-           Zeitaufwendungen Produktion – Flugblatt V Charge-2

Für die Vervielfältigung von 2000 Flugblättern (4000 Flugblattseiten) muss eine Bearbeitungszeit für 7,61 Arbeitsstunden eingeplant werden, wenn eine Person alleine vervielfältigt und dabei mit einem Vervielfältigungszyklus von 6 Sekunden pro Flugblattseite arbeitet. Weil Hans Scholl zusammen mit Willi Graf die Flugblätter vervielfältigt haben dürfte, reduziert sich der Vervielfältigungszyklus von 6 auf etwa 3 Sekunden pro Flugblattseite. Die Bearbeitungszeit für die Schablonen bleibt gleich, weil diese nur eine Person (Sophie Scholl oder Hans Scholl bearbeiteten die Schablonen,[1336] während Alexander Schmorell sich auf Kurierfahrt nach Wien befindet) mit der Schreibmaschine Remington Portable 2 bearbeiten kann. Das Gesamtergebnis zeigt Tabelle 51, insbesondere die Arbeitszeitverkürzung. Durch die Zusammenarbeit sind nach 4,2 Arbeitsstunden 4000 Flugblattseiten des V. Flugblatts Charge-2 abgeschlossen, einschliesslich aller Nebentätigkeiten. Dem Besuch von Elisabeth Scholl stand deshalb nichts im Wege. Zwar dürfte der Tag etwas hektisch gewesen sein, doch durch die Zusammenarbeit zweier Freunde war das Vorhaben zu schaffen. Unklar scheint bis heute zu sein, an welchem Tag Elisabeth Scholl exakt nach München kam. Für die Flugblatt-Herstellung ändert sich nichts. Entweder kam Elisabeth Scholl am 26. oder am 27. Januar 1943 an. Schwierig war die Abwicklung in jedem Fall, denn Elisabeth Scholl durfte nichts bemerken. Vielleicht war Sophie Scholl deshalb mit ihrer Schwester Elisabeth Scholl während der Flugblatt-Herstellung in München unterwegs.

Tätigkeiten Arbeitsstunden
Schablonenbearbeitung, 2 Stück 0,68
Vervielfältigung 6,66
Farbauftrag 0,16
Papierfüllung 0,08
7,6

Tabelle 50: Arbeitsstunden aller Tätigkeiten aus Tabelle 44 Seite 388 entnommen, Arbeitsstunden wenn nur eine Person tätig wäre, Vervielfältigungszyklus beträgt 6 Sekunden pro Flugblattseite, Flugblatt V Charge-2, Auflage 2000 Flugblätter (4000 Flugblattseiten)

Datum 1943 Herstellung Flugblätter [h] Herstellung Flugblätter [h] ∑ Flugblatt-seiten Bearbeitung Schablonen [h] ∑  Arbeits-stunden ∑  AV
  P1 P2   P1    
27.1. 3,5 3,3 4000 0,7 7,6 4,2
6,8 4000 0,7 7,6 4,2

Tabelle 51: Arbeitsverteilung 27.1.1943, Daten sind Tabelle 44 Seite 388 entnommen, 2 Personen vervielfältigen, Vervielfältigungszyklus beträgt 3 Sekunden pro Flugblattseite, Flugblatt V Charge-2, Auflage 2000 Flugblätter (4000 Flugblattseiten)

Abkürzung

Bedeutung

P1, P2

Personen die an der Produktion beteiligt sind

AV

Arbeitszeitverkürzung, wenn mehrere Personen gleichzeitig arbeiten verkürzt sich die Arbeitszeit

Tabelle 52: Begriffserläuterungen für Tabelle 51

    Am 27. Januar 1943 wird die Post, die Sophie Scholl am 25. Januar 1943 nach Ulm an Hans Hirzel überbrachte, am Abend in Stuttgart im Wesentlichen oder alleine von Susanne Hirzel aufgegeben. Ihr Bruder Hans Hirzel muss unbedingt mit dem 21 Uhr Zug nach Hause, damit die Eltern nichts bemerken.[1337], [1338]

