Telekolleg Physik Physik, 3.Trimester - Atomphysik

Aus eins mach zwei und umgekehrt

In dieser Sendung zur Atomphysik geht es um Radioaktivität und um Kernumwandlungen. Diese Thematik ist, wie wenige andere Themen der Physik, seit vielen Jahren Gegenstand einer öffentlichen Diskussion. Es gibt verschiedene Meinungen zur Nutzung der Kernkraft und zur Entsorgung von radioaktivem Müll. Diese Sendung bietet dafür die fachlichen Grundlagen und erklärt wichtige Details zum Aufbau von Atomkernen. Sie gliedert sich in folgende Abschnitte:

<<Überprüfen Sie ihr Wissen >>

Radioaktiver Zerfall

Bild aus der Sendung

Für die Endlagerung von radioaktivem Müll aus Kernkraftwerken werden Lagerstätten gesucht, die auf Jahrhunderte keine Gefahr für das Grundwasser darstellen. So werden natürliche Salzstöcke untersucht, ob sie einen sicheren Aufbewahrungsort für die Behälter mit radioaktiven Abfällen darstellen. Was passiert mit radioaktiven Abfällen in den vielen Jahren der Einlagerung? Wie schnell nimmt die Gefährlichkeit der radioaktiven Strahlung ab? Auf diese beiden Fragen werden im weiteren Verlauf der Sendung Antworten gegeben.

Zunächst einmal ist zu klären, was passiert, wenn ein Atom ein alpha-, ß- oder gamma -Teilchen aussendet. Für den alpha-Zerfall betrachten wir das Radon-Isotop mit 212 Nukleonen. Ra212 besitzt 86 Protonen und 212 - 86 = 126 Neutronen. Ein alpha-Teilchen besteht aus zwei Protonen und zwei Neutronen. Deshalb entsteht beim alpha-Zerfall von Ra212 ein Isotop mit 208 Nukleonen, davon 84 Protonen. Radon kann das nicht mehr sein, es ist Polonium208!

Für den ß-Zerfall betrachten das Thorium-Isotop mit 234 Nukleonen. Th234 besitzt 90 Protonen und 144 Neutronen. Aber wie kann ein Elektron aus dem Kern kommen? Man weiß, dass bei diesem ß-Zerfall Protactinium 234 mit 91 Protonen entsteht. Deshalb muss sich im Kern von Thorium ein Neutron in ein Proton und ein Elektron aufgespaltet haben.

Beim gamma-Zerfall ändert sich weder die Anzahl der Protonen, noch die der Neutronen. gamma-Quanten sind eine hochenergetische Sorte von Photonen, die aus dem Atomkern Energie abführen. Man kann sich das ganz analog zu den optischen Photonen aus der Atomhülle vorstellen. Dort springen Hüllenelektronen aus Schalen mit höherer Energie in innere Schalen und führen die Energiedifferenz als Photon der Energie E = h f ab; f ist die Frequenz. Auch ein Kern kann in angeregten Energiestufen vorliegen, beim Übergang in einen niederen führt er ebenfalls Energie in der Form E = h f ab; die Frequenz eines gamma-Quants ist natürlich bedeutend größer.


Zerfallsreihen

Bild aus der Sendung

Für die meisten Isotope ist bekannt, ob sie stabil oder radioaktiv sind. In einer sogenannten Nuklidtafel nimmt jedes Element eine Zeile ein, d.h. längs einer Zeile ist die Kernladungszahl gleich, z.B. die Kernladungszahl von Protactinium Z(Pa) = 91. Untereinander in den Spalten stehen Elemente mit gleicher Neutronenzahl. Die Farben deuten die Zerfallsart an. gamma-Zerfälle sind nicht markiert, weil sich dabei das Isotop nicht verändert. Als grobe Faustregel kann man aber annehmen, dass nach jedem alpha- oder ß-Zerfall angeregte Kerne vorliegen, die mit gamma-Zerfällen den energetischen Grundzustand erreichen.

Aus einer Nuklidtafel kann man leicht sogenannte Zerfallsreihen herauslesen. Uran238 ist als alpha-Strahler gelb markiert. Der Folgekern hat zwei Neutronen und zwei Protonen weniger, also suchen wir zwei Zeilen tiefer und zwei Spalten nach links und finden Thorium 234. Dieses ist ein ß-Strahler und damit liegt der Folgekern bei Protactinium234 (Protonenzahl plus ein, Neutronenzahl minus eins). Die Spur von weiteren Kernen kann man weiterverfolgen, bis man einen stabilen Kern erreicht. Die ganze Kette nennt man Zerfallsreihe; dies hier ist die Uran-Radium-Reihe. Da nur der alpha-Zerfall die Nukleonenzahl verändert, dann aber genau um die Zahl vier, führt ein logischer Schluss auf das Ergebnis, dass es genau vier Zerfallsreihen geben muss.


