17.4           Fritz Bauer – Aufopferungsvoller Ungehorsam

Eine sehr eindrucksvolle Beschreibung über den Widerstand vermittelte einst ein ehrenwerter Jurist und früherer Generalstaatsanwalt. Widerstand: «Sie war immer aufopferungsvoller Ungehorsam. Widerstand ist die Weigerung, einem ungerechten Befehl oder Gesetz zu folgen, ist die Hilfe, die den Opfern eines bösen Staats geleistet wird», Fritz Bauer. Fritz Bauer erreichte, dass die Männer des 20. Juli als Widerstandskämpfer vom Staat und später durch die Bevölkerung Anerkennung erfuhren.

Fritz Bauer spricht über Widerstand:

«Sie war immer aufopferungsvoller Ungehorsam.»[2400]

    Immer dort, wo das Hauptkriterieum "Aktiver Widerstand", der durch "Öffentliche Kampagne" ausgetragen wird, nicht zweifelsfrei erkennbar ist und das Gefühl besteht, da war viel mehr, ist eine erweiterte Betrachtung notwendig. Wird Eugen Grimminger ganzheitlich betrachtet und nicht auf ein paar Kriterien reduziert, wird sein eigentliches Wesen und seine Lebensleistung und das, was er bereit war gesellschaftlich einzubringen, auch würdigend erkannt. Wenn wie bei Eugen Grimminger im wahrsten Sinne des Wortes «aufopferungsvoller Ungehorsam»[2401] nachweislich vorliegt, dann kann eine solche Lebensleistung als Widerstandskämpfer nicht verkannt bleiben. Eugen Grimminger stellte sein eigenes Leben und das seiner geliebten Jüdin in den Dienst der Menschlichkeit und in den Dienst der Menschheit. Mehr kann ein Mensch nicht geben, sich und was ihm lieb ist. Genau an dieser Stelle wird die verbindende Gemeinsamkeit aller Beteiligten des Widerstandskreises Weisse Rose München und Umfeld sichtbar. Ihre Haltung ist in Grösse, Einzigartigkeit und Würde nicht zu überbieten. Wer bereit ist so viel Verantwortung auf sich zu nehmen, darf am Ende nicht übersehen werden. Ich habe nach weiteren Personen gesucht, bei der eine ähnliche Konstellation wie bei Eugen Grimminger vorgelegen haben könnte. Ich sah einige Sympathisanten, die kleinere Gefälligkeiten erwiesen, wenn sie auch ebenso wichtig waren oder die verschwiegenen und vertrauensvollen Mitwisser. Alle waren sie in ihrem Handeln zweifelsfrei von unschätzbarem Wert. Weil ein bisschen Widerstand nicht möglich ist, könnten durchaus auch weitere Personen um die Weisse Rose als Widerstandskämpferin bzw. als Widerstandskämpfer würdig in Betracht kommen. Wie bereits erwähnt, wurde Hans Leipelt nach dem Krieg wegen seiner grossen und ehrwürdigen Verdienste zurecht vom Weisse Rose Institut e. V. und von der Ludwig-Maximilians-Universität München in den Widerstandskreis Weisse Rose eingereiht,[2402] obwohl sie sich untereinander nicht persönlich begegneten. Eine Gesamtbetrachtung muss dies möglich gemacht haben. Ob dies Marie-Luise Jahn ebenfalls zuteilwurde, scheint öffentlich unbekannt zu sein. Marie-Luise Jahn hat mit ihrem "Hans" ja nicht nur Händchen gehalten… Ich gehe davon aus, dass Hans Leipelt zusammen mit Marie-Luise Jahn in den Widerstandskreis Weisse Rose München eingereiht wurde. Das Ergebnis, ob eine Person als Widerstandskämpferin oder als Widerstandkämpfer wahrgenommen wird, scheint möglicherweise von der beruflichen Gesinnung abzuhängen, historisch, politisch, politologisch, philosophisch, psychologisch oder juristisch…

    Crailsheim hat mit der gebotenen Würde durch den Anwalt der Menschenrechte Fritz Bauer zwei ganz grosse Crailsheimer Widerstandskämpfer: Hans Scholl und Eugen Grimminger. Und weil es allgemein um den Widerstand immer stiller wird, darf jede Ehrerweisung wie nur möglich gediegen ausfallen, damit die Öffentlichkeit weiterhin an ihrem Gedenken teilnimmt und die Lebensleistung dieser beiden Männer und ihrer Freunde und Unterstützer unvergessen bleibt. Auch wenn Eugen Grimminger diese längst überfällige Anerkennung nicht mehr zu Lebzeiten erreichte, spricht heute nichts dagegen, bei nächster Gelegenheit und im Sinne der Gerechten dies feierlich nachzuholen, sowie die Anerkennung als Ehrenbürger der Stadt Crailsheim für Hans Scholl und Eugen Grimminger.