Last update: 27-September-2001




Teil 1

Frequenznormal

Controlled Reference Oscillator (CRO) gesteuert durch GPS & ZDF
von

Dipl.-Ing. Günter König, DJ8CY
Dipl.-Ing. Robert Tyrakowski, DK7NT
Dr. rer. nat. Horst Schütze, DF7HSA
Dipl.-Ing. Klaus Osterschek, DB4MP

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Die Kenntnis der genauen Frequenz ist ein Anspruch, den die Funk- und Meßtechnik schon immer beschäftigte. Dieser Beitrag berichtet über die Entwicklung eines hochgenauen, kontrollierten Referenzoszillators, der die Frequenzgenauigkeit der eigenen Station und die von Bakensendern deutlich verbessert. Das Ergebnis ermöglicht zudem die Vermessung von Oszillatorstabilitäten und ist für denSelbstbau geeignet. Als Frequenz- / Zeitnormal kann das Global Positioning System (GPS) oder das ZDF/FBAS-Signal verwendet werden.
 

Übersicht und Motivation

In diesem Artikel beschreiben wir die Funktionsweise und den Aufbau eines hochgenauen Referenzoszillators. Obwohl nur mit Amateurmitteln aufgebaut, erreicht der hier beschriebene Oszillator die Frequenzgenauigkeit und -konstanz eines Rubidiumnormals.
Bedarf für ein derartigen, frequenzstabilen Oszillator gibt es nicht nur in der kommerziellen Funktechnik. Auch in vielen Bereichen des Amateurfunks trifft man immer wieder auf Anwendungen, die den Einsatz eines hochstabilen Referenzoszillators erfordern. Die Giga-Hertz Amateure unter uns werden gleich zustimmend nicken: Soll beispielsweise eine 10-GHz Bake ein Referenzsignal
abstrahlen, braucht diese einen äußerst stabilen Primäroszillator. Aber nicht nur in den oberen GHz-Bändern wird Frequenzgenauigkeit und -stabilität gefordert. Die Genauigkeit eines Frequenzzählers ist direkt abhängig von der Qualität des verwendeten Referenzoszillators. Man darf sich also nicht von der digitalen Frequenzanzeige eine Meßgenauigkeit vorgaukeln lassen die oftmals nicht existiert. Die Genauigkeit der Frequenzmessung wird ausschließlich von der Qualität des Referenzoszillators bestimmt. Selbst im Kurzwellen- und Langwellenbereich (136 kHz) sind für experimentelle Betriebsarten hochgenaue Oszillatoren erforderlich. Das Ergebnis einer Dopplergramm Messung im Kurzwellenbereich, wie von Peter Martinez, G3PLX vorgeschlagen [Ref.RadCom-g3plx] hängt unmittelbar von der Frequenzstabilität des Empfängers bzw. der verwendeten Oszillatoren ab [Eclipse99-df7yc].Die aufkommenden Versuche, den Atlantik auf 136 kHz zu überbrücken, haben ebenfalls die Notwendigkeit für hochgenaue Oszillatoren aufkommen lassen. Die neue digitale Betriebsart WOLF (Weak signal Operation for Low Frequencies) [Ref.RadCom, Juni 2001, Seite 31], von Jim Moritz, M0BMU entwickelt, ist am effizientesten wenn die Frequenzabweichung kleiner als 0,003 Hz ist.

Der in unserem Artikel beschriebene Oszillator weist eine relative Frequenzgenauigkeit von 5*10exp-11auf. Für eine Referenzfrequenz von 10 MHz heißt das, daß die maximale Abweichung 0,0005 Hz sein kann ! Das ist in der Tat die Frequenzstabilität eines Rubidiumnormals.

Wie funktioniert nun unsere Regelelektronik und wie konnten wir diese Frequenzgenauigkeit erreichen ? Das Funktionsprinzip des Oszillators ist relativ einfach zu verstehen: Die Frequenz eines guten Oszillators (ofenstabilisierter Quarzoszillator) wird gemessen und mit einer hochpräzisen und zuverlässig verfügbaren Referenz verglichen. Driftet der Oszillator, so wird er durch eine Vergleichselektronik nachgeregelt. Das Referenzsignal wird entweder durch das weltweit verfügbare GPS-System oder alternativ durch das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) geliefert. Bei Verwendung des GPS-Signals wird der 1PPS Impuls als Referenzsignal benutzt, während bei Verwendung des ZDF das Bildsynchronisationssignal die Referenz bildet.

