die Bundeswehr in Baumholder macht mehrmals im Jahr mehrtägige Schießübungen, oft von Dienstag bis Donnerstag, manches Mal aber auch von Montag bis Freitag. Dann starten deren Sonden fast im Stundentakt - Tag und Nacht - ein wahrer „Sondenregen“! Jede Sonde hat eine eigene Frequenz (400 bis 406 MHz; Militärischer Bereich: 403 bis 404 MHz).
Die DFM-Sonden starten vom Truppenübungsplatz aus, welcher nicht weit weg vom (zivilen) Startort in Idar-Oberstein liegt.
Die „alten“ RS92-SGP-/AGP-Sonden hatten keine Sendezeitbegrenzung. Die Batterielebensdauer war so groß, daß man den Telemetriesender nach der Landung deutlich länger als 24 Stunden hören und peilen konnte.
Um die Meßwertübertragung der nächsten Sonde nicht zu gefährden, wird bei den „neueren“ Sonden der Sender ca. 5 Stunden nach dem Start über den „Kill-Timer“ abgeschaltet. Das heißt, bei einer durchschnittlichen Flugdauer von ca. 2,5 Stunden verbleiben weitere 2,5 Stunden für die Suche. Die DFM-Sonden der Bundeswehr nutzen keinen „Kill-Timer“, da jede Sonde eine eigene Frequenz zugeteilt bekommt.
Die „Kaltsuche“ schon länger liegender („toter“) Sonden ist natürlich immer möglich, aber die Konkurrenz ist groß!
In der Rheinebene herrscht vermehrt Westwind. Ludwigshafen/Rhein liegt somit in einer „günstigen Zone“, was Richtung und Entfernung zum Startort in Idar-Oberstein betrifft.
Wie man in der Häufigkeitsverteilung sehen kann, sind die Monate Oktober und November (für die Rheinebene) „günstige Monate“.
Im Dezember gibt es oft Inversionswetterlagen mit Nebel und wenig Bodenwind. In höheren Luftschichten herrschen dagegen heftige Westwinde! Deren steife Brise treiben die Ballone bis an die tschechische Grenze.
Kaum eine Sonde „verirrt“ sich dann noch in meiner Nähe... 😥
Die Jagd nach Wettersonden!
Wettersonden kann man mit einem Doppler-Peiler peilen, aber, ob das bei den modernen Wettersonden mit integriertem GPS-Empfänger noch sinnvoll ist?
Früher, als die Sonden noch keinen GPS-Empfänger an Bord hatten, war das „klassische Peilen“ die einzige Möglichkeit, gezielt eine Sonde zu finden.
Moderne Wettersonden senden neben ihren Meßdaten (Temperatur, Feuchte und Luftdruck) auch GPS-Positionsdaten. Heutzutage kann man die Flugbahn live im Internet verfolgen.
Wie auch immer, im Nahfeld macht es durchaus Sinn zu peilen, aber oft landen die Sonden weitab von befahrbaren Straßen, wo man mit einem PKW nicht hinkommt...
Solange die Sonde ausreichend hoch ist, kann man sie trotz geringster Senderleistung (ca. 60 mW) erstaunlich gut über hunderte von Kilometern hören!
Kurz vor der Landung wird der Fern-Empfang durch den Radio-Horizont stark eingeschränkt. Im Internet sind deshalb oft nur GPS-Daten mit Minimalhöhen von ca. 120 bis 300 m Metern (über NHN) verfügbar. Bis die Sonde auf dem Boden aufschlägt vergeht u. U. eine ganze Minute, in der die Sonde (je nach Wind und Höhe) durchaus einige hundert Meter an Strecke zurücklegen kann!
Trotz der hohen Grundgenauigkeit der GPS-Empfänger (> 3 m) läßt die „Brauchbarkeit“ der letzten GPS-Daten aus dem Internet wegen der Erdkrümmung und der flächenmäßig „wenigen“ Empfängern oft zu wünschen übrig. Abweichungen von bis zu 300 m zum tatsächlichen Landeort sind möglich. Deswegen macht es durchaus Sinn, mit einer Yagi-Antenne und einem Abschwächer im Nahfeld zu peilen.
Oder man kauft sich für wenig Geld ein GPS-Radio-Tracker-Modul, welches live die Koordinaten und sogar die Richtung zur Sonde anzeigen kann.
Achtung Hochspannung!
Wetterballone landen nicht nur im Acker, sondern einfach überall:
Auf Privat-/Firmengrundstücken, auf Dächern von Hochhäusern, auf dem Frankfurter Flughafen aber auch im Wasser oder in Hochspannungsleitungen!
Hängt die Sonde in einer Hochspannungsleitung bzw. liegt am Boden, aber die Schnur hängt von der Leitung runter, dann Finger weg!
Der (unsichtbare) Spannungs-/Potentialtrichter am Boden ist nicht zu verachten. Übersteigt die Schrittspannung zwischen den Füßen einen gewissen Schwellwert, dann ist das lebensgefährlich! Also, besser mindestens 30 m Abstand halten...
Ein Telefonanruf beim Netzbetreiber bringt die Sonde gefahrlos und kostenfrei in die Sammlung.
