Der Morse-Lochstreifengeber
Neben den herkömmlichen Gebeverfahren
wurden auch automatische Lochstreifen- Morsegeber (Maschinen- oder
Schnelltelegraphen) verwendet. Sie wurden Mitte des 19-ten
Jahrhunderts aus Kosten- und Leistungsgründen entwickelt und
eingeführt.
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Der britische
Physiker Sir Charles Wheatstone ( * Gloucester 1802, † Paris 1875 )
entwickelte im Jahre 1858 einen Lochstreifen- Morsegeber mit dem
nach ihm benannten Lochstreifencode.
Damit waren Übertragungen mit weit höherer Geschwindigkeit und größerer
Genauigkeit möglich. Der Telegramm-
Durchsatz erhöhte sich - bei gleichzeitiger Reduzierung des
Personals.
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Wheatstone-Sender
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Wheatstone-Locher |
Das Wheatstone-Prinzip
(Auszug aus einer Gerätebeschreibung)
Ein gelochter Papierstreifen wird mittels einer Kontakteinrichtung
von 2 Fühlhebeln abgetastet. Das Vorbeiführen des Papierstreifens
mit eingestanztem Zeichen an den Fühlhebeln geschieht durch einen
Motor mittels regelbaren Getriebes.
Das Paar zweier gerade übereinander stehender Löcher ergibt ein
Punktzeichen. Das Paar schräg zueinander stehender Löcher, wo das
untere Loch nach rechts versetzt ist, ergibt ein Strichzeichen.
In dem Augenblick, wo sich ein Loch des laufenden Papierstreifens
über dem Fühlschuh eines Tasthebels befindet, wird das Senderrelais
gesteuert. Das Senderrelais wird nicht direkt, sondern zwecks
Einhaltung gleichmäßiger Stromstöße für die Morsezeichen, über
einen Korrektionskollektor getastet.
Die durch die Lochungen des Streifens gesteuerten Fühlhebel
bereiten nur die Kontaktgabe vor - während die genaue Bemessung der
Stromstöße durch den Korrektionskollektor erfolgt. Ein Strichsymbol
dauert also ¾ Umdrehung des Korrektionskollektors, das Punktsymbol
nur ¼ Umdrehung.
Ist der Geber in Betrieb, ohne dass ein Papierstreifen aufliegt, so
werden durch die Tastvorrichtung nur Punkte
getastet.
[Quelle:
Schnellmorsegeber, D.(Luft)T.9204,
Februar 1942, Luftnachrichtentruppe]
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Viele
kommerzielle Morse-Übertragungen geschahen bis in neuerer Zeit
unter Verwendung dieses, mittels Morse- Tastenlocher vorgelochten
Papierstreifens.
Gerne verwendet wurde er für den einseitigen Funkdienst (z. B.
Norddeich Radio). Nachrichtenkanäle, Funkpersonal und Funkgeräte
wurden dabei entlastet. |
Besonders hohe Übertragungsgeschwindigkeiten lagen natürlich
außerhalb der funkerischen Hörleistungen. So sendete der
historische Sender Nauen zur besseren Ausnutzung seiner Funklinien
mit 600 bzw. auch 800 Zeichen pro Minute. Die Morse-Aufnahme
erfolgte in diesen Fällen mit leistungsfähigen Morseschreibern, deren Papierstreifen
nur abgelesen wurden.
Im Westen Deutschlands wurden vor Einführung der Computer
(Amateurfunk-) Morseprüfungen mit Hilfe
solcher automatischen Geber durchgeführt. Der "Klappermax" (HELL
MG23) war über Jahrzehnte bei den Prüflingen berühmt und
berüchtigt. Gnadenlos klapperte er mit einem schier endlosen
Lochstreifen die dreiminütigen Prüftexte herunter. Hier lagen die
einstellbaren Geschwindigkeiten zwischen 21 ... 220 Buchstaben pro
Minute (BpM). Pausen konnten automatisch mit den Faktoren 2.5, 4
und 7 verlängert werden. Besonders schnelle Übertragungen waren
damit jedoch nicht möglich.
Die Sendegeschwindigkeit eines anderen Gebers (HELL MG 12) betrug
dagegen 75 ... 1200 BpM, mit Adapter sogar bis zu 2400 BpM. Ein
Traum für die damals aktiven Meteorscatter-OMs!
Vorbereitet wurden diese Streifen mit einem Tastenlocher (HELL
TL1).
Empfangen wurden die Signale mit speziellen Papier-
Streifenschreibern (HELL RC28). Die leicht lesbare
"Morse-Zackenschrift" (Undulatorschrift) brauchte nur abgelesen zu
werden. Ältere Telegrafisten können sich gut erinnern, wie mit
einem Übungs- Morse- Recorder ihre Handschrift trainiert und
"geschliffen" wurde.
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Ergänzende Informationen zu neuzeitlichen Wheatstonegeräten
(Morsetechnik) und mehr in der umfangreichen "Technischen Sammlung Dr.-Ing.
Rudolf Hell". |