Chocko eine hundsgemeine
Entführung
Hmmm...., das Leben ist wunderbar. Es könnte wirklich nicht
schöner sein. Wo ich auch hinkomme sind die Menschen nett zu mir.
Na ja die meisten. Wenn sie mich sehen stoßen sie Laute
des Entzückens aus: Schau mal! Ist der nicht niedlich? Ist
der süß! Darf man den streicheln? Wie heißt er denn? Ach,
Chocko heißt er. Chocko, komm mal her! Na komm doch mal zu mir!
Ich bin ja kein Spielverderber. Also mache ich ein freundliches
Gesicht und wedle mit dem Schwanz. Und prompt kommt die Belohnung:
Kraulen und streicheln bis zum Abwinken.
. Besonders hinter meinen Hängeohren gekrault zu werden ist ein
himmlisches Vergnügen für mich. Herrchen hat noch eine andere
Spezialität: Wenn er besonders gute Laune hat und ich besonders
brav war dann darf ich mich auf den Rücken legen und mir wird
von ihm der Bauch bis hinauf zum Hals gekrault. Wunderbar! Die
Menschen sagen ich bin ein Deutsch-Kurzhaar, braun wie
Schokolade. Deshalb hat Herrchen mir auch den Namen Chocko
gegeben. Meine Rasse mag Menschen im allgemeinen und Kinder im
besonderen sehr gerne. Bellen ist nicht ungbedingt meine Art. Das
wäre auch dumm, denn eigentlich bin ich ein Jagdhund und
bellende Jagdhunde kann man nicht gebrauchen.
Hallo! Ich bin Chockos Herrchen. Eigentlich gefällt mir
dieses Wort gar nicht. Ich sehe mich viel eher als seinen
menschlichen Freund. Wir sind ein gutes Team. Manchmal habe ich
wirklich das Gefühl, dass der kleine Kerl mich versteht. Außerdem
ist er durchaus in der Lage mir mitzuteilen was er möchte.
Wir leben an einem der schönsten Plätze der Erde Zypern
einer traumhaften Insel im östlichen Mittelmeer. Ich habe hier
schon vor Jahren meinen Platz gefunden. Das Wetter, die Menschen,
die Berge, das Meer, das Essen ... und vieles mehr sind der Grund
dafür, dass ich hier glücklich bin.
Neben meinem Haus in einem kleinen Dorf in den Bergen steht die
Ruine einer alten Olivenpresse. Die freundliche Hundemutter von
nebenan hatte beschlossen hier ihren Nachwuchs aufzuziehen:
sieben kleine, quiekende und japsende Hundebabys. Einer hübscher
als der andere.
Eines Nachmittags lud ich Freunde ein um ihnen die kleinen
Tolpatsche in der Mühlenruine zu zeigen. Zu meinem Leidwesen war
aber, gerade an dem Tag, von der Mutter und den Hundebabys keiner
zu sehen. Ich wollte mich gerade bei meinen Freunden
entschuldigen als wir hinter einem Stapel alter Bretter ein
Rascheln hörten. Wir schlichen uns vorsichtig heran und
tatsächlich! Da hatte sich einer der Kleinen unter einem Berg
Zeitungspapier versteckt. Mit einem Blick der eine Mischung aus
Misstrauen und Hoffnung auszudrücken schien sah der braune Kerl
uns entgegen. Behutsam hob ich ihn auf und präsentierte ihn
stolz meinen Freunden. Ich kraulte ihn sanft am Hals und sofort hörte
der kleine Kerl auf ängstlich zu zittern. Seine Babyzunge
blitzte zwischen den nadelspitzen Zähnen hervor und er begann
dankbar die streichelnde Hand zu lecken.
Wo mögen denn die anderen Welpen sein? fragten meine
Freunde. Die werden mit der Mutter wohl einen Spaziergang
machen und bald wieder kommen antwortete ich. Und
wenn sie nicht zurückkommt? Was dann?! Macht Euch
keine Gedanken erwiderte ich.Irgend jemand wird sich
schon um ihn kümmern. Ja richtig wurde mir
entgegnet und wir wissen auch schon wer das sein wird!
Langsam wurde mir klar was damit gemeint war. Genau: der kleine
Welpen hatte ein Zuhause gefunden.
