17.3           Heutige Rechtsprechung – Widerstandsrecht

Die Bundesrepublik Deutschland erweiterte 1968 das Bürgerliche Gesetzbuch mit Artikel 20 Absatz (4), durch das Widerstandsrecht. Zum besseren Verständnis werden alle vier Absätze des Artikels 20 wiedergegeben.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmässige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.[2398]

    Aus der Sicht heutiger Rechtsprechung war der damalige Widerstand gegen den nationalsozialistischen Unrechtsstaat rechtmässig. Bereits auf Seite 29 wurde folgender Absatz erwähnt, der auch hier von Bedeutung ist. «Bisher sah die deutsche Rechtsprechung vor, das NS-Tätern eine direkte Beteiligung am Morden nachgewiesen werden musste. Das Landgericht München II sprach, in seinem Urteil aus dem Jahre 2011, einen zunächst mutmasslich beschuldigten KZ-Wächter wegen Beihilfe zum Mord ohne Nachweis einer Tatbeteiligung für schuldig».[2399] Nach diesem Urteil werden mittlerweile auch sog. Buchhalter, die in den Konzentrationslagern den Ankömmlingen Wertgegenstände abnahmen, zur Verantwortung gezogen und nicht nur jene, die auf den Rampen entschieden, wer von den Verhassten rechts oder links gehen musste.

    Durch den Richterspruch geht hervor, dass keine unmittelbare Tatbeteiligung am Massenmord nachgewiesen werden muss, sondern eine Handlungsweise mit Bezug auf den Massenmord bereits ausreiche, um als Täter überführt zu werden. Handlungsweise mit Bezug zum grausamen Massenmord, dem gegenüber steht eine ehrerbietende Handlungsweise mit Bezug zum aktiven Widerstand. Die Konsequenz aus dem richterlichen Urteil wäre für Eugen Grimminger, die gleiche Rechtsprechung anzuwenden, allerdings nicht als Täter, sondern als legitimer Akt des Widerstands gegen den nationalsozialistischen Unrechtsstaat, der zur Anerkennung als Widerstandskämpfer führen muss, weil bei Eugen Grimminger eine ganz klare Handlungsweise mit Bezug auf den Münchner Widerstand Weisse Rose durch eine aussergewöhnliche Weise vorliegt und dies in einem ganz besonders dramatischen, traumatischen, auf ihm beruhend und dadurch entstanden und deshalb schwerwiegenden und zugleich ehrerweisenden Fall.