5           Weisse Rose München, Flugblatt-Herstellung – Flugblatt V-VI

Wie im vorausgegangenen Kapitel angesprochen, nimmt die Öffentlichkeit gerne mit dem Hektographen vorlieb, die Weisse Rose Flugblätter seien hektographisch hergestellt worden.[2269] Hektograph, Matrizendrucker, Mimeograph, Opalograph und der Tausendstempel wie beispielsweise ein Copyflex zeigen durch eigenspezifische Merkmale ihre Unterschiede, die auch auf den Flugblättern sichtbar sind. Ein geschultes Auge erkennt diese, die typischerweise bei den verschiedenen Vervielfältigungsverfahren auftreten. Wer nun beim Widerstandskreis Weisse Rose davon ausgeht, ihre Flugblätter wurden mit einem Hektographen vervielfältigt, erfährt nichts darüber, wie in München 1942/1943 tatsächlich gearbeitet wurde. Der Widerstandskreis stellte die Flugblätter im Verborgenen her, Zeitzeugen standen deshalb zur Befragung der Arbeitsweise nicht zur Verfügung. Hätte der Widerstandskreis zur Vervielfältigung der letzten beiden Flugblätter einen Hektographen eingesetzt, dann hätten für die letzten beiden Flugblätter mehr als 150 A4-Mastervorlagen mit der Schreibmaschine geschrieben werden müssen. Das entspricht bei einem Schreibmaschinenanschlag von 125 Zeichen in der Minute einem Arbeitsaufwand für das V. Flugblatt mit 120 Mastervorlagen:

( ( Zeichen + Leerzeichen VS ) + ( Zeichen + Leerzeichen RS ) ) * ( Mastervorlagen ) ( Schreibmaschinenanschlag pro Minute ) * ( 60 Minuten )

60 s * ( 1652 + 1721 ) * 120 125 * 3600 = 53,97 Arbeitsstunden.

Für das VI. Flugblatt mit 30 Mastervorlagen:

( Zeichen + Leerzeichen Vorderseiten ) * ( Mastervorlagen ) ( Schreibmaschinenanschlag pro Minute ) * ( 60 Minuten )

60 s * ( 4107 ) * 30 125 * 3600 = 16,43  Stunden

∑ = 53,97 + 16,43 = 70,40 Arbeitsstunden.

 

Aus den Gerichtsakten gehen keine Nachweise zu solch hohen Anstrengungen hervor. Siehe Seite 75 "Mimeograph – Thomas Alva Edison", Seite 150 "ROTO-PREZIOSA" oder im Vergleich mit anderen Vervielfältigungsverfahren siehe Seite 50 "Grundlagen Vervielfältigungstechnik".