Kurt Huber, Dr. Professor


* 24.10.1893 Chur, Schweiz † 13.7.1943 München-Stadelheim

GESCHICHTLICHER HINTERGRUND UND DEUTUNG

Kurt Huber

 

 Jeder sittlich Verantwortliche würde mit uns seine Stimme erheben gegen die drohende Herrschaft der bloßen Macht über das Recht, der bloßen Willkür über den Willen des sittlich Guten …“, Kurt Huber [265]

Kurt Huber kam im schweizerischen Chur zur Welt und wuchs in Stuttgart auf, wo der Vater Professor für Handelswirtschaft war. Er besuchte dort das humanistische Gymnasium. In München begann er 1903 das Studium der Musikwissenschaft, Psychologie und Philosophie. Seine Promotion befasste sich mit dem im 16. Jahrhundert in München lebenden Hoforganisten Ivo de Vento (1918). Das Thema seiner Habilitationsschrift (1923) im Fach Musikpsychologie trug den Titel "Der Ausdruck musikalischer Elementarmotive". Im Auftrag der Deutschen Akademie legte er eine Sammlung altbayerischer Volkslieder an. Gemeinsam mit dem Volkslieddichter Emanuel Kiem, genannt Kiem Pauli (1882 – 1960) [266] zeichnete er Liedmaterial bei Reisen nach Spanien, Südfrankreich und dem Balkan auf.




Gedenktafel für Kurt Huber, Leopoldstr. 13

Gedenktafel für Kurt Huber, Leopoldstr. 13,
Foto: A. Olsen




Wohnhaus bis zur Festnahme von Professor Dr. Kurt Huber in Gräfelfing, Prof.-Kurt-Huber-Str. 5

Wohnhaus bis zur Festnahme von Professor Dr. Kurt Huber in Gräfelfing, Prof.-Kurt-Huber-Str. 5

Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschungen bildete das Werk des Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz. Von der Universität München zum außerordentlichen Professor ernannt, lehrte er seit 1926 Philosophie und er beschäftigte sich vor allem mit Ästhetik und wirkte weiterhin als anerkannter Volksliedforscher. Seine Vorlesungen waren wegen ihrer Anschaulichkeit und Tiefe bei den Studenten besonders beliebt. Wie er Forschung und Lehre verband beschrieb ein Student: „wie oft sprach er mit Begeisterung von den großen Kulturwerten bei anderen Völkern und Rassen. Diese Weite seines Wesens und die Herzenswärme, mit der er selbst bei Menschen aus fernsten Ländern nur die verwandte Seele suchte, erfüllte mich immer mit großer Freude, wenn ich ihn sehen durfte, besonders in den letzten Jahren, in denen die Außenwelt mit Ablehnung und Haß gegen alles Fremde erfüllt war.“ [267]

1937 folgte er einem Ruf an das Berliner Institut für Musikforschung, wo er mit der Gründung einer „Abteilung Volkslied“ betraut wurde. Diesen Lehrauftrag löste die Institutsleitung ein Jahr später wegen Hubers „katholisch-weltanschaulicher Bindung“. Nach der Rückkehr nach München lehrte Kurt Huber als Professor für Philosophie mit Lehrauftrag für experimentelle Psychologie, Ton- und Musikpsychologie und psychologischer Volksliedkunde an der Ludwig-Maximilians-Universität. Er schloss Freundschaft mit dem Komponisten Carl Orff. Sophie Scholl besuchte im ersten Semester bei ihm die Vorlesung über Leibniz und seine Zeit; Willi Graf hörte bei ihm Ton- und Musikpsychologie.


Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof München, Fürstenrieder Strasse 288

Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof
München, Fürstenrieder Strasse 288


Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof München, Fürstenrieder Strasse 288

Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof
München, Fürstenrieder Strasse 288



Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof München, Fürstenrieder Strasse 288

Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof
München, Fürstenrieder Strasse 288


Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof München, Fürstenrieder Strasse 288

Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof
München, Fürstenrieder Strasse 288



Im Sommer 1942 lernte Huber die Geschwister Scholl und ihre Freunde bei privaten Diskussionen im Atelier Eickemeyer kennen. Bei diesen Treffen, die auch im Hause Alexander Schmorells stattfanden, erfuhr er von den Flugblattaktionen der „Weißen Rose”. Unter dem Eindruck der Katastrophe von Stalingrad begann er seine Vorlesung mit den Worten „Die Zeit der Phrasen ist vorbei“ und entschloss sich, das sechste Flugblatt zu verfassen.

Kommilitonen! Kommilitonen!

Erschüttert steht unser Volk vor dem Untergang der Männer von Stalingrad. Dreihundertdreißigtausend deutsche Männer hat die geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und verantwortungslos in Tod und Verderben gehetzt.

Seine Enttäuschung über den Nationalsozialismus ließ ihn zum Regimegegner werden.

