1.1           Johanna Kirchner

Dem Anschein nach existiert über Johanna Kirchner keine Literatur mit transparenten Quellennachweisen. Ich kann deshalb nur mit eigenen Worten in Anlehnung der Autorenschaft Johanna Kirchner reflektierend würdigen. Sie muss wohl eine lebensbejahende und lebensfrohe Einstellung gehabt haben und half gerne anderen Menschen. Durch ihr Hilfeverständnis brachte sie den nationalsozialistischen Staat gegen sich auf. Sie soll Menschen, die ins Visier der Nationalsozialisten gerieten, aktiv Fluchthilfe geboten haben. Johanna Kirchner, geborene Strunz, am 24. April 1889 geboren, wuchs in einer Frankfurter Arbeiterfamilie auf. Die überzeugte und engagierte sozialdemokratische Mitbegründerin der Arbeiterwohlfahrt musste in den 30er Jahren wegen ihrer Hilfsbereitschaft ins Exil des Saarlands und weiter nach Frankreich flüchten, wo sie ebenfalls ihre Tätigkeit in der Emigrantenhilfe fortsetzte. Für die Emigrantenhilfe musste Johanna Kirchner ständig Informationen zwischen dem "Reich" und Frankreich austauschen. Sie unterhielt weitere Kontakte nach Deutschland und verbreitete Flugblätter. Teilweise sollen ihre Informationen auch die internationale Gewerkschaftsbewegung erreicht haben. Ihre beiden Töchter Inge Kirchner und Lotte Kirchner halfen geheime Botschaften und Flugschriften an entsprechende Adressaten zu schmuggeln und leisteten ebenfalls Widerstand gegen den nationalsozialistischen Staat wie ihre Mutter. Mit der Besetzung Frankreichs durch das nationalsozialistische Deutschland wurde Johanna Kirchner Anfang der 40er Jahre interniert, an Deutschland ausgeliefert und in einem Prozess zu 10 Jahren Haft verurteilt. Nicht genug erschien dies Roland Freisler und er verurteilte sie durch ein Wiederaufnahmeverfahren in einer mehrminütigen Verhandlung zum Tode. Sie starb am 9. Juni 1944 in Berlin-Plötzensee durch Hinrichtung. Der Widerstand ihrer beiden Töchter blieb unerkannt. Beide überlebten den Krieg. Fotos, die Johanna Kirchner zeigen, enthalten ein warmherziges, in Erinnerung bleibendes Lachen, das ansteckt. Ich habe mich viel mit Johanna Kirchner auseinandergesetzt. Die Unterlagen über Johanna Kirchner stimmen einen traurig, so wie unzählige dieser Art. Sie brachte mich zum Widerstandskreis Weisse Rose und deshalb möchte ich an Johanna Kirchner hier im Gedenkbuch ganz besonders lieb erinnern. Sie ist in letzter Zeit bei mir ein wenig zu kurz gekommen.