Kenndaten

Die Stabilität der Oszillatorfrequenz läßt sich vom Absolutwert bzw. seiner Abweichung df zum Referenzwert f bei Vergleich mit einem Frequenz-/Zeitnormal ableiten. Üblicherweise bildet man aus dem Quotienten df/ f die relative Stabilität der Oszillatorfrequenz. Diese Darstellung ist unabhängig von der Ausgangsfrequenz der Frequenzaufbereitung und erlaubt eine schnelle Bewertung bezogen auf die Endfrequenz. Beispielsweise besitzt ein Oszillator einer 24 GHz Bake ein df/ f von 1*10exp-7 im schlechtesten Fall. Dies führt zu einer Frequenzabweichung von etwa df =2,419 kHz auf 24192,900 MHz. Dies kann bei der Suche einer solchen Bake mit dem DSP innerhalb einer SSB Bandbreite schon zu einem Problem werden.
Die Abweichung des Oszillators ist abhängig vom physikalischen Prinzip. Sie unterliegt in der Regel den Umweltbedingungen wie Temperatur, Druck, magnetischen Feldern etc. und ist einer Alterung unterworfen. Um nun zu einer verläßlichen Aussage bzgl. der oben verwendeten Oszillatorstabilität zu kommen ist der Zugang zu einem Frequenz- bzw. Zeitnormal unumgänglich. Der Begriff >>Frequenznormal<< ist in der Meßtechnik so definiert, daß das Ausgangssignal einer Wechselspannung mit konstanter, durch Umgebungseinflüsse kaum beeinflußbare Periodendauer entspricht. Man unterscheidet sekundäre und primäre Frequenznormale. Der Absolutwert der Frequenz wird bei primären Normalen ausschließlich aus physikalischen Zusammenhängen berechnet und bedarf keiner Einstellung im Hinblick auf die Ausgangsfrequenz. Beim sekundären Frequenznormal wird die absolute Frequenz durch Vergleich mit einem primären Normal auf die Endfrequenz gebracht. Das sekundäre Normal liefert dann innerhalb eines engen Toleranzbereichs seine Frequenz mit hoher Genauigkeit, die aber von Umgebungs- und Alterungseinflüssen abhängigist. Eine zyklische Kalibrierung von sekundären Standards ist unabdingbar. Zur Charakterisierung von Oszillatoren wird unter anderem auch noch zwischen der sog. Langzeit- und Kurzeitstabilität unterschieden. Die Langzeitstabilität ist kurz gesagt die Ganggenauigkeit über einen längeren Zeitraum (typisch 10exp-5 s). Die Kurzzeitstabilität wird zur Charakterisierung über einen bestimmten Zeitabschnitt angegeben. Wobei der Beobachtungszeitraum typisch zwischen 1 und 1000 Sekunden liegt und grundsätzlich mit angegeben werden muß. Aus einer Vielzahl von Kurzzeitstabilitätsmessungen lassen sich mit Hilfe der sog. Allan Varianz Aussagen zu allen Rausch-und Driftprozessen versus Zeit an Präzisionsoszillatoren machen. Ein kurzer Vergleich in Tabelle 1 zeigt zwischen dem wirtschaftlichsten Prinzip, dem thermisch stabilisieren Quarzoszillator über Atomnormale die erreichbaren Stabilitäten. Moderne Verfahren aus der Lasertechnik unter den Stichworten „laser cooling“ und „optical clocks“ erreichen relative Stabilitäten von 10exp-14. Beispielsweise wird auf der Basis von Magnesium 4,5*10exp-14 erreicht.

Tabelle 1: Frequenznormale in der Übersicht.


CRO Eigenschaften

Wenn auch mittlerweile Rb- und Cs- Atomnormale für den Funkamateur in greifbare Nähe gerückt sind, so haben wir versucht mit unserem Beitrag eine günstigere Lösung anzubieten. Im Vordergrund stand dabei das Ziel Stabilitäten im Bereich des Rubidium-Normals zu erreichen.
Das Ergebnis ist der „Controlled Reference Oscillator“ (CRO). Das Kernstück ist der digitale Phasenzähler, der wie folgt verwendet werden kann:

  • Meßgerät ohne Oszillatorregelung zur Bewertung von thermischen Eigenschaften, Stabilitäten und Betriebsverhalten von Oszillatoren bis 130 MHz (Bild 1).
  • Frequenzregelschleife zur Anbindung von Oszillatoren aller Art bis 130 MHz an ein hochgenaues Referenzsignal (Bild 2).

Folgende Referenzsignale können dazu verwendet werden:

  • GPS, 1 PPS – Puls
  • ZDF, FBAS – Signal
  • Sonstige Referenzen auf 1 PPS Basis mit asymetrischem Tastverhältnis.