TEXT

Abbildung 189: Atelier Manfred Eickemeyer, Leopoldstrasse 38a, München, Christiane von Nordens-kjöld, Kustodin, Kunsthistorikerin, © Magda Bittner-Simmet Stiftung München

An diesem Tag findet der erwähnte Gesprächsabend im Atelier statt.[1339] Willi Graf und seine Schwester Anneliese Graf kommen auch.[1340] Willi Graf bewertet in seinem Tagebuch mal wieder den Kaffee. Irgendjemand muss wohl frische Kaffeebohnen organisiert haben. Am Geschmack ist zumindest nicht feststellbar, ob sie gekauft oder gekl… wurden. Nun ja, jeder muss unter Kriegszeiten zusehen wo er bleibt, Hauptsache "Willi" schmeckts.1340 In Sachen Kaffee dürfte Willi Graf als sachkundiger Feinschmecker gelten. Er könnte zu jenen gehören, die zu jeder Tag- und Nachtzeit Kaffee trinken können.

    Bei den Ateliersabenden sind im Schnitt 15 bis 35 Personen anwesend.[1341] Das historische Ateliergebäude musste in den 90er Jahren tragischerweise für einen Neubau weichen.[1342] Zu der sehr seltenen Innenaufnahme des Ateliers bezüglich Abbildung 189 teilte die Kustodin Christiane von Nordenskjöld von der Magda Bittner-Simmet Stiftung dankend mit: «Nach unserem Kenntnisstand fand im Jahre 1947 der Bezug des nach Fliegerschaden selbstausgebauten ersten Ateliers von Magda Bittner-Simmet an der Leopoldstraße 38 statt, das sie bis wohl 1958 bewohnte. 1961 ist uns ihr zweites Atelier in der Leopoldstraße 38a - Gartenhaus, belegt[1343]

    Einst lebte der Künstler Professor Wilhelm Geyer im Atelier zur Miete. Die Unterkunft vermittelte Hans Scholl über seinen Freund Manfred Eickemeyer. Wenn das Gebäude leer stand, durfte der Studentenkreis das Atelier für Lesungen und andere Zwecke nutzen.[1344], [1345] In der Franz-Joseph-Strasse 13 lebten Hans Scholl und Sophie Scholl bis zum 18. Februar 1943 in einem Hinterhaus, das gelegentlich auch als Gartenhaus bezeichnet wird.[1346] In entgegengesetzter Richtung zur Hausfront führt ein Weg durch ein Gebäude zur Franz-Joseph-Strasse. Dort befindet sich heute eine Gedenktafel zu Ehren der Geschwister Scholl. Zwischen Wohnung und Universität liegen gerade mal 1000 Meter Fussweg. Laut Vernehmungsniederschrift von Alexander Schmorell, trafen sich zur Produktion in der Wohnung der Franz-Joseph-Strasse Hans Scholl, Sophie Scholl, Alexander Schmorell, Willi Graf und Christoph Probst.[1347] In der Wohnung wurden Flugblätter vervielfältigt,[1348] Briefsendungen kuvertiert bzw. Flugblätter zu Briefumschlägen verklebt und Postmarken aufgebracht. Auch die Doktoren Falk Harnack und Professor Kurt Huber waren in der Wohnung zu Besuch[1349], [1350] und möglicherweise Eugen Grimminger.[1351], [1352] Aus der Vernehmungsniederschrift von Gisela Schertling geht hervor, wer die Geschwister Scholl in ihrer Wohnung besuchte: Josef Furtmeier,[1353] Traute Lafrenz,[1353] Katharina Schüddekopf,[1354] Hubert Furtwängler,[1355] Christoph Probst,[1353] Anneliese Graf[1356], Manfred Eickemeyer[1353] und natürlich regelmässig Professor Wilhelm Geyer, der Universitätsstudent Herr Jaeger[1353], [1357] aus Freiburg, Otto Aicher,[1358] Elisabeth Scholl[1359] und selbstverständlich der enge Kern des Freundes- und Widerstandskreises der Geschwister Scholl.[1350] Harald Dohrn der Schwiegervater[1360] von Christoph Probst sei nur im Atelier gewesen, nicht in der Wohnung der Geschwister Scholl. Ob Christoph Probst bei der Produktion mitwirkte ist unklar. Alexander Schmorell äussert sich bei seiner Vernehmung: «Von Hans Scholl habe ich kürzlich erfahren, dass ihm Christoph Probst wohl einmal zur Herstellung eines Flugblattes behilflich sein wollte und irgendwelche Unterlagen geliefert habe.»[1361] Laut Willi Graf war an diesem Abend des 27. Januar 1942 auch Sophie Scholl anwesend.[1362] So bestätigt Willi Graf, dass Sophie Scholl München nicht verlassen haben konnte, um in Stuttgart selbst jene 1300 Flugblätter bei der Post aufzugeben. Selbstverständlich war auch Hans Scholl ganz explizit als Gesprächsbeteiligter unter den Anwesenden.[1363] Ihr treuer Freund Alexander Schmorell ist noch auf gefährliche Kurierfahrt unterwegs und deshalb befindet er sich an diesem Abend nicht unter ihnen. Sicherlich wurde gefragt, wo ist Herr Schmorell, kommt "Alex", was macht "Schurik"? Ob die Stimmung an diesem Abend angespannt ist, ob ihr Freund wieder unbeschadet zurückkehrt wie zwei Tage zuvor Sophie Scholl? Elisabeth Scholl berichtet über Sophie Scholl, dass sie an diesem Abend etwas angespannt gewirkt haben soll.[1364] Derartige Unternehmungen waren nicht sehr, sondern extrem gefährlich. Dies zeigt sich insbesondere am Ausgang der Widerstandsgruppe Rote Kapelle. Während in München neue Flugblätter zur Verbreitung hergestellt werden, ergeht ein weiteres Todesurteil am 27. Januar 1943 an Ehefrau Ingeborg Kumerow.[1365] Keiner kann ihnen helfen, niemand kann das sinnlose Morden aufhalten. Die Verurteilten müssen ihr Schicksal vollkommen alleine bewältigen.