Uahh.... Hopla, ich muß aufpassen, dass ich mir beim Gähnen
nicht den Kiefer verrenke. Wo ist Herrchen denn? Ach ja, um diese
Zeit geht er immer in die kleine Bar an der Ecke um ein Bier zu
trinken. Ich darf da leider nicht mit. Erstens verträgt die
Wirtin meine Haare nicht und zweitens war ich einmal so
unvorsichtig im Eingang das Bein zu heben. Seitdem habe ich dort
Lokalverbot. Na ja, dann kann ich ja weiter erzählen.
Nachdem Herrchen mich zu sich genommen hatte wusste ich erst gar
nicht wie mir zumute war. Einerseits war ich unbeschreiblich glücklich
ein richtiges Zuhause zu haben. Andererseits fehlte mir meine
Mama! Wenn ich bisher aufgewacht war konnte ich mich immer gleich
in ihr weiches Fell kuscheln. Sie gab mir zu trinken und leckte
meine Schmerzen weg wenn ich wieder einmal übermütig über
einen Stein gestolpert war. Sie zeigte mir, dass man mit Knochen
nicht nur herrlich spielen konnte sondern dass man mit etwas Glück
immer noch etwas leckeres Fleisch und Mark fand. Und egal wie
ausgelassen meine Geschwister und ich auch auf ihr
herumkrabbelten sie nahm es uns nie übel.
Aber bei Herrchen war es auch sehr schön. Nie zuvor bekam ich so
leckere Sachen in meinen großen Hundenapf. Täglich ging er mit
mir spazieren. Manchmal trug er mich sogar in seiner
Schultertasche. Das war toll. Ich war größer als alle anderen
Hunde. Die Welt sah verändert aus von hier oben. Alle Menschen,
die uns begegneten, gaben mir das Gefühl ich wäre etwas
Besonderes. Überall wurde ich freundlich begrüßt und
gestreichelt.
Eines Nachmittags trug Herrchen mich die Treppe herunter und ging
mit mir in das Haus in dem ich geboren wurde. Niemand kann sich
meine Freude vorstellen als ich sah, wer dort auf mich wartete.
Groß und stolz stand sie da und blickte mir entgegen. Als ich
sie erkannte hielt es mich nicht mehr auf Herrchens Arm. Ich wand
mich und wirbelte herum. Laß mich runter! Bitte, bitte laß
mich runter! Das ist meine Mama! Meine wunderschöne, starke,
kluge Mama! Herrchen setzte mich auf den Boden und im nächsten
Augenblick war ich bei ihr und leckte verzückt ihr Gesicht. Als
wäre ich nie fortgewesen streichelte sie mein Nackenfell mit
ihrer großen Zunge.
Ich rannte immer wieder um sie herum und forderte sie auf mit mir
zu spielen. Wir tollten ausgelassen miteinander herum. Herrchen
war die ganze Zeit in meiner Nähe. Abwechselnd streichelte er
beruhigend Mamas grau-braunes Zottelfell und kraulte mich hinter
den Ohren. Das war seit langem der schönste Tag in meinem Leben.
Immer wieder rannte ich zwischen beiden hin und her,und zeigte
ihnen meine Freude.
Ich war jetzt stolzer Hundebesitzer mit allen Rechten
und Pflichten. Stolz?- Na ja. Rechte? Gegenüber einem Welpen?!
Aber Pflichten gegenüber dem kleinen Kerl gab es mehr als genug.
Zuerst musste ein Name gefunden werden für den süssen
Schmutzfink. Dusty wär schön, so wie der aussieht
meinte ich vergnügt. Willst Du etwa, dass der so staubig
bleibt? war die Antwort. Dann eben Brownie, das
passt doch. Na ja kam es zurück, das ist
zwar treffend, aber langweilig. Warum nicht Chocki, weil er braun
wie Schokolade ist? Chocki klingt nett erkannte
ich den Vorschlag an aber er wird ja nicht immer so klein
sein. Wie wäre es denn mit Chocko? Der Name wurde
einstimmig angenommen und beschlossen.
Die nächsten Schritte beschäftigten sich mit den Themen Sauberkeit
und Gesundheit. Mit exclusiver Hundeseife gab es eine
Grundreinigung meines neuen Freundes. Anschließend bohrte der
Tierarzt unten in der Stadt eine Injektionsnadel in Chockos Fell.
