Telekolleg Physik Physik, 3.Trimester - Atomphysik

Radioaktivität - unsichtbar, aber messbar

In dieser letzten Sendung zur Atomphysik geht es um die biologische Wirkung von Radioaktivität. Dafür werden drei verschiedene Messgrößen mit ihren Maßeinheiten eingeführt. Radioaktivität ist einerseits ein natürliches Phänomen, auf das die Pflanzen und Lebewesen der Erde eingestellt sind, andererseits soll man sich vor erhöhter Strahlung schützen. Wichtig ist auch der medizinische Aspekt. Die Nuklearmedizin ist heute ein etablierter Fachzweig, der wichtige Beiträge zur Diagnose und Therapie anbietet. Die Sendung gliedert sich in folgende Abschnitte:

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Belastung des Menschen

Bild aus der Sendung

Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs begann in den 50er-Jahren ein großer wirtschaftlicher Aufschwung. In der Folge erhöhte sich die Nachfrage nach elektrischer Energie; der Ausbau von Kohlekraftwerken führte zu erheblichen Luftverschmutzungen. Da erschien es günstig, dass Wissenschaftler erforscht hatten, wie die Kettenreaktion der Kernspaltung gezähmt werden kann. Im Jahr 1955 wurde der Bundesrepublik Deutschland erstmalig erlaubt, die Kernenergie zu friedlichen Zwecken zu nützen. Nun konnten Kernreaktoren entwickelt und Kernkraftwerke gebaut werden. Die damalige Vorstellung einer preiswerten Energie ohne nennenswerte Schädigung der Menschen und der Umwelt wurde vor allem durch den Reaktorunfall von Tschernobyl im Jahr 1986 erschüttert. Die radioaktiven Wolken suchten weite Teile von Europa heim, die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Schäden waren beträchtlich.

Kurz nach dem Unfall war es natürlich sehr wichtig, die Stärke der radioaktiven Belastung von Milch, Tee oder Kinderspielplätzen zu messen. Das einfachste Messgerät für Radioaktivität ist das Geiger-Müller-Zählrohr, das eine Impulsrate misst. Mit einem Experiment im Studio wird eine einfache, aber wirksame Schutzregel vermittelt: Die radioaktive Strahlenbelastung nimmt mit dem Abstand zur Quelle sehr schnell ab. Das quadratische Abstandsgesetz ist ganz plausibel, wenn man sich eine Kugeloberfläche um die radioaktive Probe vorstellt. Mit doppeltem Radius vervierfacht sich deren Oberfläche und damit teilt sich entsprechend die Teilchenzahl pro Flächeneinheit.


Maßeinheiten

Bild aus der Sendung

Eine sogenannte "Vollkörper-Zählanordnung" misst die radioaktive Strahlung in alle Raumrichtungen. Damit werden alle Zerfälle in einer bestimmten Zeitspanne registriert. Dies definiert die Aktivität mit dem Formelbuchstaben A. Die Einheit Becquerel 1 Bq = 1 Zerfall pro Sekunde passt viel besser zu den Bedürfnissen des Strahlenschutzes als die frühere Einheit Curie, die für die extrem starken radioaktiven Präparate der Forschungspioniere ausgelegt war.

Im Studio wird gezeigt, wie eine Becquerel-Messung durchgeführt wird: Eine abgeschirmte Kammer schirmt Strahlung von außen ab. Zunächst registriert das eingesteckte Zählrohr die Nullrate der "natürlichen" Radioaktivität ohne eingelegtes Präparat. Diese Nullrate wird später von allen Messergebnissen subtrahiert. Die radioaktive Probe wird pulverisiert, gewogen und dann in der Messkammer ihre Zählrate bestimmt. Da das Zählrohr nur die radioaktiven Teilchen registriert, die in einen kleinen Oberflächenausschnitt fliegen, muss die Zählrate mit einem Kalibrierfaktor multipliziert werden. Dieser Kalibrierfaktor hängt nur von der Geometrie der Zählkammer und dem verwendeten Zählrohr ab; der Zahlenwert wird vom Hersteller angegeben.

In der Aufregung des Reaktorunfalls von 1986 wurden auch Becquerel-Messungen veröffentlicht, die unprofessionell durchgeführt waren. Außerdem macht es natürlich einen großen Unterschied, ob Gramm oder Kilogramm untersucht werden. Deshalb sollte man grundsätzlich zur Angabe der Becquerel auch die Masse der Probe angeben. Hier ist die spezifische Aktivität hilfreich; sie wird üblicher Weise jeweils auf 1 Gramm bezogen. Bei einer Radioaktivität, die von einer Fläche ausgeht, kann auch eine Aktivität pro Flächeneinheit definiert werden. Dann wird das Zählrohr in einen Messkopf eingebaut und die Aktivität über eine kalibrierte Messfläche bestimmt.


Strahlenschutz

Bild aus der Sendung

Eine wichtige Regel für den Strahlenschutz wurde in der Sendung schon angesprochen: Abstand halten. Nach dem quadratischen Abstandsgesetz vermindert sich die Intensität mit dem Quadrat des Abstands. Eine weitere Schutzmaßnahme besteht in einer geeigneten Abschirmung. Eine Tabelle listet die Werte für verschiedene Strahlenarten auf. Die angegebenen Abschirmdicken hängen zwar noch von der Energie der alpha-, ß- und gamma-Teilchen ab, aber der angegebene Wert von 10 MeV deckt doch die meisten radioaktiven Präparate ab.