 
 
Bild 1: Vereinfachtes Blockdiagramm Frequenzregelschleife


 
 
Bild 2: Vereinfachtes Blockdiagramm Frequenzregelschleife

 

Messprinzip

Das Meßverfahren, das dem CRO zugrunde liegt, ist seit langem bekannt und wurde unter anderem 1994 in einer Publikation der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) beschrieben [1] . Diese Beschreibung erfaßt zwar in erster Line die Nutzung des ZDF TV-Signals als Referenz, das Meßverfahren selbst kann aber genauso auf das 1 PPS Signal von GPS-Empfängern oder anderen
vergleichbaren Signalen angewendet werden. Das Meßprinzip ist in Bild 3 dargestellt und basiert darauf, daß ein Zähler (Phasenzähler) mit z.B. 100 MHz den Abstand zwischen zwei Flanken auszählt. Die erste Flanke öffnet das Tor des Zählers, der Phasenzähler beginnt mit 100 MHz zu zählen, die zweite Flanke schließt das Tor des Zählers wieder, der Zähler stopt. Wenn er vorher gelöscht war, enthält der Zähler nun einen Wert, der dem zeitlichen Abstand beider Flanken mit +/-10 ns Auflösung entspricht. Im Fall des CROs wird die erste Flanke zum Öffnen des Phasenzählers aus der Frequenz des zu messenden Oszillators erzeugt. Dazu wird die Oszillatorfrequenz (fx) mit Hilfe eines Teilers (fx-Teiler) auf 1Hz herunter geteilt. Die zweite Flanke zum Schließen des Tores ist entweder das 1 PPS Signal eines GPS-Empfängers oder das VSYNC-Signal extrahiert aus dem FBAS-Signal eines TV-Tuners. Dabei spielt es keine Rolle, daß das VSYNC-Signal 50 mal häufiger auftritt als das 1 PPS Signal. Entscheidend ist jeweils nur die nächste Flanke des 1 PPS- oder VSYNC-Signals nach dem Öffnen
der Torschaltung durch die erste Flanke. Da der Phasenzähler nicht beliebig lang sein kann (hier 22 bit mit Dynamikbereich 16 bit), sorgt ein Synchronisations- mechanismus dafür, daß der Abstand zwischen beiden Flanken nur so groß ist, daß der Phasenzähler nicht überläuft.
Bleibt der Abstand beider Flanken 100 prozentig gleich, enthält der Phasenzähler von Messung zu Messung immer den gleichen Wert. Nur der Jitter beider Flanken kann dabei kleine Differenzen des Ergebnisses hervorrufen, die aber über die Zeit gemittelt, verschwinden. Bleibt der Phasenzählerwert also quasi immer gleich, sind beide Frequenzen gleich. Wird der Abstand beider Flanken von Messung zu Messung kleiner, wird auch der Phasenzählerwert kleiner. Das bedeutet, daß nun fx eine kleinere Frequenz hat als die Referenzfrequenz. Wird der Abstand beider Flanken von Messung zu Messung größer, wird auch der Phasenzählerwert größer. Das bedeutet, daß fx eine höhere Frequenz hat als die Referenzfrequenz. Der Absolutwert des Phasenzählers bzgl. einer Messung ist ohne Bedeutung. Nur die Differenz des Meßwertes der aktuellen Messung zum Meßwert der vorherigen Messung wird kontinuierlich addiert und dargestellt. Die Darstellung kann mit Hilfe eines statistischen, mathematischen Verfahrens der sog. Linearen Regression bewertet werden. Das Ergebnis der Bewertung ist eine Gerade die einen Mittelwert aller Meßergebnisse darstellt. Die Steigung dieser Geraden ist ein Maß für die Differenz beider Frequenzen. Daraus kann dann in geeigneter Weise eine Nachstellgröße für die Regelschleife bestimmt werden.



         Bild 3: Messprinzip

Baugruppen und Komponenten

Wie aus dem Blockschaltbild Bild 4 ersichtlich, besteht der CRO aus mehreren Baugruppen. Hier sollen die beiden wichtigsten Baugruppen wie der Digitalteil und der Analogteil beschrieben werden. Es versteht sich, daß die Oszillatoren die mit Hilfe des CROs nachgeregelt werden sollen, nicht selbst Bestandteil des Projektes waren, sondern daß hier auf eine weite Palette von kommerziell gefertigten oder selbst gebauten Oszillatoren zurück gegriffen wurde, was auch wiederum ein Vorteil für den Anwender ist.
Da bei der Nachstellung der Oszillatoren mit sehr kleinen Änderungen einer analogen Spannung gearbeitet wird (beim HP OCXO 10811 ergibt ein Spannungshub von 1 mV eine Frequenzänderung von 1*10e-11), wurde aus Störsicherheitsgründen eine Aufteilung in den Digitalteil und den Analogteil gewählt. Der Digitalteil beinhaltet mit einer Ausnahme, alle digitalen Komponenten des CROs. Der Analogteil beinhaltet alle analogen Komponenten und kann räumlich getrennt (nahe beim Oszillator) untergebracht werden. Die Spannungsversorgung des Analogteils kann vom Netzteil des Oszillators aus erfolgen, was eine Abschaltung des Digitalteils erlaubt, während der Oszillator und der Analogteil ständig „weiterlaufen“. Die Verbindung der beiden Baugruppen untereinander erfolgt über eine serielle Schnittstelle.