Kein Problem was ist schon eine kleine Spritze für einen
richtigen Hund? Sauber und geimpft machte Chocko einen
ausgezeichneten Eindruck. Sein Fell glänzte wie brauner Samt und
vor Hundekrankheiten war er bis aufs weitere geschützt. Ein
Flohhalsband vervollständigte das Programm.
Nach einigen Tagen fiel mir auf, dass Chockos Mutter in das alte
Gemäuer zurückgekehrt war. Das brachte mich auf eine Idee. Ich
ging mit ihm in die Ruine und wartete gespannt ab, was passieren
würde.
Nach einer kurzen, heftigen und liebevollen Begrüßung spielten
und tollten die beiden ohne Pause miteinander herum. In den
folgenden Tagen brachte ich Chocko immer wieder zu seiner Mutter.
Manchmal wartete sie sogar schon vor meinem Gartentor als wolle
sie ihren Sohn zum Spielen abholen.
Immer öfter ließ ich die beiden für kurze Zeit allein. Kam ich
zurück und rief meinen kleinen Freund, kam er fröhlich
angerannt und begrüßte mich überschwänglich. Seine Mutter
hielt sich vornehm im Hintergrund als wolle sie sagen Mach
Dir keine Sorgen, ich passe schon auf, wenn Du nicht da bist!
Chockos Mutter entwickelte sich zu einem perfekten Babysitter.
Also brachte ich, wenn ich etwas zu erledigen hatte, den Kleinen
zu ihr. Holte ich ihn dann später ab, war er müde und schlief
zufrieden ein.
Das ist ja eigentlich meine Geschichte. Ich verstehe überhaupt
nicht, warum Herrchen immer so viel zu erzählen hat. Ich durfte
jetzt jeden Tag zu Mama.Sie berichtete mir, dass meine anderen
Geschwister auch ein Zuhause hatten. Deshalb war sie heimgekommen.
Sie machte mit mir herrliche Streifzüge durch das Dorf. Ständig
lernte ich mehr von Mama. Sie zeigte mir, wo man Wasser trinken
konnte. Das Tollste aber waren die Hinterhöfe der Restaurants im
Dorf. Ein Paradies für jeden Dorfhund. Knochen und Fleischreste
köstlich so viel man wollte.Ab und zu kam ein
Koch, der eine große Kelle schwang um uns zu verjagen. Aber das
war nicht schlimm. Erstens gab es nebenan gleich noch ein Lokal
mit reichlich gedecktem Tisch für uns und zweitens fand ich
schnell heraus, dass die Köche es gar nicht so böse mit uns
meinten. Im Gegenteil, sie schienen uns zu mögen und platzierten
ab und zu einen besonders leckeren Happen für uns auf dem Hof.
Die meisten kannten mittlerweile sogar schon meinen Namen, verwöhnten
mich mit Nüssen und Streicheleinheiten. Ein herrliches Leben.
Doch an einem sonnigen Nachmittag geschah etwas, das alles veränderte.
Chocko entwickelte sich großartig. Er war der fröhlichste und
liebenswürdigste Welpe, den ich je erlebt hatte. Der einzige
Nachteil seiner Streifzüge mit der Hundemama war, dass er eine
Vorliebe für Schmutz entwickelte. Entgegen meiner Befürchtung
genoß er aber das warme Duschwasser. Er streckte sich regelrecht
und das Einseifen schien er als Streichelmassage zu werten.
Samstag war Badetag. Nach der Dusche rubbelte ich sein Fell mit
einem alten Badetuch. Er sah mich freundlich und dankbar an, schüttelte
sich kräftig und legte sich auf der Terrasse in die Sonne. Ich
hatte noch einige Dinge zu erledigen. Also brachte ich ihn zu
seiner Mutter, ermahnte Madame Hund gut auf ihren Sohn zu achten
und machte mich auf den Weg.
Herrchen scheint meinen Hinweis, sich kurz zu fassen,
verstanden zu haben. Kaum bin ich eingenickt hat er schon wieder
etwas zu erledigen. Ich glaube, er hat eine neue Freundin.
Hoffentlich ist es die kleine Blonde die wir oft im Hafen treffen.