    Am 28. Januar 1943 kommt Alexander Schmorell um 4 Uhr morgens aus Wien nach München[1366] zurück und berichtet sofort bei Hans Scholl, vermutlich am Bett, über die Reise. Sie müssen leise sein, sonst schöpft Elisabeth Scholl womöglich Verdacht. Die sofortige Berichterstattung geht aus den Unterlagen der Geheimen Staatspolizei der Akte von Gisela Schertling hervor.[1367] Alexander Schmorell besorgt im Laufe des Tages bei Kaut-Bullinger in München für ihren Rotationsvervielfältiger weitere Schablonen.[1368] Eine Einheitspackung dürfte aufgrund von Vergleichen 10 Schablonen enthalten haben.[1369] Vorstellbar wäre, das bei der Erstellung manche Schablone verschrieben wurde.[1370] Die neuen Schablonen werden für ein nächstes Flugblatt gebraucht, das noch nicht entworfen sein dürfte. Zumindest geben die Vernehmungsniederschriften bis zum 28. Januar 1943 keine konkrete Auskunft darüber. Ob Hans Scholl erfuhr, dass in wenigen Tagen Christoph Probst einen Flugblattentwurf einbringen würde, ist aus den Gerichtsunterlagen nicht erkenntlich. Weitere Flugblätter können, während Elisabeth Scholl noch einige Tage in München lebt, nicht vervielfältigt werden. Die Geheime Staatspolizei in München wird in wenigen Stunden schlaflose Nächte erfahren, denn das Aufsehen durch Flugschriften und Briefsendungen verschafft Ärger innerhalb des Apparats und der dürfte immer grösser werden.[1371] Die letzte Auflage des V. Flugblatts ist erreicht. Je später der Abend, umso netter die Gäste. Willi Graf kommt vermutlich direkt von einem besuchten Cello-Konzert,[1372] das er im Tagebuch als «anständig» bezeichnet, gegen 23 Uhr zur verabredeten Flugblattstreuung.[1372], [1373], [1374]

Vergleichs-Rechnung der ROTO-Werke vom 3.11.1926, 2 Karton Schablonen, eine Ein-heit 10 Stück kosten à 50 Pf. Privatbesitz

