„Jeder sittlich Verantwortliche würde mit uns seine Stimme
erheben gegen die drohende Herrschaft der bloßen Macht über das
Recht, der bloßen Willkür über den Willen des sittlich Guten …“,
Kurt Huber
[265]
Kurt Huber kam im schweizerischen Chur zur Welt und wuchs in
Stuttgart auf, wo der Vater Professor für Handelswirtschaft war. Er
besuchte dort das humanistische Gymnasium. In München begann er 1903
das Studium der Musikwissenschaft, Psychologie und Philosophie.
Seine Promotion befasste sich mit dem im 16. Jahrhundert in München
lebenden Hoforganisten Ivo de Vento (1918). Das Thema seiner
Habilitationsschrift (1923) im Fach Musikpsychologie trug den Titel
"Der Ausdruck musikalischer Elementarmotive". Im Auftrag der Deutschen
Akademie legte er eine Sammlung altbayerischer Volkslieder an.
Gemeinsam mit dem Volkslieddichter Emanuel Kiem, genannt Kiem Pauli
(1882 – 1960)
[266]
zeichnete er Liedmaterial bei Reisen nach Spanien, Südfrankreich und
dem Balkan auf.
Gedenktafel für Kurt Huber, Leopoldstr. 13,
Foto: A. Olsen
Wohnhaus bis zur Festnahme von Professor Dr. Kurt Huber in Gräfelfing, Prof.-Kurt-Huber-Str. 5
Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschungen bildete das Werk des
Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz. Von der Universität München
zum außerordentlichen Professor ernannt, lehrte er seit 1926
Philosophie und er beschäftigte sich vor allem mit Ästhetik und
wirkte weiterhin als anerkannter Volksliedforscher. Seine
Vorlesungen waren wegen ihrer Anschaulichkeit und Tiefe bei den
Studenten besonders beliebt. Wie er Forschung und Lehre verband
beschrieb ein Student: „wie oft sprach er mit Begeisterung von den
großen Kulturwerten bei anderen Völkern und Rassen. Diese Weite
seines Wesens und die Herzenswärme, mit der er selbst bei Menschen
aus fernsten Ländern nur die verwandte Seele suchte, erfüllte mich
immer mit großer Freude, wenn ich ihn sehen durfte, besonders in den
letzten Jahren, in denen die Außenwelt mit Ablehnung und Haß gegen
alles Fremde erfüllt war.“
[267]
1937 folgte er einem Ruf an das Berliner Institut für
Musikforschung, wo er mit der Gründung einer „Abteilung Volkslied“
betraut wurde. Diesen Lehrauftrag löste die Institutsleitung ein
Jahr später wegen Hubers „katholisch-weltanschaulicher Bindung“.
Nach der Rückkehr nach München lehrte Kurt Huber als Professor für
Philosophie mit Lehrauftrag für experimentelle Psychologie, Ton- und
Musikpsychologie und psychologischer Volksliedkunde an der
Ludwig-Maximilians-Universität. Er schloss Freundschaft mit dem
Komponisten Carl Orff. Sophie Scholl besuchte im ersten Semester bei
ihm die Vorlesung über Leibniz und seine Zeit; Willi Graf hörte bei
ihm Ton- und Musikpsychologie.
Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof
München, Fürstenrieder Strasse 288
Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof
München, Fürstenrieder Strasse 288
Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof
München, Fürstenrieder Strasse 288
Grabmal für Professor Dr. Kurt Huber, Waldfriedhof
München, Fürstenrieder Strasse 288
Im Sommer 1942 lernte Huber die Geschwister Scholl und ihre Freunde bei
privaten Diskussionen im Atelier Eickemeyer kennen. Bei diesen
Treffen, die auch im Hause Alexander Schmorells stattfanden, erfuhr
er von den Flugblattaktionen der „Weißen Rose”. Unter dem Eindruck
der Katastrophe von Stalingrad begann er seine Vorlesung mit den
Worten „Die Zeit der Phrasen ist vorbei“ und entschloss sich, das
sechste Flugblatt zu verfassen.
„Kommilitonen! Kommilitonen!
Erschüttert steht unser Volk vor dem Untergang der Männer von
Stalingrad. Dreihundertdreißigtausend deutsche Männer hat die
geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und
verantwortungslos in Tod und Verderben gehetzt.“
Seine Enttäuschung über den Nationalsozialismus ließ ihn zum
Regimegegner werden.
„Auch dem dümmsten Deutschen hat das furchtbare Blutbad die Augen
geöffnet, das sie im Namen von Freiheit und Ehre der deutschen
Nation in ganz Europa angerichtet haben und täglich neu anrichten.
Der deutsche Name bleibt für immer geschändet, wenn nicht die
deutsche Jugend endlich aufsteht, rächt und sühnt zugleich, seine
Peiniger zerschmettert und ein neues, geistiges Europa aufrichtet.“
[268]
Huber wurde am 27. Februar 1943 verhaftet und im zweiten Prozess im
Zusammenhang mit der „Weißen Rose“ wegen „Hochverrats“ zum Tode
verurteilt. Am 8. März 1943 erkannte man ihm seinen Doktortitel in
Philosophie ab, dem ihm die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität
am 26. Juli 1917 verliehen hatte. In seiner eindrucksvollen Rede vor
dem VGH legte er ein Bekenntnis zu Recht, Anstand und Menschlichkeit
ab. Dabei forderte er für seine Mitangeklagten von den Richtern
nicht das „Diktat der Macht, sondern das Gewissen sprechen zu
lassen, das auf die Gesinnung schaue, die in diesem Falle die
idealste, uneigennützigste sei, die man sich denken könne.“
[269]
Er selbst forderte zu den dauerhaften Fundamenten eines
Rechtsstaates zurückzukehren um damit den drohenden Untergang des
deutsches Volkes zu verhindern. „Ich setze für diese Mahnung, für
diese beschwörende Bitte mein Leben ein. Ich fordere die Freiheit
für unser deutsches Volk zurück.“
[270]
Bodendenkmal vor der Ludwig-Maximilians-Universität München
In der Zeit bis zu seinem Tod arbeitete er an seinem Buch über den
Philosophen Leibniz. Der Gefängnispfarrer Brinkmann, der ihn dabei
in der Gefängniszelle sah, „den sicheren Tod vor Augen, aber
trotzdem, die Feder, seine gefährliche Waffe, emsig und sicher über
das Papier führend, dann war mir das ein erschütterndes Bild von der
geistigen Situation Deutschlands: Der Geist war eingekerkert und zum
Tode verurteilt!“
[271]
Am 13. Juli 1943 erfolgte im Strafgefängnis München- Stadelheim
seine Hinrichtung durch das Fallbeil.
EHRUNGEN
16. Januar 1946: Der Komponist Carl Orff widmete Professor Kurt
Huber sein Werk Die Bernauerin.
[272]
Jährliche Gedenkfeiern an der Ludwig-Maximilians-Universität
München.
AUSSTELLUNGEN
28. Oktober – 28. Dezember 1973: „Kurt Huber (1893 – 1943) als
Musikwissenschaftler und Volksmusikforscher“. Ausstellung anlässlich
des 80. Geburtstages. 1986: Ausstellung und Dokumentation zum 40.
Jahrestag von Prof. Kurt Huber im Kurt-Huber-Gymnasium, Gräfelfing.
1997: Denkstätte „Weiße Rose“ hinter dem Lichthof der
Ludwig-Maximilians- Universität München.
Literatur Kurt Huber