In der letzten Sendung wurde das magnetische Feld eines elektrischen Leiters behandelt. Diesmal wird die umgekehrte Situation betrachtet. Ein äußeres Magnetfeld beeinflusst einen stromdurchflossenen Leiter bzw. einen Strahl von Ladungen. Die Sendung gliedert sich in folgende Abschnitte:
In der letzten Sendung wurde gezeigt, dass jeder stromdurchflossene, gerade
Leiter ein zylinderförmiges Magnetfeld um sich herum aufbaut. Deshalb ist es
sehr verständlich, dass ein zweites, äußeres Magnetfeld auf eine Stromleitung
eine Kraft
ausübt. Bei einem besonders großen Effekt ist das äußere Magnetfeld senkrecht
zum elektrischen Strom gerichtet; dann steht die Kraftrichtung senkrecht auf der
Ebene, die von der Magnet- und Stromrichtung aufgespannt werden. In einem dazu
passenden Experiment
zeigen die magnetischen Feldlinien von oben nach unten, die technische
Stromrichtung ist von hinten nach vorne; dann rollt der locker aufgelegte Leiter
nach rechts weg. Diese komplizierte Zuordnung von Richtungen kann man sich mit
der UVW-Regel
der rechten Hand leichter merken. Dazu ist etwas Fingergymnastik erforderlich:
Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger werden so auseinander gespreizt, dass ein
rechtwinkliges, dreidimensionales Achsensystem aufgespannt wird. Der Daumen
zeigt in Stromrichtung - das ist die Ursache, Buchstabe U -, der Zeigefinger in
Magnetfeldrichtung - das ist die Vermittlung, Buchstabe V -, dann zeigt der
Mittelfinger - die Wirkung W - in Richtung der resultierenden Kraft, die auf den
elektrischen Leiter wirkt. Diese Regel wird anhand einer weiteren Anordnung von
Leiter und Magnetfeld überprüft: Die Leiterschaukel
schwingt in die vorhergesagte Richtung.
Die Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter, der sich in einem Magnetfeld
befindet, kann einfach gemessen werden. Der Leiterbügel steht auf einer
empfindlichen Laborwaage
. Dabei ist der Hufeisenmagnet so angebracht, dass die Kraftrichtung nach unten
weist. Sind Magnetfeldrichtung und Stromrichtung senkrecht zueinander, dann ist
die Kraft maximal, sind sie parallel zueinander, dann ist die Kraft null. Bei
Zwischenwinkeln wird nur die Magnetfeldkomponente senkrecht zur Stromrichtung
wirksam. Die Stärke der Kraft hängt außerdem noch von der Stromstärke und der
Länge des Leiterstücks im Magnetfeld ab. Der Quotient
aus der Kraft und dem Produkt aus Strom und Leiterlänge ist eine Konstante; sie
beschreibt die Stärke des Magnetfelds in diesem Bereich. Diese Konstante wird
magnetische Flussdichte B genannt, ihre Einheit ist Tesla. Die
Namensgebung "Flussdichte" wird in einer späteren Sendung erläutert.
In der
letzten Sendung wurde in Konkurrenz dazu die magnetische Feldstärke H
definiert. Für das Magnetfeld
im Inneren einer sehr langen Spule ergibt sich, dass sich das H-Feld und
das B-Feld nur um eine Naturkonstante 0 unterscheiden; sie
heißt magnetische Feldkonstante. Die Stärke eines Magnetfelder wird mit einer
sogenannten Hall-Sonde gemessen; ihre Funktionsweise wird später in dieser
Sendung erklärt. Mit einem Helmholtz-Spulenpaar
erreicht man ein großräumiges homogenes Magnetfeld; in der Formelsammlung finden
Sie dazu eine Formel.
Mit einem Stabmagneten kann ein Elektronenstrahl
abgelenkt werden. Dabei sorgen vertikal angeordnete Magneten für eine Ablenkung
nach links oder rechts. Die magnetische Kraft auf einen stromdurchflossenen
Leiter wirkt also direkt auf einzelne Ladungen. Für diese Lorentzkraft
lässt sich eine Formel ableiten: Die Kraft ist proportional zur Ladung und
Geschwindigkeit der Teilchen und zur Stärke des Magnetfelds. Ein wichtige
Anwendung ist die Fadenstrahlröhre:
Im homogenen Magnetfeld erfährt ein Elektronenstrahl an jeder Stelle der Bahn
eine ablenkende Kraft, die genau senkrecht zur momentanen Geschwindigkeit wirkt.
Deshalb bildet sich insgesamt eine Kreisbahn
aus. Der Geschwindigkeitsbetrag der Elektronen bleibt dabei konstant; die für
die Kreisbahn notwendige Zentralkraft ist hier genau die Lorentzkraft. Mit
dieser Kraftgleichung
kann z.B. die Geschwindigkeit der Elektronen bei gegebenem Magnetfeld und
Bahnradius bestimmt werden. Für den formelmäßigen Zusammenhang der Lorentzkraft
gibt es verschiedene Anwendungen: Beim Elektronenmikroskop
z.B. übernehmen Elektronen die Rolle, die beim optischen Mikroskop Lichtteilchen
spielen. Magnetfelder beugen die Bahnen der Elektronen so, wie dies Linsen
bei Licht tun. Eine andere Anwendung findet man bei großen
Forschungseinrichtungen für Elementarteilchenphysik. Hier werden geladene
Teilchen in Kreisröhren
beschleunigt; dafür werden starke Ablenkmagneten entlang der Vakuumröhre
angebracht.
Eine weitere Anwendung der Lorentzkraft ist der Hall-Effekt:
Ein Magnetfeld wird mit einem stromdurchflossenen Leiterplättchen ausgemessen,
das senkrecht dazu orientiert ist. Wegen der Lorentzkraft wird der Stromfluss
mehr auf eine Seite des Plättchens gedrückt; über die Breite des Plättchens baut
sich dabei eine Hallspannung auf, die proportional ist zur Breite, zur
Driftgeschwindigkeit der Ladungen und zur Stärke des Magnetfeldes. So ein Leiterplättchen
befindet sich an der Spitze einer Hall-Sonde, mit der die Stärke eines
Magnetfeldes bestimmt wird.
Das internationale SI-Einheitensystem definiert die Einheit 1 Ampere über die
Anziehung zwischen zwei parallelen
Leitern. Zur Erklärung stellt man sich am besten das zylinderförmige
Magnetfeld eines der beider Leiter vor. In diesem Magnetfeld wird auf den
zweiten Leiter eine magnetische Kraft ausgeübt, die bei gleichgerichteten
Strömen anziehend, bei entgegen gesetzten Strömen abstoßend
wirkt. Eine andere Anwendung der Lorentzkraft ist die schützende Wirkung des
Erdmagnetfeldes. Von der Sonne werden nicht nur Lichtteilchen, sondern auch
Protonen und Elektronen als sogenannter Sonnenwind ins Weltall geschickt. Diese
geladenen Teilchen werden in Äquatornähe durch das Erdmagnetfeld
um die Erde herum gelenkt. In Polnähe aber ist die Magnetfeldrichtung nicht
senkrecht zu ihrer Bewegungsrichtung; hier kann der Sonnenwind in die Atmosphäre
eindringen und dabei Luftmoleküle zum Leuchten anregen. Diese eindrucksvollen
Lichteffekte sind als Polarlichter
bekannt.