„Langen Information“ und das Offset-Trägertechniksystem CLIMAX
Der untere Luftraum der Bundesrepublik Deutschland ist in mehrere Fluginformationsgebiete (FIR) unterteilt. 2016 wurden die bisherigen Regionen (Sektoren) feiner definiert und am Standort Langen (Hessen) zentralisiert. Jedem Sektor ist eine Frequenz (Kanal) zugeteilt, die man im Luftfahrthandbuch AIP unter AIP-VFR-Online/GEN/GEN3/GEN3-9 findet.
Das Rufzeichen ist für alle Regionen in ganz Deutschland einheitlich:
LANGEN INFORMATION
Um große Gebiete sicher abdecken zu können, nutzt LANGEN INFORMATION für seinen Fluginformationsdienst (FIS = Flight Information Service) ein Gleichwellenfunksystem mit Offset-Trägertechnik, siehe FIR-Karte. Das Multi-Carrier-System ist unter dem Namen „CLIMAX“ bekannt.
Pro Sektor gibt es Hauptsender, Nebensender sowie mehrere Empfänger, welche sich an unterschiedlichen Standorten befinden. Je nach Topographie existieren pro Sektor 2 bis 6 Sender, die (frequenztechnisch) wahlweise als Haupt- oder Nebensender agieren.
Achtung: Es sind immer nur maximal 2 Sender (Hauptsender und Nebensender) gleichzeitig auf Sendung!
Jedem Sektor ist ein Lotsenarbeitsplatz zugeordnet. Für Gebiete mit hohem Flugaufkommen (z. B. Bremen, Köln-Bonn, Frankfurt und München) sind entsprechend den Sektorengrenzen 2 Arbeitsplätze in Betrieb (siehe API).

Wird LANGEN von einem Piloten gerufen, dann wird das Audio-Signal desjenigen Empfängers, welcher die Aussendung am besten empfängt, automatisch zum Kopfhörer des Lotsen durchgestellt. LANGEN antwortet über ein geographisch zum Empfänger passendes, automatisch ausgewähltes Sender-Pärchen.
Wenn LANGEN gezielt ein Luftfahrzeug ansprechen will, dann wählt der Lotse manuell ein Sender-Pärchen aus, welches geographisch am besten zum ungefähren Standort des Luftfahrzeugs paßt.
CLIMAX ist in Europa mit über 400 Systemen weit verbreitet. Bei der Einführung des neuen 8,33-kHz-Frequenzrasters wurde es allerdings nicht berücksichtigt, da man davon ausging, daß es mit „Schmalband-AM“ nicht funktionieren würde. Aus diesem Grund wurde CLIMAX bezüglich der 8,33-kHz-Regelung eine Ausnahmegenehmigung erteilt.
Es gibt CLIMAX-Systeme, bei denen bis zu 5 Sender gleichzeitig auf unterschiedlichen Offset-Frequenzen (0 kHz, ±5 kHz und ±7,5 kHz) auf Sendung sein können! LANGEN INFORMATION nutzt nur ±5 kHz.
Aktuell laufen Studien, ob man es mit angepaßten Offset-Frequenzen auch innerhalb eines 8,33-kHz-Kanals nutzen könnte. Vorläufiges Ergebnis: Ja, es funktioniert, aber nur als „Zwei-Sender-System“ (in DSB-AM oder CSSB-AM) mit einem Frequenz-Offset von ±2,5 kHz.
Das 25-kHz-CLIMAX-System ist NICHT kompatibel zum 8,33-kHz-Raster!
Aus diesem Grund sind in den ICAO-Karten die FIS-Kanäle von LANGEN INFORMATION in „alten“ 25-kHz-Frequenzen angegeben (welche die alten ZF-Filterbreiten verwenden).
Zur Info: Mit der Umstellung aufs neue 8,33-kHz-Raster wurden die alten Frequenzen vollständig als Kanäle „integriert“.
Um Kommunikationsprobleme zu vermeiden, sollte man also immer den Kanal einstellen, der in der ICAO-Karte aufgeführt ist!
Gleichwellenfunk
Mit Gleichwellenfunksystemen kann man das zu versorgende Gebiet enorm vergrößern. Damit lassen sich Areale abdecken, die von der Topographie her für VHF/UHF schwierig zu erreichen sind (z. B. Täler in gebirgigem Gelände).
Alle Sender sind über Kabel oder Zubringerfunk mit der Sendezentrale verbunden und stahlen das gleiche Audio-Signal ab. Die dazu passenden Empfänger sind im gesamten Versorgungsgebiet verteilt und ebenfalls mit der Zentrale verbunden. Der Empfänger mit dem besten HF-Signal wird zur Sendezentrale durchgestellt, so daß diese immer optimale Empfangsverhältnisse hat.
FM-Gleichwellenfunk
In FM sind Gleichwellenfunksysteme mit mehreren Sendern üblich (z. B. im BOS- oder Bündelfunk), die alle gleichzeitig auf der „gleichen“ Frequenz senden, mit einem konstanten Frequenzversatz (Offset) von 0,5 Hz bis 2 Hz.
Da die stationären FM-Sender nicht exakt die gleiche Frequenz nutzen, fallen im mobilen Empfänger Mischprodukte (Interferenz: f2 – f1) der beiden Sendesignale an. Durch die Überlagerung der Sendesignale schwankt im Empfänger die Feldstärke der ankommenden Signale im Takt der Interferenzfrequenz. Je nach Standort des Empfängers im Versorgungsgebiet kann der Effekt so stark sein, daß das Empfangssignal (mehrmals pro Sekunde) komplett ausgelöscht wird!
AM-Gleichwellenfunk
Im AM-Flugfunk kann man das (langsame) „Interferenz-Fading“ vermeiden, indem man die „Doppel-Sender“ mit einem konstanten Frequenzversatz (Offset: hier ±5 kHz) zur Mittenfrequenz fM betreibt. Das Sender-Mischprodukt (fH – fN) ist damit nicht verschwunden, sondern nur auf eine „andere“ Frequenz (fInt) verlagert. Dies macht sich im Flugfunkempfänger mit einem „10-kHz-Pfeifen“ bemerkbar, siehe die Grafik Frequenzanalyse.


