26.5.2022 - Außerirdischer Störer!
© DF9IE
Ende April ist mir ein schwacher Störträger aufgefallen, der auf der Relaisausgabe (145,700 MHz) sein Unwesen trieb.
Der Störer war nicht jeden Tag QRV, aber wenn, dann jeweils nur ca. 10 Minuten, mit mindestens 90 Minuten Pause (auch spät nachts!).
Wegen des kurzen und seltenen Erscheinens sowie dem schwachen Signal auf der Ausgabe-QRG, war er als Ziel für die Peilgruppe uninteressant, denn:
Bei den aktuell hohen Spritpreisen kommen nur die penetrantesten Störer in den Genuß eines „Hausbesuchs“! 😏
Wie auch immer, mir ist aufgefallen, daß die Frequenz des Trägers stets leicht variierte. Zudem ist die QRG alle 7 Sekunden für 2 Sekunden „nach oben“ weggelaufen. Liegt da etwa schon wieder ein Mini-Sender auf dem Kalmit-Gipfel? Interessanterweise schien es außer mir keinem aufgefallen zu sein – Keine Störmeldungen im Postfach der Peilgruppe Kalmit!
Meine Peilung ging nach Süd-Westen. Also habe ich Andreas (DO9WA) gefragt, ob er den Störer auch hören kann?
Ja, kann er, mit S7!
Hoppla, beim mir kam der Träger immer nur knapp übers Grundrauschen! Nach einer Telefonumfrage war klar, daß auch andere OMs den Störträger empfangen konnten. Andreas‘ Peilung ging nach Süd-Westen; von Rülzheim aus liegt die Kalmit in Richtung Nord-West! Also doch kein Relais-Fuchs? Später habe ich das Signal noch aus anderen Richtungen (Süd-West, über West bis Nord-Ost!) empfangen, so daß ein Kalmit-Fuchs definitiv ausschied. Aber, welcher Relaisstörer sendet bis tief in die Nacht seltsame Signale auf der Relaisausgabe, und das auch noch von verschiedenen Standorten?
Im Wasserfalldiagramm von Andreas‘ IC-9700 kann man wunderbar sehen, wie der Träger alle 7 Sekunden bis zu 15 kHz weggelaufen ist. Gleichzeitig waren für die Dauer des Weglaufens (25 kHz höher und 45 kHz höher) zwei weitere Träger zu sehen!
Im nächsten Video ist zu sehen, wie der Störsender „plötzlich“ ein weiteres, Signal „zugeschaltet(?)“ hat (etwa in der Mitte des Videos), das zeitgleich zum Hauptsignal aufgetreten ist und in die gleiche Richtung gelaufen ist.
Später hat Andreas beobachtet, wie sich ab und zu auch die „Laufrichtung des Trägers“ von „nach oben“ auf „nach unten“ geändert hat und wieder zurück! In Summe ist das alles wirklich extrem ungewöhnlich für einen (mobilen) Störsender!
Nachtrag vom 26.5.2023
Audiobeispiel vom „Gezwitscher“
(QSO von DO3ZV mit DO9IN über DB0XK)
Wer sendet solche „komplexen Signale“ und vor allem: zu welchem Zweck?!
Der Aha-Effekt kam, als mir Achim (DJ3UE) erzählt hat, daß ihm das Signal bereits bekannt ist! Angeblich stammt es vom chinesischen Satelliten XiWang-2B:
Hier die SDR-Rx-Aufzeichnungen von Achim, DJ3UE:
Wie man in der Grafik sehen kann, befindet sich der komplette Downlink des Satelliten im 2-m-Relaisband, außerhalb des exklusiv für Amateurfunksatelliten reservierten Bereichs (145,800 - 146,000 MHz)!
Ich frage mich echt, wozu man eigentlich eine Organisation wie die IARU braucht, wenn die ihre Arbeit nicht sauber erledigt?!