Wann immer wir sie sehen freut sie sich, spielt mit mir und hat
etwas zum Knabbern für mich in der Tasche. Merke: Der Weg zum
Herrchen führt über den Hund. Aber ich schweife ab. Zurück zu
meiner Geschichte.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie wunderbar ich an jenem Tag
duftete. Herrchen hatte ein neues Shampoo für mich gekauft. Mein
Fell glänzte wie Samt und Seide. Anschließend bekam ich mein
neues, rotes Hundegeschirr umgeschnallt. Ich muß in aller
Bescheidenheit feststellen, daß ich eine ausgesprochene Schönheit
war.
Mama wartete schon auf mich. Zur Begrüßung leckte sie zärtlich
über mein glänzendes Fell und gab mir zu verstehen, dass auch
sie von meinem Aussehen beeindruckt war. Die grüne Wiese am
Dorfplatz war genau das Richtige um nach Herzenslust zu spielen.
Wir rannten von einem Ende zum anderen, umkreisten und jagten uns
gegenseitig und stolperten übereinander. Zwischendurch machte
ich kleine Pausen, setzte mich stolz und gerade hin und sonnte
mich in der beifälligen Bewunderung meiner vielen Zuschauer.
Denn gegenüber der Wiese auf den Terrassen der Restaurants saßen
jetzt schon viele Menschen, denen ich meine Kunststücke vorführen
konnte. Beifälliges Nicken und Rufen überzeugten mich davon,
dass ich an diesem wunderschönen Frühlingsabend der Star des
Dorfplatzes war. Mama hatte sich mittlerweile eine Ruhepause im
Schatten gegönnt. Sie war eben doch nicht mehr die Jüngste,
dachte ich und machte mich alleine auf eine Erkundungstour.
Beim Herumtoben hatte ich mein neues Hundegeschirr verloren. Das
würde Herrchen überhaupt nicht gefallen. Ich suchte alle Plätze
ab, an denen ich mit Mama gespielt hatte aber das Geschirr blieb
verschwunden. Irgendwann verlor ich die Lust daran weiterzusuchen
und lief zum Dorfplatz zurück um nach Mama zu sehen. Es war
Abend geworden und die warme Frühlingssonne wurde zu einem großen
roten Ball der sich bald schon hinter den Bergen im Westen zum
Schlafen legen würde. Hoffentlich hatte Mama auf mich gewartet.
Mama war nicht mehr da. Also streifte ich weiter alleine über
den Platz und begrüßte freundlich alle Menschen die mir
begegneten. Viele von ihnen waren mit wunderschönen Autos
gekommen. OH! Auto Fahren!! Das war ein herrliches Vergnügen. Ab
und zu, wenn Herrchen in die Stadt fuhr nahm er mich im Auto mit.
Ich sollte zwar nicht auf den Beifahrersitz klettern, aber es war
einfach zu schön von dort die Welt vorbeirasen zu sehen. Da
Herrchen die Hände zum Fahren brauchte, gab er auch schnell den
Versuch auf mich runterzuscheuchen und ließ mich sitzen wo ich
war. Sieg auf der ganzen Linie!
Und da waren auf dem Dorfplatz diese netten Menschen, die mich in
ihr Auto einluden um mit ihnen eine Runde zu fahren. Das
Menschenweibchen hatte mich freundlich zu sich gerufen: Na,
Kleiner, Du bist aber hübsch. Komm doch mal her zu mir!
Hoch erfreut und mit wedelndem Schwanz lief ich zu ihr. Es gab
Streicheleinheiten und Ohrkraulen für mich. Ich setzte mich und
genaß die Zärtlichkeiten. Das ist ein junger Jagdhund
sagte das Männchen. Der wäre etwas für Deinen Vater.
Ja antwortete sie, Es wäre schön, wenn er
wieder einen Hund hätte. Der Tod seines alten Jagdhundes im
letzten Jahr hat ihn traurig gemacht. Dieser ist noch
jung meinte er darauf. Der lässt sich ausgezeichnet
für die Jagd trainieren. Das ist zwar eine gute Idee
antwortete sie, aber wir können den Kleinen doch nicht
einfach so mitnehmen! Wieso nicht? Der gehört
bestimmt niemandem, er hat ja nicht einmal ein Halsband. He
Kleiner! Fährst Du gerne Auto? Na komm, hopp, spring rein!