Abbildung 190: Vergleichs-Rechnung der ROTO-Werke vom 3.11.1926, 2 Karton Schablonen, eine Ein-heit 10 Stück kosten à 50 Pf. Privatbesitz

Etwa um diese Zeit machen sich die drei Studenten zur geplanten nächtlichen Streuaktion auf. Die frisch vervielfältigten Flugschriften werden auf verschiedene Bezirke in München verteilt. In der Vernehmungsniederschrift von Alexander Schmorell liegt der präzisierte Ablauf der Streuaktion vor: «Bei dieser Streuaktion hat es sich um die gleiche Art der Propaganda gehandelt, zu der wir hauptsächlich deshalb gezwungen waren, weil wir um diese Zeit keine Briefumschläge bekommen konnten[1375] Natürlich diktieren die Beamten die Aussagen im nationalsozialistischen Jargon und nicht im Originalwortlaut der Beschuldigten. «Die dort nach der Festnahme des Scholl sichergestellten Matrizen, sowie das Saugpapier stammt aus Beständen, mit denen wir unsere staatsfeindlichen Flugblätter hergestellt haben[1376] Abgesehen davon, dass nicht irgendwelche Matrizen, sondern Schablonen gekauft wurden,[1377] Alexander Schmorell wird ganz sicher nicht selbst von staatsfeindlichen Flugblättern gesprochen haben. Während Alexander Schmorell derartige Formulierungen in den Mund gelegt bekommt, war zu diesem Zeitpunkt bereits der Krieg verloren. Was die Beamten noch nicht wissen konnten, dass die meisten von ihnen unbehelligt ihr Tun so weitertreiben konnten, denn kaum einer würde je juristisch zur Verantwortung gezogen werden.[1378]

    Gegenüber der Geheimen Staatspolizei schilderte Hans Scholl seinen Weg, den er zur Flugblattstreuung beschritt. «Mit dem Auslegen der Flugblätter begann ich in Schwabing, die Strasse kann ich nicht angeben, und zwar kurz nach 23 Uhr. Ich bin auf Umwegen über die Schelling und Theresienstrasse in Richtung Maximiliansplatz und dann weiter Ritter-von Epp-Pl., Kaufingerstrasse, Stachus, Bahnhof, dann Kaufingerstr. wieder zurück, Marienplatz, die Gegend zum Sendlingertorpl., die vom Sendlingertorplatz ausgehenden Seitenstrassen, runter zur Kanalstrasse und allmählich wieder über Ludwigstrasse, Kaulbachstrasse zurück nach Schwabing. Meine Schwester hat von dieser nächtlichen Zettelverteilung kein Wissen gehabt, weil ich ihr vormachte, in der Frauenklinik Nachtdienst verrichten zu müssen. Ich habe bei dieser Zettelherstellung und Verteilung vollständig allein gehandelt in der Annahme, dass ich so am sichersten sei.»[1379] Der damalige Ritter-von Epp-Platz wurde nach dem Krieg zum Promenadenplatz umbenannt. Der Stachus ist vielen auch als Karlsplatz geläufig. Abbildung 191 auf Seite 433 zeigt eine Stadtkarte Münchens. Die Routen, zur Flugblattauslegung in der Stadtmitte Münchens von Hans Scholl (HS), Alexander Schmorell (AS) und Willi Graf (WG), wurden von mir eingezeichnet und stammen nicht von der Geheimen Staatspolizei München. Gleiches gilt für die grauen Schattierungen in den Vernehmungsniederschriften von Hans Scholl, Alexander Schmorell und Willi Graf.