Personal, das mit gefährlicher Strahlung zu tun hat, ist nach der Strahlenschutzverordnung verpflichtet, den gesetzlichen Grenzwerte mit einem sogenannten Filmdosimeter zu überwachen; das gilt auch für Mitarbeiter in medizinischen Röntgenabteilungen. Ein Filmdosimeter enthält lichtdicht verpacktes Filmmaterial. Der Schwärzungsgrad nach der Entwicklung ist ein Maß für die aufgenommene Strahlenintensität. In das Kontrollgerät sind auch einige Abschirmbleche eingefügt; diese ermöglichen einen Rückschluss auf die empfangene Strahlenart und die Teilchenenergie.


Biologische Wirkungen

Bild aus der Sendung

Die physikalische Zählgröße "Aktivität" mit ihrer Einheit Becquerel ist für den Strahlenschutz und die biologische Wirksamkeit von Radioaktivität wenig geeignet, weil sie nicht auf die Energie der alpha-, ß- und gamma-Teilchen eingeht. Außerdem kommt es auch auf die Gewebemasse an. Es wird deshalb die Energiedosis D als Quotient von Energie und Masse eingeführt. Die Energiedosis ist umso größer, je größer die eingebrachte Energie der Strahlung und je kleiner die Gewebemasse ist. Ihre Einheit ist 1 Joule/kg = 1 Gray =1 Gy.

Strahlenschäden in Lebewesen lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Von somatischen Strahlenschäden spricht man, wenn Gewebezellen durch die Ionisation oder Spaltung von Molekülen zerstört werden. Überschreitet die Strahlendosis einen Schwellwert, so sind die körpereigenen Reparaturmechanismen überfordert und es treten Krankheitsbilder in Erscheinung. Diese reichen von Unwohlsein und Kopfschmerzen bis zum "Strahlentod". Von genetischen Strahlenschäden spricht man, wenn die Erbinformationen im Zellkern verändert werden. Dies kann die Bildung von Krebszellen auslösen oder zu Erbschäden (Mutationen) in späteren Generationen führen.

Bisher wurde noch nicht auf die Strahlenart eingegangen. Aufgrund ihrer außerordentlichen Ionisationsfähigkeit sind alpha-Teilchen bei gleicher Energie 20mal so wirksam, wie die gleiche Energiemenge bei ß- oder gamma-Teilchen, man spricht vom Qualitätsfaktor Q. Stellen Sie sich dabei vor, dass alpha-Teilchen ihre Schädigung viel stärker lokalisieren und deshalb die Reparaturmechanismen schneller überfordern. Wenn man den Qualitätsfaktor Q mit der Energiedosis multipliziert, dann erhält man die Äquivalentdosis H in der Einheit 1 Sievert = 1 Sv, die in Strahlenschutzgrenzwerten genannt wird. Insgesamt gibt es also für die Beschreibung und Messung von Radioaktivität drei Größen samt Einheiten, die sich je nach Problemstellung eignen. Für die im Strahlenschutz-Gesetz angesprochene Äquivalentdosis mit der Einheit Sievert bekommen Sie einige Beispiele genannt: Ein bedeutender Anteil der unvermeidbaren natürlichen Radioaktivität ist die radioaktive Strahlung von der Sonne und aus dem Weltall. Sie nimmt mit der Höhe über dem Meeresspiegel schnell zu. Vergleichen Sie nun diese Dosis-Werte in der Größenordnung von Milli-Sievert (mSv) mit Werten, ab denen Symptome von Strahlenkrankheit erkennbar werden: Ab 0,25 Sv erste nachweisbare Veränderungen im Blutbild, ab 1 Sv Spätschäden und Todesfälle, ab 10 Sv der sichere Tod.


Nuklearmedizin

Bild aus der Sendung

In Krankenhäusern findet man oft ein Schild mit der Aufschrift "Nuklearmedizin". Die Anwendung von Radioaktivität hat bei der medizinischen Diagnostik und Therapie zu bedeutenden Fortschritten geführt. Von einer Strahlenbehandlung bei Tumoren hat man schon öfter gehört, aber die diagnostischen Möglichkeiten sind noch wenig bekannt. Dazu werden in der Sendung zwei Beispiele gezeigt. Ein Arzt verwendet für diagnostische Untersuchungen radioaktive Substanzen mit sehr geringer Dosis und kurzer Halbwertszeit, damit die Wahrscheinlichkeit einer radioaktiven Schädigung möglichst gering bleibt. Diese Substanzen werden in das zu untersuchende Gewebe eingebracht und sie senden dann mit radioaktiver Strahlung Informationen aus dem Inneren des Körpers.

Eine Messanordnung für Radioaktivität nimmt Daten aus verschiedenen Raumrichtungen auf, die mit Hilfe eines Computers in Bilder aus dem Körperinneren umgerechnet werden. So ist es z.B. möglich, dass auf dem Bildschirm die Durchblutung eines Herzmuskels sichtbar wird, während er unterschiedlich belastet ist. Ein bekannteres Beispiel ist die Untersuchung der Schilddrüse. Nach der Einnahme von Spuren eines radioaktiven Jodisotops zeigt die Verteilung der Strahlung krankhafte Knoten mit Überfunktion. So lässt sich sicher abschätzen, ob ein operativer Eingriff nötig ist.


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