Siehst Du? Er möchte mit uns mitkommen. Sonst säße er jetzt
nicht im Wagen. Sicher gibt es niemanden, der sich um ihn kümmert.
Wenn ich damals doch schon die Menschensprache besser verstanden
hätte. Dann wäre das alles nicht passiert. Von wegen niemand kümmert
sich um mich! Da kennt ihr aber mein Herrchen schlecht. Aber wie
gesagt..... Ich verstand wohl die Einladung zum Autofahren, aber
der Grund dafür war mir nicht klar. So nahm das Unglück seinen
Lauf.
Als ich am Abend nach Hause kam ging ich wie gewohnt zur Olivenmühle
um Chocko bei seiner Mutter abzuholen.Ich rief nach ihm und
wartete darauf, dass er munter schwanzwedelnd angerannt kam. Aber
da war kein Chocko. Ich pfiff nach ihm. Aber vergeblich. Also
machte ich mich auf den Weg um ihn im Dorf zu suchen. Unterwegs
traf ich seine Muttter. Wo hast Du Deinen Sohn gelassen?
Sie sah mich an als ob sie mir etwas sagen wollte. Wenn Du
willst meinte ich, können wir ihn ja zusammen suchen.
Vielleicht finden wir ihn. Du hättest wirklich besser auf ihn
achten können. brummte ich vorwurfsvoll. Jetzt müssen
wir in der Nacht das ganze Dorf absuchen. Schuldbewusst
klemmte sie den Schwanz ein, winselte leise und blieb auf unserer
weiteren Suche dicht an meiner Seite. Keine Straße, keine Ecke,
keinen Platz gab es im Dorf an dem wir nicht gesucht hätten.
Aber Chocko blieb verschwunden. Traurig und enttäuscht ging ich
nach Hause.
Bevor ich einschlief drehten sich meine Gedanken nur um den
kleinen Hund. Ich hatte ihn lieb gewonnen. Meine gewohnten
Tagesabläufe, hatten sich durch den braunen Wirbelwind auf vier
Beinen total geändert. Es gefiel mir und ich wünschte mir von
ganzem Herzen, mein Hundebaby zurück. Das rote Hundegeschirr,
das ich auf der Dorfwiese gefunden hatte, machte mich noch
unruhiger. Ohne den Hund, dem ich es am Morgen umgeschnallt hatte
wirkte es auf mich irgendwie verloren. Doch ich gab die Hoffnung
nicht auf. Irgendwie würde ich meinen kleinen Freund
wiederfinden. Ich wusste nur nicht wie.
Um mich herum war es dunkel. Die fremden Menschen hatten mich
reingelegt. Erst laden sie mich zu einer Autofahrt ein und dann
sperren sie mich nach wenigen Metern in den Kofferraum. Dabei
habe ich doch nur auf den Beifahrersitz gewollt. Aber da saß
schon das Menschenweibchen. Ich hatte wirklich nur mit einem ganz
leisen Bellen mein Recht auf diesen Platz angemeldet. Schon war
das Männchen auf die Bremse getreten und hatte das Auto
angehalten. Das war eine kurze Fahrt dachte ich noch,
als ich schon von großen Händen hochgehoben und in den
unbequemen, dunklen Kofferraum verfrachtet wurde. Dort lag ich
nun und hatte Angst. Bei jedem Bremsen wurde ich nach vorne
geschleudert. Hatte ich mich gerade wieder aufgerappelt kam eine
Kurve und ich plumpste auf die Seite. Und das Alles bei völliger
Dunkelheit. So hatte ich mir die Autofahrt nun wirklich nicht
vorgestellt. Also kauerte ich mich auf den Boden und versuchte
nicht in Panik zu geraten.
Nach einer endlos langen Fahrt wurde das Auto angehalten und der
große Kofferraumdeckel über mir geöffnet. Na endlich bin
ich wieder zu Hause freute ich mich. Aber zu Hause
sah anders aus. Wieder kamen die großen fremden Hände und hoben
mich aus dem Auto. Ich zitterte vor Angst am ganzen Körper. Was
würde als nächstes mit mir geschehen? Ich war müde und freute
mich auf eine weiche Decke an einem warmen Platz damit ich mich
von den Strapazen des Tages erholen konnte. Aber das Grauen nahm
kein Ende. Ein altes, verdrecktes Lederhalsband wurde mir
umgeschnallt und an einer langen, scheußlich klirrenden Kette
befestigt. So schnell wurde man also vom freundlichen Dorfhund
zum Kettenhund in einer fremden Stadt.