© DJ3UE
Im Flugfunkempfänger wird das „Störgeräusch“ mittels eines 6-kHz-Tiefpass-Filters soweit gedämpft, daß unhörbar leise wird und so die Verständlichkeit nicht beeinträchtigt.
Info für Experten
AM zählt nicht zu den Winkelmodulationen wie z. B. FM. Bei AM verschlechtert sich das S/N-Verhältnis bei 2 Trägern kontinuierlich und nicht sprunghaft, wie es bei FM der Fall ist (siehe FM-Schwelle). Deshalb ist der Empfang von 2 Trägern mit gleichem Informationsgehalt mit einem Offset innerhalb der ZF-Filterbandbreite (inklusive den beiden Seitenbändern LSB + USB) kein Problem.
Wasserfalldiagramm
Hier kann man sehr schön den zeitlichen Verlauf der Bandbelegung sehen:
Zunächst ruft ein Pilot auf Kanal 123.525 (Mittenfrequenz fM = 123,525 MHz) mit einer Sender-Bandbreite von ca. 6 kHz. Danach antwortetet LANGEN auf den Doppelsender-Frequenzen fH = 123,530 MHz und fN = 123,520 MHz (Offset: ±5 kHz = 10 kHz) mit einer Sender-Bandbreite von jeweils ca. 7 kHz.

Bildvorlage: © DJ3UE
Die beiden Sender von LANGEN INFORMATION stehen an unterschiedlichen Standorten und kommen somit auch mit unterschiedlichen Feldstärken am SDR-Empfänger an:
Die beiden AM-Seitenbänder (USB und LSB) des Hauptsenders (rechts im Wasserfalldiagramm) sind heller als die beiden Seitenbänder vom Nebensender (links im Wasserfalldiagramm). Der Hauptsender auf fH liefert also mehr Feldstärke an der SDR-Empfängerantenne als der Nebensender auf fN.
Sehr schön sind auch die 3 HF-Träger fM, fH und fN als senkrechte weiße Linien im Spektrum des Wasserfalldiagramms zu sehen.
Hinweis
Die in der Karte angedeutete Reichweite der Sender ist nur beispielhaft zu sehen. In der Realität sind es keine Kreise oder Ellipsen und die Funkversorgung geht weit über die Sektorengrenzen hinaus. Je nach Topographie gibt es pro Sektor eine unterschiedliche Anzahl an Sendern und Empfängern:
Der Sektor STUTTGART bedient z. B. 4 Sender. In Norddeutschland gibt es keine hohen Berge. Wegen der Erdkrümmung sind dort bis zu 6 Sender aufgebaut.