    Die Geheime Staatspolizei notiert den von Alexander Schmorell geschilderten Ablauf der Flugblatt-Verteilung in München: «In der Nacht vom 27./28.1.43 begaben sich Hans Scholl, Graf und ich von der Wohnung des Scholl aus in verschiedene Stadtteile, um dort innerhalb der Stadt das Flugblatt "An alle Deutschen!" zu verstreuen. Wir hatten insgesamt etwa 1500 solcher Flugblätter bei uns, die wir gleichmässig verteilt haben. Ich z. B. ging mit meiner Mappe, worin ich die Flugzettel verwahrt hatte, durch die Kaulbachstrasse, Tal, Kanalstrasse und Amalienstrasse, wo ich unterwegs meine Flugblätter niedergelegt habe. In der Kaulbachstrasse bin ich auch einige Male in Hofräume hineingegangen, um meine Flugblätter abzulegen. In das Gebäude der Hauptpost (Residenzstrasse) bin ich dabei nicht hineingekommen. Soviel ich weiß, sollte Willi Graf zum Sendlingertorplatz und Umgebung gehen, während sich Scholl in Richtung zum Hauptbahnhof begab, um dort seine Flugblätter abzulegen. Diese Streuaktion nahmen wir in der Zeit von 23-1 Uhr vor. Kurz nach 1:30 Uhr sind wir am Hause des Scholl zusammengetroffen. Willi Graf kam von seiner Tour eine halbe Stunde später zu uns. Er ging dann in seine Wohnung, während ich bei Scholl geschlafen habe. Bei dieser Streuaktion hat es sich um die gleiche Art der Propaganda gehandelt, zu der wir hauptsächlich deshalb gezwungen waren, weil wir um diese Zeit keine Briefumschläge bekommen konnten. An weiteren Tagen haben wir keine Flugblätter mehr ausgestreut[1380]

    Die Geheime Staatspolizei protokolliert am 26. Februar 1943 die Mitteilungen von Willi Graf zur Flugblattstreuung in München, die Geschwister Scholl und Christoph Probst leben zu diesem Zeitpunkt nicht mehr: «Schon an dem Abend, als wir die erwähnten Flugblätter in der Wohnung Scholl herstellten, teilte mir Hans Scholl mit, dass diese Flugblätter in der kommenden Nacht in München verbreitet werden sollten und dass ich dabei behilflich sein solle. Ich habe zugesagt und begab mich verabredungsgemäss am 28.1.43 gegen 23 Uhr in die Schollsche Wohnung, wo die Geschwister Scholl und Schmorell bereits anwesend waren. Hans Scholl übergab mir eine mit Flugblätter gefüllte Aktenmappe und gab mir Auftrag, die Flugblätter in der Nähe des Sendlingertorplatzes zu verbreiten. Bestimmte Strassen wurden mir dabei nicht genannt. Auch bin ich heute nicht mehr in der Lage, die einzelnen Strassen, in welchen ich die Flugblätter ausstreute, zu benennen. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich bei der Ausstreuung hauptsächlich das Gebiet in Richtung der Isar, Müllerstrasse, Thalkirchnerstrasse etc. berührt. In welchen Stadtgebieten Hans Scholl und Schmorell die Flugblätter ausstreuten, weiss ich nicht genau, nehme aber an, dass es Stadtmitte war. Nachdem mir nun ein Stadtplan vorgezeigt wurde, auf welchem die gesamte Streuaktion mit verschiedenen farbigen Nadeln festgehalten ist, gebe ich zu, das Stadtgebiet vom Sendlingertorplatz aus in südliche bzw. südöstlicher Richtung in jener Nacht betreut zu haben: Ich erinnere mich auch, verschiedentlich Flugblätter in größerer Zahl auf sogenannte Splitterschutzsockel und Briefkästen ge-
legt zu haben. Während der ganzen Dauer meiner Streutätigkeit fühlte ich mich unbeobachtet. Wie oben erwähnt, trafen wir uns gegen 23 Uhr in der Wohnung Scholl, von wo wir uns sofort auf den Weg machten. An der Franz-Joseph-Ludwigstrasse bestieg ich eine Strassenbahn der Linie 3 oder 23, fuhr bis zum Odeonsplatz, ging über den Marienplatz zum Sendlingertorplatz. Die ersten Flugblätter habe ich in der Müllerstraße Richtung Isar abgelegt bzw. ausgestreut. Ungefähr um 1 Uhr hatte ich alle mitgeführten Flugblätter ausgestreut und begab ich mich anschliessend zu Fuss zur Wohnung Scholl, wo ich etwa um 1 ½ Uhr ankam. Scholl und Schmorell waren um diese Zeit schon dort anwesend. Wir unterhielten uns noch kurz, worauf ich meine Wohnung, Mandlstrasse 1, aufsuchte.
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