Christoph Probst


* 6.11.1919 Murnau † 22.2.1943 München-Stadelheim

GESCHICHTLICHER HINTERGRUND UND DEUTUNG

Christoph Probst

 

Sollen dem Sendboten des Hasses und des Vernichtungswillens alle Deutschen geopfert werden! ... Hitler und seine Regime muß fallen, damit Deutschland weiter lebt.“ Aus dem Entwurf zum siebten Flugblatt der „Weißen Rose“, das Christoph Probst am 28./ 29. Januar 1943 entworfen hatte. [533]

Christoph Probst wurde am 6. November 1919 als Sohn von Hermann Probst und seiner Frau Ruth (geb. von der Bank) in Murnau geboren. Sein Vater war Privatgelehrter, der sich mit Philosophie und Religionen des Orients beschäftigte. Zusammen mit seiner älteren Schwester Angelika (*7. April 1918 in München) erhielt er von seiner Mutter bis zum Eintritt ins Gymnasium Unterricht. Die Geschwister waren nicht getauft worden, da sie nach Ansicht ihres Vaters darüber selbst entscheiden sollten. Der Vater vermittelte den beiden Kindern Angelika und Christoph, genannt Christel, beim Wandern das Verständnis für die Natur und brachte ihnen Mystik und Philosophie nahe. Während seiner Gymnasialzeit in München lernte Christoph Alexander Schmorell kennen, mit dem ihm eine „unzerreißbare“ Freundschaft verband. Von seinen Lehrern wurde er, in einem Gutachten zum Reifezeugnis, das er 17-jährig erhielt, wie folgt charakterisiert: „... Die Erwachsenen schätzten vom ersten Tage an sein vornehmes Wesen, während manche Kameraden erst später die Vorzüge seiner geistig ausgeprägten, gelegentlich lehrhaften, doch stets bescheidenen Art erkannten und anerkannten ... Mit echter geistiger Lebendigkeit nahm er im Gespräch wie im Unterricht an allen Fragen der Wissenschaft und des Lebens verständigen Anteil und überraschte uns oft durch sein selbständiges und reifes Urteil. Seine besondere Neigung gehörte den Naturwissenschaften, vor allem der Astronomie; hier verstand er sich auf eigene Faust systematisch fortzubilden.“ [536]

Nach der Scheidung der Eltern und der Wiederverheiratung des Vaters schloss sich Probst noch mehr seiner Schwester Angelika an, mit der er in einem Landschulheim in Schondorf am Ammersee aufwuchs. Vor dem Beginn des Medizinstudiums leistete er seinen Arbeits- und Wehrdienst. Sein besonderes Interesse galt neben den Naturwissenschaften der Literatur und Musik. Die Meinung über die „existentielle Bedeutung“ dieser Interessen beschrieb er in einem Brief an seinen Halbbruder so: „... daß gerade der geistige Mensch mehr ertragen kann, da er – wenn er physisch behindert ist und leidet – gerade ja das Reich des Geistes besitzt, in dem er noch voll leben kann.“ [537] Christoph Probst begann ab dem Sommersemester 1939 mit dem Studium der Medizin in München und lernte dabei Hans Scholl und später Sophie Scholl (siehe Band 3: Scholl) kennen. Er nahm im Atelier des Architekten Eickemeyer an den literarischen Abenden teil, schloss sich den Aktionen der „Weißen Rose“ an. Im Alter von 21 Jahren heiratete er Herta Dohrn, die Tochter des regimekritischen Privatgelehrten Harald Dohrn (siehe Band 1: Dohrn), mit der er drei Kinder hatte. Wegen seiner familiären Verpflichtungen sollte er nicht in gefährliche Aktionen der „Weißen Rose“ verwickelt werden. Während seine übrigen Freunde zur Famulaturzeit nach Russland geschickt wurden, diente er in einem Luftwaffenlazarett am Eibsee bei Garmisch-Partenkirchen und in Innsbruck. Von dort aus konnte er seine Familie besuchen, die in Lermoos in Tirol wohnte. An den Aktionen der „Weißen Rose“ wirkte er weiter mit und bekam von Hans Scholl die Anregung, ein neues Flugblatt (das siebte) zu verfassen.