Alle Offset-Sender nutzen den gleichen Funkkanal.
Es sind maximal 2 Sender gleichzeitig auf Sendung.
Wenn man als Pilot (blaues Flugzeug) dem Funkverkehr der anderen Piloten mit LANGEN INFORMATION lauscht, dann kann es vorkommen, daß man sich „außerhalb“ des Versorgungsbereichs der gerade (für die anderen Piloten, grünes Flugzeug) automatisch ausgewählten Sender befindet. Somit kann man selbst u. U. LANGEN nicht optimal empfangen. Das ändert sich, wenn man „aktiv“ LANGEN ruft:
Dann werden die beiden naheliegendsten CLIMAX-Sender automatisch neu ausgewählt und man hat bestmöglichen Empfang.
In schwierigem Gelände (z. B. in Tälern) kann es vorkommen, daß nur einer der beiden Doppel-Träger empfangen wird. Dann funktioniert trotzdem alles wunderbar, denn ohne CLIMAX hätte man auch nur einen Träger!
CLIMAX im 25-kHz-Raster

Das AM-Gleichwellenfunksystem ist fürs 25-kHz-Raster optimiert. Die verwendeten Empfänger-ZF-Filter sind entsprechend 25 kHz breit (siehe auch das neue 8,33-kHz-Raster).
Solange also die am Empfänger ankommenden Aussendungen nicht breiter sind als 25 kHz, können die empfangenen Signale verzerrungsfrei demoduliert werden.
2 x 7 kHz + 3 kHz „Lücke“ in der Mitte = 17 kHz < 25 kHz
(siehe Wasserfalldiagramm)
Die beiden Sender des LANGEN-Gleichwellenfunksystems haben identische Modulationsinhalte, womit (bei dem geringen Offset) der gleichzeitige Empfang von 2 AM-Trägern kein Problem ist. Bei stark unterschiedlichen Entfernungen der Sender zum Luftfahrzeug kann durch Laufzeitunterschiede ein minimaler Hall auftreten.
Problematisch wird’s, wenn man (entgegen der Kanal-Angabe in der ICAO-Karte) versucht, mit LANGEN INFORMATION auf einem Kanal im 8,33-kHz-Raster (z. B. 123.530) in Verbindung zu treten. Die Mittenfrequenz fM = 123,525 MHz (Sender + Empfänger) würde zwar passen und LANGEN würde auch antworten, aber der aufs schmale 8,33-kHz-Raster abgestimmte Empfänger-ZF-Filter im Luftfahrzeug verhindert (je nach Steilheit des Filters) den Empfang von mindestens einem der beiden Doppel-Träger!
Fazit
Beide Träger liegen außerhalb der ZF-Filterbandbreite (siehe Grafik), aber ohne Träger ist keine Demodulation des AM-Signals möglich! Infolgedessen kann man nur die völlig unverständlichen Seitenbänder hören, die wie ein SSB-Signal in einem AM-Empfänger klingen.
Der Empfang der anderen Piloten ist dagegen kein Problem, denn deren 6 kHz breite Aussendungen auf 123,525 MHz passen perfekt durchs schmale 8,33-kHz-ZF-Filter.
Die Verwendung eines Kanals im falschen Raster kann somit fälschlicherweise zu Irritationen führen und auf ein defektes Funkgerät schließen lassen...
Zusammenschaltung von Sektoren
In Zeiten mit wenig VFR-Luftverkehr (z. B. bei schlechtem Flugwetter bzw. frühmorgens/spätabends) wird deutlich weniger Personal gebraucht. Dann werden 2 (oder auch mal 3) Sektoren auf einen Lotsenarbeitsplatz geschaltet. Die Sender und Empfänger des CLIMAX-Systems von LANGEN werden so gekoppelt, daß alle Audio-Signale (welche der Lotse von den Empfängern aus beiden Sektoren hören kann) auf beiden Kanälen zur Verfügung stehen.
Beispiel
Piloten auf Kanal 123.525 können nicht nur LANGEN hören, sondern auch Piloten vom Nachbarsektor (beispielsweise von Kanal 119.150). Sie können (funktechnisch) allerdings nicht unterscheiden, ob sich der aktuell sprechende Pilot im eigenen Sektor oder in einem anderen Sektor befindet und wundern sich allenfalls über die „große Reichweite“.
Sektorfremde Signale werden via LANGEN „quasi im Relaisbetrieb“ auf den eigenen Kanal übertragen und umgekehrt.

Anhand der Linien im Wasserfalldiagramm kann man sehr leicht feststellen, ob das Signal von einem Piloten aus dem eigenen Sektor (123,525 MHz) oder von einem anderen Sektor kommt:
Die Audio-Signale der Piloten von 119,150 MHz werden mittels des CLIMAX-Gleichwellenfunksystems auf 123,520 MHz und 123,530 MHz „umgesetzt“, also dort ausgesendet.
Im Idealfall kann also jeder jeden hören (von topographisch bedingten Funkabschattungen bzw. der Erdkrümmung abgesehen). Jeder „merkt“, ob der „Funkkanal „belegt“ ist oder nicht.
Die Audio-Kopplung dient somit primär nicht der Reichweitenerhöhung, sondern ist eher dadurch begründet, daß der Lotse nicht durch simultane Mehrfachanrufe (von verschiedenen Kanälen) überfordert wird.
Nebenbei, die Lotsen bedienen nicht nur den Funk, sondern müssen ab und an auch telefonieren. 😉
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