2.2.4           Schwertransport

In der Tat bestand ein Transportproblem. Der ROTO-PREZIOSA wiegt ca. 18 kg mit Holzbodenplatte und Holzabdeckhaube. Die Masse mit Holzverkleidung der ersten Maschinen betrug 47 x 42 x 45 cm und ohne Holzverkleidung 31 x 41 x 39 cm. Der Transport eines ROTO-PREZIOSA mit vollständiger Holzverkleidung ergibt keinen einfachen Transport mit einem Rucksack. Oder der Apparat wurde anderweitig transportiert. Alternative Transportmittel: Leiterwagen wäre auffällig. Auto durfte nicht jeder besitzen.[605] Eine andere Möglichkeit bestünde, dem Widerstandskreis stand für den Transport ein Wehrmachtsfahrzeug zur Verfügung. Wie die Studenten diesen nicht unauffälligen und schweren Vervielfältigungsapparat die etwa 3,6 km lange Strecke von Firma Franz Beierl Sendlingerstrasse 49 bis in die Studentenwohnung in die Franz-Joseph-Strasse 13 transportierten, ebenso der Transport der 2,2 km langen Fussstrecke zwischen Franz-Joseph-Strasse 13 zum Buchhändler Josef Söhngen am Maximiliansplatz 13[606] oder von der Franz-Joseph-Strasse die 300 Meter bis zum Atelier wäre interessant zu erfahren. Möglicherweise mittels eines grossen Militärrucksacks. Von der Geheimen Staatspolizei München wurde ein Deuter Rucksack Tauern,[607] der erstmals laut Hersteller 1934 in Produktion ging, beschlagnahmt.[608] Ein Rucksack mit festem Rückenteil und speziellen Rückenbändern als Verstärkung, zwei Seitentaschen und eine aufgesetzte Vordertasche. Dazu macht der Hersteller Deuter[609] auf Anfrage, dankenderweise vertreten durch Mona Thiem, wichtige Angaben, die in Tabelle 9 wiedergegeben sind. Aufgrund der Abmessungen des ROTO-PREZIOSA müsste der Tauern-Sack ein Liter-Volumen von ungefähr (47 * 42 * 45) * cm³ = 88,8 l gehabt haben. Laut Mona Thiem verfügt das Unternehmen über keine weiteren Unterlagen über Militärrucksäcke vom II. Weltkrieg aus denen hervorgeht, dass damals auch Übergrössen hergestellt wurden.


Modell

 
Grösse [H x B x T]

Ca. Volumen [L]

Fassungsvermögen Hauptpacksack

Kleiner–Tauern

38 x 37 x 16

25

Mittlerer-Tauern

42 x 37 x 17

35

Grosser-Tauern

49 x 49 x 18

50

Militär-Sack

Unbekannt

60

Tabelle 9: Deuter Tauernsack-Sortiment während des II. Weltkrieges

 

Deuter Tauern Sack, Deutsches Reichs Patent (DRP), bedeutet vor 1919 hergestellt, Privatedition

Abbildung 130: Deuter Tauern Sack, Deutsches Reichs Patent (DRP), bedeutet vor 1919 hergestellt, Privatedition

    Aus einem Schreiben der Oberreichsanwaltschaft Berlin vom 17. September 1943 geht hervor, dass ein Vervielfältigungsapparat mit Abdeckung und Ausgangskorb beschlag­nahmt vorliege.[610] Demnach könnte der ROTO-PREZIOSA des Widerstandskreises in München mit Holzbodenplatte und Holzabdeckung als Edelausführung vorgelegen haben und wäre zu damaliger Zeit vollständig gewesen, wenn mit "Abdeckung" die Original-Holzverkleidung gemeint war. Die bisher untersuchten Deuter Rucksäcke Modell Tauern (Vergleich Gebirgsjäger Tauern Sack D.R.P. II. Weltkrieg) waren zu klein, um einen ROTO-PREZIOSA mit Bodenplatte und Abdeckhaube aufzunehmen. Wie Hans Scholl und Alexander Schmorell den Vervielfältigungsapparat nach dem Kauf aus dem Ladengeschäft brachten, bleibt offen. Vorstellbar wäre, dass die beiden Kommilitonen den Rotationsvervielfältiger für einen leichteren Transport von der Holzbodenplatte abschraubten. In diesem Fall würde der ROTO-PREZIOSA in einen Tauernrucksack passen. Allerdings muss der Vervielfältigungsapparat mit Tüchern umwickelt werden, damit die kantigen Gehäusefüsse dem Tauernrucksack nicht eine verräterische Form aufbürden.