Zerfallsgesetz

Bild aus der Sendung

Als nächstes stellt sich die Frage, wie schnell die Zerfallsreihen durchlaufen werden. Offensichtlich sehr langsam und nicht für alle Kerne in gleichmäßigem Tempo, sonst würde es die Nuklidkarte nicht geben. Für das Zerfallsgesetz radioaktiver Kerne kann man als Analogie den Zerfall von Bierschaum betrachten. Jedes Bläschen zerfällt zufällig, aber insgesamt gibt es doch im zeitlichen Mittel eine exakt bestimmbare Wahrscheinlichkeit. Über längere Zeit beobachtet man dann, dass nach gleichen Zeitabschnitten jeweils die gleiche Prozentzahl vom letzten Füllstand übrig bleibt. Dies ist genau die mathematische Bedingung für einen exponentiellen Zusammenhang. Wenn man die Messpunkte verbindet, erhält man tatsächlich eine abfallende Exponentialkurve. Die gleiche Kurvenform liefert auch die Zählung radioaktiver Kerne, die nach gleichen Zeitabschnitten noch nicht zerfallen sind. Die Mathematik liefert die Funktionsform des Zerfallsgesetzes: N(t) = N0 mal exp(-lambda t); dabei ist N0 die Anzahl der Kerne beim Start der Messung, N(t) die Anzahl der verbliebenen Kerne nach der Zeit t und die Zerfallskonstante lambda beschreibt, ob der Zerfall bei der betrachteten Kernsorte schnell oder langsam abläuft. Mit lambda kann die "Halbwertszeit" bestimmt werden; nach dieser Zeit gibt es jeweils nur noch die Hälfte der vorher vorhandenen Kerne.


Die Aktivität

Bild aus der Sendung

Die Anzahl noch existierender Kerne ist schwer zu zählen, deshalb ist der Begriff der Aktivität in der Praxis viel hilfreicher. Die Anzahl der Zerfälle pro Sekunde misst man z.B. mit einem Zählrohr. Dabei muss man natürlich beachten, dass das Zählrohr nur einen Teil der Kugeloberfläche um das Präparat abdeckt. Auch ist die Nachweiswahrscheinlichkeit keineswegs 100%. Aber es gibt doch eine feste Beziehung zwischen der Zählrate eines Zählrohrs und der Aktivität. Mathematisch gesehen ist die Aktivität so etwas wie die zeitliche Änderung der Anzahl und weil die Ableitung einer Exponentialfunktion wieder eine Exponentialfunktion ist, darf es nicht verwundern, dass auch für die Aktivität ein Exponentialgesetz gilt: A(t) = A0 mal exp(-lambda t). Die Zerfallskonstante und die Halbwertszeit sind gleich wie beim Zerfallsgesetz und für die meisten Isotope bekannt.

Dazu zwei Anwendungsbeispiele: Bei Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 wurden vor allen die radioaktiven Isotope Caesium137 und Jod131 in Europa verteilt. Die Gefahr durch das Jod ist inzwischen abgeklungen, weil die Halbwertszeit nur 8 Tage beträgt. Mit der Exponentialkurve für die Aktivität von Cs137 lässt sich erkennen, dass uns diese Strahlungsquelle noch lange erhalten bleibt. Sehr bekannt ist auch die C14-Methode zur archäologischen Datierung. Das radioaktive Isotop C14 entsteht laufend in der Atmosphäre durch den radioaktiven Beschuss der Luftstickstoffmoleküle durch radioaktive Teilchen von der Sonne. Deshalb ist die Aktivität in lebenden Pflanzen und Lebewesen konstant. Nach dem Absterben nimmt die Aktivität nach einer Exponentialkurve ab. Mit dem Vergleich der verminderten Aktivität einer Kohlenstoffprobe aus dem archäologischen Fundstück und einer frischen Vergleichsprobe erhält man eine Zeitdatierung.


Kernumwandlungen

Bild aus der Sendung

Die Energie, die in Kernkraftwerken freigesetzt wird beruht auf der Kernspaltung. Ein einzelner Kernbaustein (ein Nukleon) im Uran235 hat eine höhere Energie als in den beiden etwa gleich großen Teilen, in das U235 bei Beschuss mit Neutronen zerfällt. Bei leichten Kernen mit Nukleonenzahlen unter 60 ist es dagegen ganz anders. Hier kostet es Energie, einen Kern in seine einzelnen Nukleonen aufzuspalten. Bei der Kernfusion von zwei Deuteriumkernen (1 Proton, 1 Neutron) zu Helium wird dagegen eine große Menge an Energie frei. Dieser Prozess findet in der Sonne statt. Zum Überblick über die verschiedenen Prozesse wird die Energie pro einzelnem Nukleon über der Kerngröße (Nukleonenzahl) aufgetragen. Gegenüber den stabilsten Kernen haben sowohl die kleineren als auch die größeren Kerne eine erhöhte Energie.


<< Überprüfen Sie ihr Wissen >>