3.6           Fazit – Zahlen in Ulm

Aufgrund der hochgerechneten Flugblattauflagen für München und durch die Kernaussage von Hans Scholl mit 2000[2184] Flugschriften über Augsburg nach Stuttgart,[2184] sprechen Berechnungen, Aussagen und Indizien für eine Übergabe von 1300 postfertigen und 700 unbearbeiteten Flugblättern für den Postversand von Sophie Scholl an Hans Hirzel.

Material Menge Einzelpreis [Pf.] Endpreis [RM]
Saugpostpapier 2000 0,6 12,00
Schablone 2 50 1,00
Briefumschläge 1300 0,35 4,55
Briefmarken 1300 8 104,00
121,55

Tabelle 82: Warenwert Flugblatt V Chage-1, 700 Flugblätter und 1300 fertige Postsendungen für Ulmer Schüler

    Den Warenwert, den Sophie Scholl an Hans Hirzel übergibt, beträgt ungefähr 121,55 RM. Für handschriftliche Adressennotizen, für die Flugblatt-Herstellung von 1300 Flugblättern (2600 Flugblattseiten) und einen Postversand von 1300 Briefen würde eine Person ein Arbeitsaufkommen von 30,35 Arbeitsstunden haben. Wären bis zu vier Personen beteiligt, ist die Arbeit im Mehrpersonenbetrieb in 14,82 Arbeitsstunden erledigt.

Datum 1943 FS [h] FS [h] ∑ FS S [h] ADR [h] ADR [h] ∑ ADR KUV [h] KUV [h] KUV [h] ∑ KUV FRA [h] ∑ FRA Summe [h] AV    [h]  
          P1 P2                  
5.1.         0,6 0,6 118             1,3 0,6
6.1.         0,6 0,6 118             1,3 0,6
7.1.         0,6 0,6 118             1,3 0,6
10.1.         0,6 0,6 118             1,3 0,6
12.1.         0,6 0,6 118             1,3 0,6
14.1.         0,6 0,6 118             1,3 0,6
15.1.         0,6 0,6 118             1,3 0,6
18.1.         0,6 0,6 118             1,3 0,6
19.1.         0,6 0,6 118             1,3 0,6
  P1 P2   P1 P3 P4                  
20.1. 1,0 1,0 1176,5 0,2 1,1 0,8 175             4,1 1,1
  P1 P2   P1 P3     P3              
21.1. 1,5 1,4 1647,1 0,5 0,7   60 0,5     92     4,5 2,0
  P1 P2   P1       P3              
22.1. 1,0 1,0 1176,5 0,2       1,14     215,8     3,4 1,1
                P1 P2 P3          
23.1.               1,7 1,7 1,7 992     5,2 1,7
                        P1      
24.1.                       1,49 1300 1,5 3,4
6,8 4000 0,9 14,2 1300 6,9 1300 1,5 1300 30,35 14,82

Tabelle 83: Arbeitsverteilung ab 5.1-24.1.1943, 1-n Personen bearbeiten Postversand, 2 Personen vervielfältigen Flugblätter, Zeitangaben in [h], alle Daten und Parameter sind Seite 388 Tabelle 44, Seite 389 Tabelle 45 entnommen, Vervielfältigungszyklus beträgt 3 Sekunden pro Flugblattseite, Flugblatt V Charge-1, Auflage für Stuttgart 2000 Flugblätter (4000 Flugblattseiten), 1300 Postsendungen mit 1300 Frankierungen

Berechnung

Die Zahlenwerte wurden auf Seite 412 der Tabelle 47 entnommen. Der Vervielfältigungszyklus liegt bei 6 Sekunden pro Flugblattseite für den Einpersonenbetrieb, im Mehrpersonenbetrieb bei 3 Sekunden. Die Bearbeitung der Schablonen wurde für 4000 Flugblattseiten eingerechnet. Beim V. Flugblatt muss wegen der Doppelseite mit Faktor 2 multipliziert werden. Für die handschriftlichen Adressennotizen werden 3 Personen im Mehrpersonenbetrieb berücksichtigt. Das Ergebnis entspricht für München einer gemeinschaftlich erreichten Arbeitsleistung zuzüglich der handschriftlichen Adressierung von ungefähr ( 8,89 h 3200 * 1300 ) + 14,28 h = 18,43 Arbeitsstunden für die Herstellung von 2000 Flugblättern bei einer Bearbeitung von 1300 Briefsendungen. Hätte eine Person das Arbeitsaufkommen erledigt, so wären ( 26,67 h 3200 * 1300 ) + 30,35 h = 41,38 Arbeitsstunden angefallen. Dieser Kosten- und Arbeitsaufwand musste sich für München lohnen.

    Wenn die Geschwister Hirzel von 2000 Flugblättern sprechen, wird Sophie Scholl am 25. Januar 1943 bei der Übergabe an Hans Hirzel mitgeteilt haben, dass die Fracht insgesamt 2000 Flugblätter enthält. Die Berechnungen und die bekannten Angaben der Betroffenen sind deckungsgleich, nur der Kontext nicht. Aus den Aussagen zur Flugblatt-Herstellung und aus den Berechnungen der Flugblatt-Herstellung in München und dem daraus erfolgten Briefversand ist ableitbar, dass in München in einen Briefumschlag ein Flugblatt gelegt wurde. Ansonsten würden die Angaben der Beschuldigten gegenüber der Geheimen Staatspolizei nicht zutreffen. Dafür liegt jedoch kein Verdacht vor.

    Deutliche Worte an den Ulmer Widerstandskreis Weisse Rose, ganz ohne Zweifel haben sich Susanne Hirzel, ihr Bruder Hans Hirzel und Franz-Josef Müller mit der Bearbeitung und Verteilung der Briefsendungen in erhebliche Lebensgefahr gebracht und dass sie nicht hingerichtet wurden, kann als absoluter Glücksfall betrachtet werden und durch die Weitsicht ihrer Freunde "Hans und Sophie". Ihre Aktivität im Widerstand hätte ebenfalls bitter enden können. Ihre Tat und ihr Mut schmälert nichts, denn ein einziger Brief hätte im ungünstigsten Fall für ein Todesurteil vor dem Sondergericht ausgereicht. Christoph Probst wurde sein Flugblattentwurf zum Verhängnis und nicht nur ihm. Ein junger Soldat wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet, weil er ein aufgefundenes Flugblatt der Alliierten "Ein deutsches Flugblatt", "Manifest der Münchner Studenten", dessen Inhalt von Professor Kurt Huber geschrieben wurde, im Kameradenkreis vorgelesen haben soll. Daraus wurde der Tatbestand der "Wehrkraftzersetzung" unterstellt. Der Soldat wurde offensichtlich denunziert.[2185] Aus dieser Betrachtung heraus bleibt unerheblich, ob 2, 20, 200 oder 2000 Briefsendungen zur Post kamen. Nach wie vor wird ihr Widerstand bis heute viel zu gering gewürdigt. Für die Klärung der Gesamt-Flugblattauflage für München musste der Sachverhalt geklärt werden.[2186]