Auch dem dümmsten Deutschen hat das furchtbare Blutbad die Augen geöffnet, das sie im Namen von Freiheit und Ehre der deutschen Nation in ganz Europa angerichtet haben und täglich neu anrichten. Der deutsche Name bleibt für immer geschändet, wenn nicht die deutsche Jugend endlich aufsteht, rächt und sühnt zugleich, seine Peiniger zerschmettert und ein neues, geistiges Europa aufrichtet. [268]

Huber wurde am 27. Februar 1943 verhaftet und im zweiten Prozess im Zusammenhang mit der „Weißen Rose“ wegen „Hochverrats“ zum Tode verurteilt. Am 8. März 1943 erkannte man ihm seinen Doktortitel in Philosophie ab, dem ihm die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität am 26. Juli 1917 verliehen hatte. In seiner eindrucksvollen Rede vor dem VGH legte er ein Bekenntnis zu Recht, Anstand und Menschlichkeit ab. Dabei forderte er für seine Mitangeklagten von den Richtern nicht das „Diktat der Macht, sondern das Gewissen sprechen zu lassen, das auf die Gesinnung schaue, die in diesem Falle die idealste, uneigennützigste sei, die man sich denken könne. [269] Er selbst forderte zu den dauerhaften Fundamenten eines Rechtsstaates zurückzukehren um damit den drohenden Untergang des deutsches Volkes zu verhindern. „Ich setze für diese Mahnung, für diese beschwörende Bitte mein Leben ein. Ich fordere die Freiheit für unser deutsches Volk zurück. [270]

Bodendenkmal vor der Ludwig-Maximilians-Universität München

Bodendenkmal vor der Ludwig-Maximilians-Universität München



In der Zeit bis zu seinem Tod arbeitete er an seinem Buch über den Philosophen Leibniz. Der Gefängnispfarrer Brinkmann, der ihn dabei in der Gefängniszelle sah, „den sicheren Tod vor Augen, aber trotzdem, die Feder, seine gefährliche Waffe, emsig und sicher über das Papier führend, dann war mir das ein erschütterndes Bild von der geistigen Situation Deutschlands: Der Geist war eingekerkert und zum Tode verurteilt!“ [271] Am 13. Juli 1943 erfolgte im Strafgefängnis München- Stadelheim seine Hinrichtung durch das Fallbeil.

Gedenken

I. Professor-Huber-Platz, Maxvorstadt
Platz vor der Universität (Ostseite)
M (1946)
II. Gedenktafel, Lichthof der Universität, 2. Stock („Weiße Rose“)
Geschwister-Scholl-Platz, Schwabing
Universität U3/U6
M und LMU (1946)
III. Mahnmal, Lichthof der Universität („Weiße Rose“)
Geschwister-Scholl-Platz, Schwabing
Universität U3U6
M und LMU (1948)
IV. Kurt-Huber-Gymnasium
Adalbert-Stifter-Platz 2, 82166 Gräfelfing
KM (1986)
V. Bodendenkmal, Universität („Weiße Rose“)
Geschwister-Scholl-Platz, Schwabing
Universität U3/U6
M (1988)
VI. Gedenktafel
Justizpalast, Prielmayerstr. 3 („Weiße Rose“)
FB (1993)
VII. DenkRaum, Universität („Weiße Rose“)
Geschwister-Scholl-Platz, Schwabing
Universität U3/U6
FB und LMU (1997)
XIII. Grabmal, Waldfriedhof, Sektion 21/22
Holzapfelkreuth U3/U6
(1943)

Die Grabstätte befindet sich auf dem Waldfriedhof, alter Teil Sektion 21/22. Die Inschrift darauf lautet:

„Für die deutsche Freiheit, die Wahrheit und die Ehre erlitt den Tod Dr. phil. Kurt Huber a. o. Universitätsprofessor * 24.10.1893 - † 13.7.1943“.

(Seit 1985 wurde ein Hinweisschild am Friedhofseingang angebracht.)

Gedenken

 Anmerkungen

VIV. Gedenktafel
Leopoldstr. 13, Schwabing
M (1985)
Giselastraße U3/U6
ANLASS UND ENTSTEHUNG
An den Seitenwänden des Zugangs von der U-Bahnstation Giselastraße zur Mensa der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität sind die Porträts bedeutender Pädagogen und Hochschullehrer eingearbeitet.

KURZBESCHREIBUNG
Auf dem runden (etwa ein Meter im Durchmesser) Bronze- und Glas-Relief ist ein Porträt des Professors Kurt Hubers in frontaler und seitlicher Perspektive dargestellt. Die Inschrift lautet:

„Prof. Kurt Huber 1893 Hing.1943.“

EHRUNGEN
16. Januar 1946: Der Komponist Carl Orff widmete Professor Kurt Huber sein Werk Die Bernauerin. [272] Jährliche Gedenkfeiern an der Ludwig-Maximilians-Universität München.


AUSSTELLUNGEN
28. Oktober – 28. Dezember 1973: „Kurt Huber (1893 – 1943) als Musikwissenschaftler und Volksmusikforscher“. Ausstellung anlässlich des 80. Geburtstages. 1986: Ausstellung und Dokumentation zum 40. Jahrestag von Prof. Kurt Huber im Kurt-Huber-Gymnasium, Gräfelfing. 1997: Denkstätte „Weiße Rose“ hinter dem Lichthof der Ludwig-Maximilians- Universität München.

Literatur Kurt Huber