Übrigens, ein OM aus Mumbai hat das Signal ebenfalls protokolliert und hier veröffentlicht. Die Ähnlichkeit mit den von DO9WA und DJ3UE aufgezeichneten Signalen ist unverkennbar!
Fazit:
Eines ist jetzt klar, der außerirdische Störer ist eindeutig irdischer Abstammung! Man lernt doch immer wieder dazu. 😏
Das Rätsel um den „Kalmit-Wobbler“ ist jetzt zwar gelöst, aber abstellen läßt sich damit die himmlische Störung noch lange nicht, denn der chinesische Satellit schwirrt unerreichbar (auch für die Doppler-Peiler der Peilgruppe 😥) alle 90 Minuten in ca. 500 km Höhe über unsere Köpfe hinweg...
Fragen:
XiWang-2B wurde im Sept. 2015 vom Kosmodrom Taiyuan in Shanxi (China) gestartet. Da drängen sich mir folgende Fragen auf:
- Wenn der Satellit schon so lange im Orbit ist, warum ist das Störsignal nicht schon früher aufgefallen? Und warum ändert die Frequenzdrift die Richtung, bzw. warum sind im Wasserfalldiagramm ab und zu mehrere Träger zu sehen?
- Hat die aus Gewichtsgründen nicht abgeschirmte Satelliten-Elektronik durch die harte kosmische Strahlung Schaden genommen oder ist das etwa der Normalbetrieb?
Christoph (DL5DAN) vermutet, daß eventuell versucht eine PLL einzurasten? Möglicherweise wird die Telemetrie-Stufe wegen einem fehlenden Log-in-Signal durch einen Time-out seitens des µC regelmäßig immer wieder neu gestartet? Die abgeschaltete Betriebsspannung am Ende des Einrastversuchs könnte das „Aus-/Weglaufen“ des VFOs erklären. Das hört sich jedenfalls nicht nach einem validen Datenstrom an, eher wie ein Fehler im Micro-Satelliten.
Wenn jemand Antworten kennt, dann schreibt mir doch bitte eine E-Mail, damit ich die Erkenntnis hier veröffentlichen kann.
XiWang-2B hat eine erwartete Lebensdauer von 9 Jahren. Somit wird uns der „Störträger“ noch eine Weile erhalten bleiben, auch überregional, außerhalb des Dunstkreises des Kalmit-Relais!
Hört doch mal rein und überzeugt Euch selbst!
Auf der Seite von N2YO kann man den Satelliten über die Suchfunktion finden (oben rechts XW eingeben) und sich dann eine Karte mit der aktuellen Position anzeigen lassen:
Alternativ kann man den Satelliten auch über die Seite von Heavens-Above finden, siehe „Amateurfunksatelliten - alle Vorbeiflüge“:
Mit Strg + F und „XW-2B“ findet man den Satelliten schnell in der Liste:
Auf „Überflüge“ klicken.
Dann auf „ALLE Überflugtypen“ klicken.
Für die korrekte Berechnung der Überflugzeiten sollte man sinnvollerweise der Webseite seinen Standort bekanntgeben. Dazu oben rechts auf das Koordinatenfeld klicken: Es öffnet sich ein Dialog, in dem man seine Position (z. B. über die Karte oder die Suchfunktion) bestimmen kann.
Inhalt der Webseiten: © Heavens-Above
Nachtrag vom 18.1.2024
Bild: © DJ3UE
Im Wasserfalldiagramm von Achim ist zu sehen, daß der Satellit nach mehr als 8 Jahren im Orbit immer noch aktiv ist.
„Rechts“ neben dem Signal von XiWang-2B ist ein weiteres Signal zu sehen, welches wohl einem Satelliten der gleichen Serie zuzuordnen ist. Hat dieser Satellit den gleichen Fehler oder ist der „eigenartige Signalverlauf“ auch dort der „Normalbetrieb“?
73 de DF9IE
Roland