In der letzten Sendung wurde über Wechselstromgeneratoren gesprochen und über die Bereitstellung einer sinusförmigen Wechselspannung. Diesmal wird das Verhalten von Kondensatoren und Spulen bei Wechselspannung behandelt. Die Sendung gliedert sich in folgende Abschnitte:
Im europäischen Elektrizitätsverbund stellen die Steckdosen eines Haushalts
eine Wechselspannung mit einem Effektivwert von 230 V zur Verfügung. Die
Generatoren in den Kraftwerken
werden so geregelt, dass im Tagesmittel eine Frequenz von 50
Hz eingehalten wird. Firmen, die Elektrizität für starke Elektromotoren
benötigen, können Probleme bereiten. Die gewaltigen Spulen der Elektromotoren
stellen sogenannte induktive
Widerstände dar, die eine unerwünschte Rückwirkung auf das Netz haben. Als
Abhilfe verlangen die Elektrizitätswerke zusätzlich kapazitive
Widerstände im Anschlusskasten, so dass der "Phasenwinkel"
zwischen Wechselspannung und Wechselstrom insgesamt wieder den idealen Wert 0°
erreicht.
Zunächst ist zu klären, wie die Kapazität eines Plattenkondensators zu
definieren ist. Beim Laden eines Kondensators wird eine bestimmte Menge an
positiven und negativen Ladungen in den Platten gespeichert.
Dabei sind die Beträge gleich und die Quantität Q hängt von der Spannung
U ab: Je größer U, desto größer Q. Die Ladung ist
proportional zur Spannung, deshalb wird die Kapazität C als Quotient von
Q und U definiert. Die Einheit ist nach dem britischen Physiker Faraday
benannt. An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: Leider lassen sich in der
Physik Doppelbelegungen von Buchstaben nicht vermeiden. Hier steht der Buchstabe
C als physikalische Größe für die Kapazität eines Kondensators (engl.
"capacitiy") und außerdem als Abkürzung für die Einheit Coulomb der Ladung
Q. Bei Aufgaben ist jeweils klar, was gemeint ist.
Die Kapazität,
also die Speicherfähigkeit eines Kondensators, lässt sich auch durch die Fläche
A jeder der beiden Platten und durch ihren Abstand d ausdrücken.
Diese Formel
enthält als Proportionalitätsfaktor die elektrische Feldkonstante , die wir bereits vom
Coulomb-Gesetz kennen. Eine Musterrechnung zeigt, dass Werte von pF (Picofarad)
bis nF (Nanofarad) für Plattenkondenstoren typisch sind. Mit einer speziellen,
isolierenden Materialschicht zwischen den Platten, einem sogenannten Dielektrikum
(sprich: Di-Elektrikum), lässt sich die Kapazität um einen Faktor 2 bis 10
steigern. In einer technischen Ausführung für den Intercity-Express findet man
ein anschauliches Beispiel für einen "Wickelkondensator";
er ist abwechselnd aus dünnen dielektrischen und metallisierten Folien mit einer
Gesamtkapazität von 130 F (Mikrofarad) aufgebaut. Einen ganz
anderen inneren Aufbau haben sogenannte Elektrolyt-Kondensatoren,
die große Kapazitäten bis 1 Farad aufweisen können, allerdings nur für
Gleichspannung und nur für kleine Voltzahlen. Lesen Sie darüber mehr in Ihrem
Begleitbuch.
In Analogie zum magnetischen Feld eines Plattenkondensators "speichert" eine
Spule ein magnetisches Feld. Im Experiment
steckt eine Induktionsspule im wechselnden Magnetfeld einer Feldspule. Die
beobachtete induzierte Spannung Ui tritt auch in einer
einzigen Spule auf, in der sich die Stromstärke ändert, man spricht dann von
"Selbstinduktion". Ui hängt neben der Änderungsrate der
Stromstärke I / t auch von einigen Daten der Spule ab. Der zusammengefasste
Proportionalitätsfaktor wird Induktivität der Spule genannt; sie wird in der
Einheit 1 Henry
angegeben. Eine Musterrechnung
zeigt, dass mH (Milli-Henry) einen typischen Wert für eine Spule ohne Eisenkern
darstellt. Mit einem Eisenkern
lässt sich die Induktivität leicht um einen Faktor 10 bis 100 steigern.
