2.3.9           Zusammenfassung der Gerichtsakten – Flugblatt V-VI

Die Geschwister Scholl schildern bei ihren Vernehmungen signifikante Details zur Flugblatt-Herstellung. Demnach waren mit den verwendeten Schablonen hohe Vervielfältigungszyklen möglich, bevor sie abrissen. Bei Alexander Schmorell wird deutlich, die technische Problemschilderung kann nur sinnvoll mit dem zugehörigen Vervielfältigungsverfahren nachgestellt werden. Schablonenabrisse kennt der Hektograph mit seiner Gelatineglycerinschicht überhaupt nicht und beim Matrizendrucker sind sie absolut unüblich,[743] schon gar nicht bei maximal 150 Vervielfältigungen, die während der Kriegszeit möglich waren. Nur ein gravierender Material- oder Bedienungsfehler kann die Ursache sein. Auch wenn das Vervielfältigungsverfahren in den Gerichtsunterlagen nie erwähnt wurde, ist dies aufgrund des vorliegenden Sachverhalts dennoch möglich geworden. Vermutlich wollten die Vernehmungsbeamten dem Volksgerichtshof lückenlose Ermittlungsakten vorlegen. Vielleicht sind sie davon ausgegangen, wenn wir das schon nicht richtig verstehen, wie dann die Herren vom Volksgerichtshof. Hauptsache alles wurde ohne Versäumnisse geklärt. Vermutlich interessierte sich der Volksgerichtshof nicht für Herstellungsdetails, wohl für die sichergestellten Widerstandsapparate. Kaum vorstellbar wäre, dass Beamte der Geheimen Staatspolizei Münchens dem Volksgerichtshof unter Vorsitz von Roland Freisler gefälschte Unterlagen vorgelegt hätten. Die Beamten dürften sich über die Tragweite der ungewöhnlichen und unüblichen Anreise des Volksgerichtshofs von Berlin nach München im Klaren gewesen sein, was das für die Angeklagten bedeutete, insbesondere was den Ausgang betrifft.