4.3.1 Auflage Matrizendrucker – Umdruckoriginal
Die Auflage mit einem Umdruckoriginal eines Matrizendruckers war um 30 % höher als die Auflage beim Hektographen, jedoch während des II. Weltkrieges keinesfalls höher.[212] Ein Umdruckoriginal konnte während des II. Weltkrieges bis zu 150 Vervielfältigungen erreichen. Anwender sprechen häufig von nur gut 100 Exemplaren. Zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik waren mit weiterentwickelten Farbstoffen auch 500[213] Vervielfältigungen mit demselben Umdruckoriginal möglich. Nachvollziehbar, wenn erfahrene Anwender darüber berichten, dass der Farbauftrag während der Vervielfältigung schon sehr früh nachliess.
Der Hersteller Geha gab nach dem II. Weltkrieg durch einen Aufdruck an der Verpackung folgenden Ratschlag zur Anwendung und bestätigt die Erfahrung von Benutzern: «Farbkräftige Abzüge: durch starke Anfeuchtung, kräftiger Druck und langsameres Drehtempo. Höhere Auflagen: durch schwache Anfeuchtung, geringerer Druck und schnelleres Drehtempo. Je nach Bedarf Andruck und Anfeuchtung verstärken.»[214]
Eine
Überschwemmung durch zu viel Spiritusauftrag ist zu vermeiden,
lediglich der Feuchtigkeitsauftrag wird ein wenig erhöht. Erst viel
später schaffen Hersteller, wie Pelikan und Geha, durch verbesserte
Farb-Rezepturen, höhere Auflagen. Je nach Auflagenwunsch war der
Käufer an die Farbe gekoppelt. Auf diese Weise konnten in
Abhängigkeit zu der verwendeten Farbe zwischen 50, 100, 200, 300,
und 500 Exemplare vervielfältigt werden. Allerdings immer mit der
bekannten Verfahrensweise von den jeweiligen Herstellern.[215]Das
bedeutet, bei einer Angabe von 500 möglichen Vervielfältigungen mit
einem Umdruckoriginal,
musste der Anwender sich zwischen Qualität oder Quantität
entscheiden. Praktisch gesprochen, 500[216]
Kopien mit mässigem oder ungefähr 300 Exemplare mit besserem
Erscheinungsbild. Je schwächer die Farbübertragung, umso höher die
Auflage. Qualitativ hatte die feuchte Anwendung ohnehin ihre Grenzen
und entsprach dem damaligen Standard der Technik.
Abbildung
21 zeigt ein typisches ORMIG Umdruckoriginal. Der
verwendete Farbstoff des Umdruckoriginals
ist violett, folglich haben die Umdrucke die gleiche Farbe. Die
grauen Umrandungen um die Schriftzüge sind im Laufe von 50 Jahren
durch Diffusion des restlichen Farbstoffes entstanden.
Abbildung 22 zeigt einen Umdruck, der mit dem gezeigten
Umdruckoriginal
1966 in Moskau bei einer ORMIG-Messeveranstaltung von Horst
Berkemeyer und
Kollegium präsentiert wurde. Hätte ein solcher Umdruck mit damaligem
Stand der Technik von 1943 stattgefunden, wäre bereits nach etwa 20
Jahren so gut wie nichts mehr auf dem Umdruck lesbar gewesen.
Aus einem ORMIG-Werbeprospekt aus den 60er Jahren geht hervor: «Mehr als 85 % aller Vervielfältigungsarbeiten sind kleine Auflagen bis höchstens 400 Exemplare». 90 Drucke sind in einer Minute möglich. Die Kosten bei einem Umdruck liegen bei ca. 2 Pfennigen. Der Hersteller meint: «Preiswerter geht es nicht.» Überschlagmässig dürfte im Vergleich zu einem teuren Kopierer mit Wartungsvertrag und hohen Nebenkosten und die Maschinen laufen nicht ewig, der ORMIG Umdruck immer noch preiswerter sein. Heute würde eine ORMIG-Vervielfältigung etwa bei den gleichen Kosten liegen. Auch unter Berücksichtigung der Anschaffungskosten eines Nadeldruckers für die Bearbeitung von Umdruckoriginalen. Vielleicht noch einen Scanner vom Discounter ihres "Vertrauens", im Vergleich, würde die alte Technik immer noch günstiger sein. Der gezeigte Umdruck in Abbildung 22 kann sich nach so vielen Jahren sehen lassen. Auch bei ORMIG blieb die Entwicklung nicht stehen. Heutzutage erstellte Umdrucke wären deshalb bestens für kleine Auflagen geeignet. Dies haben andere für sich erkannt und umgesetzt.[217]