Bild 4: CRO Baugruppen

Digitalteil

Wenn das Referenzsignal und das Signal des zu messenden Oszillators digitalisiert sind, kann die restliche Meßwerterfassung, die Auswertung und die Berechnung des Nachstellwertes bequem auf digitalem Wege erledigt werden. Die Hauptarbeit des CRO Digitalteils (Bild 5) übernimmt dabei ein Temic/Atmel Microcontroller [2], ein 8051 Derivat welches ohne externen Programm- und Datenspeicher auskommt und über eine „In System“ Programmiermöglichkeit verfügt. Ein Reset-IC sorgt für sicheren Start nach dem Anlegen der Versorgungsspannung, die mit einem Längsregler stabilisiert wird und zwischen 7 und 12 Volt liegen kann. Die Verbindung zur Außenwelt wird mit einer RS232 Schnittstelle von Maxim [3] realisiert. Zur Bedienung ist ein Anschluß für eine 2*16 Zeichen lange LCD-Anzeige und 4 Tasten vorhanden. Alle wichtigen Daten z.B. Voreinstellungen etc. werden in einem nicht flüchtigem EE-PROM gespeichert. Um den Aufwand an externen Bauteilen so gering wie möglich zu halten, wurde für die Realisierung der diversen Zähler und der restlichen Logik sogenannte FPGAs (Field Programmable Gate Arrays) benutzt. Die Inhalte der FPGAs von Altera [4] können mit einer kostenlosen Entwicklungs-Software erstellt und mit einem sehr einfachem, selbstgebautem Programmiergerät auf der Platine programmiert werden. Dies ist eine äußerst effektive Methode Logik jeglicher Art einfach zu realisieren. Alle schnellen Logikelemente wurden in einem etwas teueren kleineren FPGA realisiert. Die langsamere Logik ist in einem billigeren, größeren FPGA untergebracht. Als Referenz können bekanntlich das digitale 1 PPS Signal eines GPS Empfängers oder das VSYNC-Signal eines TV-Receivers benutzt werden. Das 1 PPS-Signal wird direkt der Torlogik des Phasenzählers zugeführt, das VSYNC Signal muß hingegen aus dem FBAS-Signal gewonnen werden. Dazu ist ein Impulsabtrenner der Firma Gennum [5] auf dem CRO-Board integriert. Die Kanaleinstellung des TV-Tuners kann natürlich auch direkt vom CRO aus erfolgen. Das Signal des zu messenden Oszillators wird über zwei Verstärkerstufen auf nahezu TTL-Pegel gebracht und dann dem Meßwerk zugeführt. Ein spezielles PLL-IC von ICST [6] erzeugt aus der Frequenz des Oszillators eine weitere Frequenz von annähernd 100 MHz. Diese ca. 100 MHz dienen dem Phasenzähler zum Ausmessen der Start/Stop Flanken . Diese Methode hat gegenüber der Verwendung von DIL-Oszillatoren den Vorteil, daß ein sehr genaues 100 MHz Signal verfügbar ist, welches synchron zur zu messenden Frequenz ist. Die absolute Frequenz spielt dabei eine untergeordnete Rolle, da das Meßprinzip auf Zeitdifferenzen innerhalb 1 bzw. 1/50 s basiert.
Drifteffekte eines DIL-Oszillators hingegen würden sich im Ergebnis deutlich bemerkbar machen. Durch die konsequente Benutzung von kompakten Bauelementen, konnte eine relativ kleine , billige, doppelseitige Platine geschaffen werden, die eigentlich nur eine Besonderheit aufweist. Bei der Platzierung und der Leitungsführung des PLL-ICs wurde besonderer Augenmerk darauf gerichtet, daß die PLL-Schaltung selbst zur Verbesserung der Störsicherheit, möglichst vom restlichen Digitalteil abgekoppelt ist. Der Digitalteil paßt in ein Standard Weißblechgehäuse. Zur Herausführung des Flachbandkabels für LCD Anzeige und Tasten wird einfach das Blech an einer Seite beidseitig eingeschnitten und umgebogen. Die restlichen Ein- und Ausgänge können mit Filterdurchführungen ausgeführt werden. Die HF-Eingänge werden mit Teflondurchführungen realisiert.



Bild 5: CRO Digitalteil

 

Weiter in Teil 2



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