Ich befand mich auf einem düsteren Hinterhof. Die Kette, mit der
man mich gefesselt hatte war mit einem rostigen Eisenring
verbunden, den man an einer brüchigen Backsteinmauer befestigt
hatte. Überall lag Gerümpel herum. Immer wieder verhakte sich
die Kette an einem Blech oder einem Stück Holz das herumlag. Bei
jedem Versuch mich zu befreien wurde ich regelrecht stranguliert.
Ich hatte Angst. Ich hatte Heimweh. Ich hatte Hunger und Durst
und mir war kalt. Verzweifelt weinend rollte ich mich auf dem
ungemütlichen Steinboden zusammen und versuchte zu schlafen.
Am nächsten Morgen wurde ich durch fremde Menschenstimmen
geweckt. Das ist ein hübscher Kerl hörte ich jemand
sagen. Wir werden sehen, ob wir aus ihm einen richtigen
Jagdhund machen können. Aber um das zu erreichen benötigt er
eine strenge Erziehung. Dann wurde es wieder still um mich.
Vorsichtig öffnete ich die Augen. Ich brauchte mich nicht mehr
schlafend zu stellen, denn der Hof war leer. Neben mir entdeckter
ich eine Schüssel mit Wasser und einem Napf halbvoll mit
undefinierbaren Essensresten. Auch bei Tageslicht konnte man
nicht behaupten, dass meine neue Umgebund schön gewesen wäre.
Rund um den Hof waren hohe, unüberwindbare Mauern. An einer
Seite dieses Gefängnisses stand ein altes Haus das mich
unentwegt mit zwei matten, vergitterten Fenstern anstarrte. Am
Tag brannte die Sonne heiß in den Hof, und niemand kam um mir
etwas Schatten zu geben. Die Wasserschüssel war längst
leergetrunken. Erst am Abend kam eine Frau zu mir. Ich hoffte,
sie würde mich befreien und wedelte glücklich mit dem Schwanz.
Aber sie streichelte mich nicht ein einziges Mal. Sie warf mir
nur einen alten Knochen zu, füllte Wasser auf, ging ins Haus zurück
und schaltete das Licht aus.
Auch an den folgenden Tagen blieb Chocko wie vom Erdboden
verschwunden. Wieder und wieder durchstreifte ich das Dorf auf
der Suche nach meinem Hundebaby. Jeder, den ich fragte hatte
entweder nichts gesehen oder wartete mit einer abenteuerlichen
Geschichte auf. Des öfteren wurde erzählt, Chocko sei von zwei
Dorfjungen eingefangen und davongezerrt worden. Doch der kleine
Hund, der von den Jungeen mitgenommen worden war entpuppte sich
als Chockos Zwillingsbruder.
Ich uberlegte was ich noch tun sollte um Chocko zu finden. Ich
startete einen letzten Versuch um ihn ausfindig zu machen. An
verschiedenen Stellen im Dorf befestigte ich Poster mit dem Bild
meines Hundes und der Bitte mich anzurufen, wenn jemand etwas
gesehen hätte.
Der Erfolg dieser Aktion war in der Hauptsache, dass alle im Dorf
jetzt Chockos Namen kannten und ich immer wieder gefragt wurde,
ob ich schon etwas von dem Verbleib meines Welpen gehört hätte.
Das Dumme war, ich wollte keine Fragen, sondern Antworten hören.
Die Tage meiner Gefangenschaft vergingen in trostloser Eintönigkeit.
Die Kette, an die ich gefesselt war, wurde durch meine
erfolglosen Befreiungsversuche von Tag zu Tag kürzer. Sie
verhakte sich mehr und mehr und niemand sah die Notwendigkeit
meine Situation etwaqs angenehmer zu gestalten warum auch?