In Stromkreisen
mit Wechselstrom kann die Stromstärke mit ganz verschiedenen Arten von
Widerständen begrenzt werden. Neben den bekannten ohmschen Widerständen können
es auch kapazitive oder induktive Widerstände sein. Ein Kondensator wird an
Wechselspannung angeschlossen und dabei periodisch entladen und wieder
aufgeladen. Der kapazitive
Widerstand XC sinkt mit der Kapazität C des
Kondensators und der Frequenz f der Wechselspannung. Seltsamer Weise
zeigt dabei ein Messgerät für elektrische Arbeit null an. Deshalb nennt man den
Wechselstrom an einem Kondensator "Blindstrom" und bezeichnet seinen kapazitiven
Widerstand mit XC statt mit R. Bei einer Spule, die an
Wechselspannung angeschlossen ist, wächst der induktive
Widerstand XL mit der Induktivität der Spule und der
Frequenz f der Wechselspannung. Auch hier handelt es sich um einen
Blindstrom; die Bezeichnung XL soll wieder an das besondere
Verhalten erinnern.
In einer Tricksequenz wird für einen Kondensator
die Wechselspannung U und der Wechselstrom I während einer Periode
verfolgt: Ist der Betrag der Spannung maximal, dann ist der Lade- bzw.
Entladestrom gerade null. Umgekehrt ist der Lade- bzw. Entladestrom maximal,
wenn der Betrag der Spannung null ist. Der Strom eilt der Spannung um eine
Viertel Periode voraus. Diese ungewöhnliche Versetzung der beiden Kurven ist der
Grund für die Bezeichnung "Blindleistung". Dazu erfahren Sie mehr in der
nächsten Sendung.
In einer zweiten Tricksequenz wird das Verhalten der
Wechselspannung und des Wechselstroms bei einer Spule
verfolgt. Hier soll man sich zunächst den Ausgangspunkt klar machen: das
magnetische Feld wird durch den Strom in der Spule bewirkt. Die induzierte
Spannung resultiert dann aus den Änderungen des Flusses des Magnetfeldes: Ist
der Betrag des Stroms maximal, dann ist die induzierte Spannung gerade null.
Umgekehrt ist der Betrag der Spannung maximal, wenn die Stromstärke null ist.
Bei der Spule hinkt der Strom der Spannung um eine Viertel Periode hinterher.
Wieder ist diese ungewöhnliche Versetzung der beiden Kurven der Grund für die
Bezeichnung "Blindleistung". Auch dazu erfahren Sie mehr in der nächsten
Sendung.
Das Frequenzverhalten von kapazitiven und induktiven Widerständen ist eine
wunderbare Möglichkeit, um Mischungen von Wechselströmen verschiedener
Frequenzen zu verteilen oder zu "filtern". Eine Lautsprecherbox
enthält mehrere Lautsprecher in verschiedenen Größen, die jeweils für tiefe oder
hohe Töne optimiert sind. Im Lautsprecherkabel fließt eine Überlagerung von
Wechselströmen, die hohe oder tiefe Töne darstellen. Über eine "Frequenzweiche"
werden dann die speziellen Lautsprecher angesteuert. Ein Modellversuch
mit einer Serienschaltung aus einem Kondensator und einem ohmschen Widerstand
zeigt die Funktionsweise einer Frequenzweiche: Bei niedrigen Frequenzen ist der
kapazitive Widerstand viel größer als der ohmsche, bei hohen Frequenzen ist es
umgekehrt. Kombinationen aus ohmschen, kapazitiven und induktiven Widerständen
eigenen sich also, um hohe oder niedrige Frequenzen aus einem Gemisch von
Wechselströmen herauszufiltern.