Nach der Verhaftung der Geschwister Scholl fand die Gestapo den Flugblattentwurf von Christoph Probst bei Hans Scholl. Die Gestapo konnte den Verfasser ermitteln. Seine Verhaftung erfolgte am 20. Februar, als er einen Urlaubsschein zum Besuch seiner Frau holen wollte, die gerade ihr drittes Kind geboren hatte. Zusammen mit Hans und Sophie Scholl wurde er am 22. Februar 1943 zum Tode verurteilt und am gleichen Tag in München-Stadelheim mit dem Fallbeil hingerichtet. Im Angesicht des Todes hatte er sich noch taufen lassen. Im Abschiedsbrief an seine Schwester hieß es: „Vergiß nicht, daß das Leben nichts anderes ist als das Wachsen in der Liebe und eine Vorbereitung auf die Ewigkeit.
[538]

Gedenktafel im Justizpalast, Prielmayerstraße 3 („Weiße Rose“)

Gedenktafel im Justizpalast, Prielmayerstraße 3 („Weiße Rose“)


Gedenken

I. Gedenktafel im Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität, II. Stock
(„Weiße Rose“)
Universität U3/U6
M (1946)
II. Christoph-Probst-Straße, Freimann
M (1947)
III. Mahnmal im Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität („Weiße Rose“)
Universität U3/U6
M u. LMU (1958)
IV. Bodendenkmal am Haupteingang der Ludwig-Maximilians-Universität
(„Weiße Rose“)
Universität U3/U6
M (1988)
V. Gedenktafel im Justizpalast, Prielmayerstraße 3 („Weiße Rose“)
Karlsplatz (Stachus)
S1–S8 und Tram 19/20/27
M (1993)
VI. Bodendenkmal, Universität (Weiße Rose)
Geschwister-Scholl-Platz
Universität U3/U6
M (1988)
VII. Gedenktafel, Franz-Josef-Straße 13, Schwabing
Giselastraße U3/U6
Privat (1968)
VIII. Gedenktafel, Justizpalast, Prielmayerstraße 3, Altstadt (Weiße Rose)
Karlsplatz (Stachus) S1-8, Tram 19/20/27
M (1993)
IX. DenkRaum, Universität München (Weiße Rose)
Geschwister-Scholl-Platz
Universität U3/U6
FB, LMU u. Weiße-Rose-Stiftung (1997)
X. Hans-Scholl-Halle, Hans-Leipelt-Straße 10, Freimann
Studentenstadt U6
XI. DenkRaum in der Ludwig-Maximilians-Universität („Weiße Rose“)
Universität U3/U6
M u. Weiße Rose Stiftung (1997)
XII. Grabmal auf dem Friedhof Perlacher Forst 73/1/18
Schwanseestraße Tram 27
M (1943, 1992)
XIII. Gedenksäule im Staffelsee-Gymnasium Murnau, Oberbayern
Murnau (1993)
[534]

Gedenken

 Anmerkungen

XIV. Christoph-Probst-Gymnasium Gilching
Talhofstraße 7, 82205 Gilching Gilching-Argelsried S5
KM (1992)
ANLASS UND ENTSTEHUNG
Auf Initiative der Schulleitung erhielt das Christoph-Probst-Gymnasium am 1. August 1992 diesen Namen. Die Namengebungsfeier fand am 16. Februar 1993 im Beisein der Witwe Herta Siebler-Probst und der beiden Söhne Sebastian und Dr. Michael Probst statt.

DENKMAL
In der Schulaula steht seit dem 21. November 1994 eine von der Kunsterzieherin Brigitte Renner geschaffene Bronze-Porträtbüste von Christoph Probst.

SCHULINTERNE SCHRIFTEN
Christoph-Probst-Gymnasium (Hrsg.) (1993): Wir müssen es wagen. Christoph Probst 1919–1943.

INITIATIVEN
Die Gymnasiumsanfänger bekommen am ersten Schultag Informationen über den Namen ihrer Schule; ein Schülervater verteilt weiße Rosen. Außerdem findet jährlich am 27. Januar ein Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus statt. Referate, Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen mit prominenten Persönlichkeiten werden organisiert, ebenso Zeitzeugen-Gespräche.
IXI. Christoph-Probst-Straße in Murnau am Staffelsee, Oberbayern
Murnau (1983)
ANLASS UND ENTSTEHUNG
Auf Initiative des Murnauer Bürgers Jakob Thannhuber wurde in der Nähe des heute noch erhaltenen Geburtshauses von Christoph Probst, der „Leitner-Buck-Villa“ an der Kohlgruberstraße 20, eine Straße nach ihm benannt. Zu X. Gedenksäule im Staffelsee-Gymnasium Murnau , Oberbayern Murnau (1993) [535]

Anlass und Entstehung
Die Bildhauerin Renate Deck schuf für Christoph Probst drei Gedenksäulen. Eine dieser Säulen befindet sich im Murnauer Staffelsee-Gymnasium. Ihre Enthüllung fand im Rahmen einer Feier im Beisein der Witwe Herta Siebler-Probst und seinem Sohn Dr. Michael Probst am 2. März 1993 statt.


Ehrungen

Anfang November findet ein jährlicher Gedenktag für die Mitglieder der „Weißen Rose“ in der Ludwig-Maximilians-Universität München statt.


Filme
1980 Rückkehr nach Murnau. Regie Pierre Guy.
1982 Die weiße Rose. Regie Michael Verhoeven.
1982 Die letzten fünf Tage. Regie Percy Adlon

Literatur Christoph Probst