Bereitschaftsdienst der Pfalzwerke: 0800 797 77 77
Die Netzbetreiber sind sehr am störungsfreien und gefahrlosen Betrieb ihrer Anlagen interessiert. Also anrufen, die Nummer vom nächsten Mast oder die Koordinaten übermitteln und warten.
Nach kurzer Zeit kommt ein Servicetechniker vorbei und befreit die Leitung vom „störenden Objekt“. Damit der Techniker gefahrlos arbeiten kann, wird die Leitung vorher über die Zentrale spannungsfrei geschaltet.
Übrigens, Landungen in Hochspannungsleitungen sind gar nicht so selten (siehe Bild in der Galerie). Ich mußte schon dreimal diesen Dienst in Anspruch nehmen.
Eventuelle Unkosten werden vom Netzbetreiber über die Versicherung der Bundeswehr abgewickelt (wenn sich der bürokratische Aufwand überhaupt lohnt). Als Beweis für die Versicherung sollte es ausreichen, wenn der Techniker den rosa Zettel mit der Sonden-Nr. und der Adresse des verantwortlichen Sondenbetreibers abfotografiert. Der Flug sowie der Landeplatz ist ja über die Seriennummer bei radiosondy.info dokumentiert.
Bisher habe ich nur einmal den Zettel bzw. den Fallschirm zwecks Beweissicherung „abgegeben“; die Sonden durfte ich bisher immer behalten.
Grundausstattung für die Wettersondenjagd
- Geländegängiges Fahrzeug mit Allradantrieb (Idealfall)
- GPS-Tracker oder Rx mit Yagi + Abschwächer
- Smartphone
- Angelrute mit Haken
- Machete (optional)
- LED-Stirnlampe
- Gummistiefel
- Schnur und Klebeband
Maximale Bodenreichweite einer Wettersonde
- in der Stadt: ca. 800 m
- im Acker: 3 km
- im Baum: 8 bis 10 km
Der Kegel des Schweigens
Ist der Elevationswinkel sehr steil, d. h. befindet sich der Wetterballon mehr oder minder „direkt über“ dem Doppler-Peiler, dann kann der Telemetriesender nicht gepeilt werden. Da ein Doppler-Peiler und ein Drehfunkfeuer ziemlich ähnlich funktionieren, gibt es auch beim Doppler-Peiler einen „Kegel des Schweigens“: Beim Überflug fällt der Pegel des (richtungsabhängigen) Doppler-Tons bis auf null, womit keine Auswertung mehr möglich ist, siehe die animierte Grafik beim DVOR.
Konkurrenz
Früher konnte man die Sonden auch „nach der Arbeit“ bis zu 24 Stunden nach der Landung peilen oder erst viele Tage später (z. B. am Wochenende) mit leeren Batterien im Acker einsammeln, aber diese Zeiten sind schon lange vorbei. Seit man auf diversen Web-Seiten wie z. B. radiosondy.info die Flugdaten (u. v. a. m.) per Smartphone abrufen kann, wird die Jagd zum Kinderspiel, aber:
Die Konkurrenz ist gewaltig (zumindest hier bei mir in der Rheinebene)!
Mir ist es schon passiert, daß ich an der Schnur am Fallschirm gezogen habe, während ein anderer zeitgleich an der Schnur an der Sonde gezogen hat! Natürlich hat er die Sonde behalten, während ich den wertlosen Fallschirm entsorgt habe. 😥
Die Mehrheit der Wettersondenjäger sind keine lizenzierten Funkamateure, und es gibt sehr viele Jäger!
Wie bei so manchem Hobby/Sport mutiert die Suche zu einer reinen „Materialschlacht“: Wer „klassisch mit einer Yagi-Antenne peilt“ und wartet, bis die Sonde in einem „gut erreichbaren“ Gebiet (also z. B. im Acker) am Boden liegt, der hat schon im Ansatz verloren. Wenn man sich erst nach der Landung entscheidet loszufahren, dann hat ein anderer die Sonde bereits im Kofferraum!
Nur wer die Positionsdaten der Sonden live auswertet und quasi „unterhalb der Sonde“ mitfährt (bzw. im vermuteten Zielgebiet auf der Lauer liegt), der gewinnt. Teams mit Fahrer und Beifahrer (welcher unabhängig von der Verkehrssituation wichtige Navigationshinweise geben kann) haben eindeutige Vorteile gegenüber Einzelfahrern.
Tipp
Bevor man teure Gerätschaften kauft, sollte man mit vorhandenen Mitteln sein Glück versuchen und so erst mal die Konkurrenzsituation checken: Wenn an den Smartphone-Ziel-Koordinaten kein Signal im Empfänger vernehmbar ist, dann war ein anderer schneller!
In diesem Sinne, viel Erfolg bei der Wettersondenjagd!
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Selbstbau-Vorverstärker für den Wettersondenempfang
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Ohne einen vektoriellen Netzwerkanalysator kann man keine S-Parameter messen...
S21-Messung (Bandpassverhalten, Span: 200 MHz)
S21-Messung (Bandpassverhalten, Span: 600 MHz)
Ballonplatzer
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