3.4           Grosse Linie Briefsendungen – Flugblatt V-VI

Eine weitere markante Zahl betrifft die gekauften Briefmarken 2800 (8 Pf.) + 300 (12 Pf.) +1200 (8 Pf.) + 100 (8 Pf.) + 50 (8 Pf.) = 4450 (übrig sind 4 Briefmarken zu 4 Pf., 5 zu 6 Pf. und 4 zu 8 Pf.), laut Sophie Scholl waren in ihrer Geldbörse einige übriggeblieben, vielleicht für persönliche Zwecke.[890] Die persönlichen Briefmarken von Sophie Scholl wurden in den Berechnungen nicht einbezogen. Von den 4450 gekauften Briefmarken wurden 140[891] der letzten Flugblattauflage des VI. Flugblatts beschlagnahmt. An dieser Stelle muss der Abzug beschlagnahmter Briefmarken erfolgen. Die Auswirkung betrifft insbesondere den 18. Februar 1943, an dem in der Universität Flugblätter ausgelegt wurden. Eine grössere Menge an Briefmarken, von 29 Briefmarken zu 8 Pf., 70 Briefmarken zu 4 Pf., 50 Saugpostpapiere, ein russischer Armee-Trommelrevolver mit 50 Schuss scharfer Munition wurden bei einer Haussuchung bei Alexander Schmorell beschlagnahmt.[892] Alexander Schmorell machte hierzu sinngemäss folgende Angabe: «Ob ich die sichergestellten Briefmarken schon vor meinem Osteinsatz gekauft und in meinem Zimmer verwahrt habe oder, ob diese bei der Versendung unserer Druckschriften übrig geblieben sind, vermag ich heute nicht mehr anzugeben.»[893] Wer diese zu welchem Zweck kaufte ist unklar. Vielleicht blieben sie aus den Aktionen der ersten vier Flugblätter noch übrig. Andrerseits wäre ein Postversand mit 8 + 4 = 12 Pf. Briefmarken für externe Adressaten vorstellbar, denn diese wurden für den Postversand bei der Kurierfahrt nach Wien gebraucht, um sie von dort aus nach Frankfurt abzusenden.[894] Zum Sachverhalt geht aus der Vernehmungsniederschrift von Hans Scholl zur Flugblatt-Herstellung der ersten vier Flugblätter folgende Erkenntnis hervor: «Das zum Anfertigen der insgesamt etwa 400 Stück Flugblätter benötigte Papier, sowie die Briefumschläge und Briefmarken hat Schmorell besorgt.»[895] Dieser Sachverhalt kann nicht weiter berücksichtigt werden, weil unbekannt ist, ob dieser mit den letzten beiden Flugblätter V und VI in Beziehung standen. Der mögliche begangene Fehler von 99 Briefmarken fällt nicht sonderlich ins Gewicht. Allenfalls könnte die Buchhaltung davon betroffen sein. Eine Kleinmenge an Briefmarken konnte einen unter den Nationalsozialisten in Erklärungsnöte bringen. Bei Hans Scholl wurden 140 beschlagnahmte Briefmarken bei der Geheimen Staatspolizei definitiv zum Problem. Für die letzte Flugblattauflage wurden 1200[896] Briefmarken gekauft und davon 140 Briefmarken beschlagnahmt. Der gekaufte Posten mit 1200 Briefmarken muss bereits in dem Posten von 4450 Briefmarken inbegriffen sein. Diese Erkenntnis ergab sich erst sehr viel später bei der Berechnung der einzelnen Flugblattauflagen und dazugehörige Postauflage zum VI. Flugblatt.[897] Die Untergrenze der Flugblattauflage für die letzten beiden Flugblätter liegt bei 4310 Flugblättern und entspricht den gekauften Briefmarken, die zur Postversendung eingesetzt wurden. Eine plausible Argumentation fehlt noch für die Obergrenze zur Flugblattauflage und wird in den nachfolgenden Kapiteln erarbeitet.