SelCal auf Kurzwelle - DF9IE - Homepage

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Selektivruf im Kurzwellenflugfunk
Bei internationalen Flügen „über Wasser“ kann man nach relativ kurzer Zeit keine VHF-Verbindung mehr zu einer Bodenstation herstellen! Da die Kommunikation über Satelliten teuer ist und Satelliten ausfallen können, wird der Flugfunk auf Kurzwelle praktiziert. Der Funkverkehr im „HF-Band“ (Kurzwelle) wird in der Betriebsart SSB abgewickelt. Auf dem „VHF-Band“ (UKW: 118 bis 137 MHz) wird in AM gefunkt.

Im Gegensatz zu VHF hat man auf Kurzwelle meist extrem nervige Hintergrundgeräusche. Da bei einer SSB-Aussendung kein Träger vorhanden ist, kann man das Rauschen schlecht mit einer konventionellen, „trägergesteuerten“ Rauschsperre unterdrücken. Alternativ könnte man die HF-Energie des USB-Signals auswerten, aber diese liefert wegen den fast immer vorhandenen „atmosphärischen Störungen“ keine „sichere“ Rauschunterdrückung.

Die Lösung: Das Selektivrufsystem SelCal

Wird der Selektivruf von der Bodenstation ausgelöst, dann blinkt im Cockpit ein Lämpchen (siehe Blockschaltbild) und die Piloten können dann zum Kommunizieren den Lautstärkeregler hochdrehen.
SelCal-16
Jedes Flugzeug hat einen eigenen SelCal-Code, der bei der ASRI (Aviation Spectrum Resources) beantragt werden muß und der Fluggesellschaft (nicht dem Flugzeug) zugeordnet wird. Wird ein Flugzeug verkauft, dann müssen die neuen Eigentümer für das Flugzeug bei der ASRI einen neuen Code beantragen.

Die 4 Buchstaben des (ursprünglichen) SelCal-16-Codes (z. B. AB-CD) korrespondieren mit 4 Audiotönen (siehe Tabelle). Eine SelCal-Aussendung setzt sich aus 2 Doppeltönen mit jeweils einer Sekunde Dauer zusammen, die mit einer kleinen Pause von 0,2 s nacheinander ausgesendet werden (siehe Tonbeispiele).

Die Buchstaben zulässiger Codes werden in alphabetischer Reihenfolge geschrieben:
AB-CD ist ein zulässiger Code, ebenso CD-AB, CD-BA jedoch nicht. Buchstaben dürfen nicht wiederholt werden, d. h. AB-CD ist zulässig, AA-BC und AB-BC aber nicht. Mit den 16 verfügbaren Buchstaben/Tönen und den obigen Beschränkungen ergeben sich 10.920 Codes.

SelCal-32
Nachdem es bis zum Jahr 2018 ca. 3 x mehr Flugzeuge als mögliche Codes gab, hat man die Anzahl der Töne auf 32 verdoppelt und ab Nov. 2022 das neue System SelCal-32 freigegeben.
Der Abstand der bisherigen SelCal-16-Töne wurde halbiert und die neuen Töne von SelCal-32 in die Zwischenräume eingefügt. Alle Töne liegen in einer Reihe, siehe Grafik:

SSB-Betrieb
Beim Abstimmen eines SSB-Empfängers sollte man exakt die Position des ursprünglichen, unterdrückten Trägers „erwischen“, sonst klingt alles „komisch“: Je nachdem ob man zu tief oder zu hoch abstimmt, klingt es nach Mikey Mouse oder nach „Brummelbär“.

Für Ungeübte ist es sehr schwierig die richtige Frequenzeinstellung zu finden. Dementsprechend gilt:
Wenn die Frequenzabstimmung des Empfängers z. B. um 100 Hz daneben liegt, dann werden die SelCal-Töne mit einer Verstimmung von 100 Hz zu hören sein, also nicht im Original“! Die schmalbandige Selektivruf-Auswerteelektronik wird dann niemals ansprechen!

Im Zeitalter der PLLs und der Quarze hat man daher die Flugfunkfrequenzen auf der Kurzwelle in ein 3-kHz-Raster „gepreßt“, d. h. der Pilot muß keine Feinabstimmung machen, wie es im Amateurfunk üblich ist. Im „Normalfall“ sollte die Frequenzeinstellung also immer korrekt sein, aber Quarze altern...
Wasserfalldiagramm
Im Wasserfalldiagramm fällt auf, daß mit den SelCal-Doppeltönen ein zusätzlicher Träger auf „Zero Beat“ des ursprünglichen USB-Signals ausgesendet wird! Im Gegensatz zu den Gesprächen werden die Doppeltöne also „in AM“ übertragen!

Zur Information:
Das zu USB gespiegelte Seitenband LSB hat den gleichen Informationsgehalt. Man kann es also ohne irgendwelche Nachteile unterdrücken und somit Energie und Bandbreite sparen. Die Aussendung belegt mit nur einem Seitenband die gleiche Bandbreite (3 kHz) wie SSB, hat aber den Vorteil, daß es sowohl in SSB als auch in AM demodulierbar ist.
Mit einem Klick auf das Wasserfalldiagramm kann man sich die Doppeltöne in AM, in USB (auf der korrekten Frequenz) und in USB mit einem Frequenzversatz von -200 Hz anhören. Wenn man genau hinhört, dann klingt die AM-Demodulation wie die folgende in USB auf der gleichen Frequenz. Die letzte Aussendung (mit Versatz) klingt eindeutig „anders“! Irgendwie erinnert das an ein verstimmtes Klavier!

Das mögliche „Genauigkeitsproblem“ wird dadurch gelöst, daß man für den Selektivruf nicht das USB-Signal auswertet, sondern das „AM-Signal“. Der Flugfunkempfänger auf Kurzwelle hat also 2 Demodulatoren, siehe Blockschaltbild:
Blockschaltbild
In einem AM-Superhet-Empfänger wird das runtergemischte HF-Signal direkt hinter dem ZF-Verstärker mittels einer Germanium-Diode gleichgerichtet und somit demoduliert. Ein SSB-Empfänger benötigt zur Demodulation zusätzlich einen Träger, welcher zuvor beim Sender unterdrückt wurde, also nicht übertragen wurde. Der fehlende Träger wird mittels BFO (vor der Gleichrichtung) hinzugemischt.

Zum Dekodieren der SelCal-Töne wird das HF-Signal wie beim AM-Empfänger hinter dem ZF-Verstärker abgegriffen und dank des sendeseitig übertragenen Hilfs-Trägersim Original“ AM-demoduliert!
Ungenaue Frequenzeinstellungen oder Alterung der frequenzbestimmenden Quarze spielen bei AM in weiten Toleranzbereichen keine Rolle!

Audiobeispiele
Zum Abspielen der Audiobeispiele auf das jeweiige Bild klicken.

Erstausgabe: Dez. 2000 - Neuauflage: Sept. 2022
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