Ich war ja nur ein nutzloser kleiner Hund der später einmal als
Treiber auf der Jagd benutzt werden sollte. Bis es so weit war,
konnte ich froh sein, dass ich überhaupt etwas zu essen und
trinken bekam. Von wegen nutzlos! Wenn die wüssten, was für
wunderbare Kunststückchen ich schon gelernt hatte. Ich konnte
mich auf der Jagd nach meiner Schwanzspitze drehen wie ein
Wirbelwind. Alle Menschen hatten das bisher ganz toll gefunden.
Meine Purzelbäume und Luftsprünge waren jedes Mal ein toller
Erfolg und wurden mit Beifallsrufen und Leckereien belohnt. Aber
hier, in meinem Gefängnis, wollte das niemand sehen. Wenn ich
einmal einen Sprung versuchte wurde ich brutal von der Kette zurückgerissen.
Wenn ich doch nur wieder bei meinem Herrchen wäre. Zu Hause war
es warm und sicher. Und ich wurde geliebt.
Ich glaubte mittlerweile nicht mehr an Chockos Rückker.
Ich versuchte mich mit der Situation abzufinden und mich den
normalen Aufgaben des täglichen Lebens zu stellen ohne jeden
Moment an meinen verlorenen Hund zu denken.
Doch manchmal, wenn man es überhaupt nicht erwartet, hält das
Leben wunderbare Überraschungen für einen bereit... Das Telefon
klingelte: Hallo, ich habe gehört, dass Dein Hund
verschwunden ist. Tut mir leid, dass ich mich jetzt erst melde.
Ich war ein paar Tage verreist. Ich habe vorigen Sonnabend
gesehen wie zwei Leute mit Deinem Hund weggefahren sind. Hab mir
gleich gedacht, dass da etwas nicht in Ordnung ist und mir
vorsichtshalber ihre Autonummer aufgeschrieben. Vielleicht hilft
Dir das ja bei Deiner Suche. Hast Du was zum Aufschreiben? Ich
gebe Dir die Nummer durch.
Es war der Besitzer des Terrassenrestaurants unten im dorf. Jeden
Tag hatte er Chocko auf der Wiese vor seinem Lokal spielen sehen
und konnte sich nicht erklären warum fremde Menschen den Hund in
ihr Auto luden.
Nordzypern ist klein. Jeder kennt jemanden, der einen kennt um
Kontakt zu jemandem herzustellen, der einem helfen kann. So war
es auch in diesem Fall. Ein Freund von mir kannte jemanden bei
der Polizei. Mit der Hilfe dieses freundlichen Polizisten war es
nicht allzu schwer anhand der Autonummer den Besitzernamen und
seine Telefonnummer herauszufinden.
Voll banger Ungeduld wählte ich die Nummer. Guten Abend.
Entschuldigen Sie, dass ich Sie um diese Zeit störe. Waren Sie
am Sonnabend voriger Woche mit ihrem Wagen in unserem Dorf und
haben einen jungen Hund mitgenommen? Ach, sie waren krank an
diesem Wochenende und haben den Wagen ihrem Bruder geliehen. Würden
Sie mir freundlicherweise seine Nummer geben? Es ist wirklich
wichtig für mich.
Der Bruder war an dem Abend nicht zu erreichen. Am nächsten Tag
hatte ich mehr Glück: Ja, wir haben einen Hund
mitgenommen; ein kleiner verdreckter Steuner ohne Halsband.
Klein, das kam hin. Aber verdreckt?!! Chocko war an dem Tag
gebadet worden. Sein Fell hatte geglänzt, daqß es einen fast
blendete. Ein lahmer Versuch die Entführung zu verharmlosen. Wo
ist der Hund denn jetzt? Kann ich ihn sehen? Das wird
schwierig. Er ist bei den Eltern meiner Freundin. Ich werde dort
anrufen und fragen. Danke antwortete ich
das ist nett von Ihnen. Sie melden sich wieder bei mir? Prima
bis dann.
Am späten Abend ging in dem Haus plötzlich das Licht an und
ich hörte Stimmen aufgeregt durcheinander wirbeln. Was war denn
plötzlich los? In den letzten Tagen hatte um diese Zeit immer
Grabesstille geherrschtr. Aber jetzt war die schimpfende dunkle
Stimme eines aelteren Mannes zu hören. Weinerlich meldete sich
die junge Frau, die mich entführt hatte und dazwischen
krakeelten immer wieder meine Kerkermeisterin. Ich denke
das war ein Streuner! hörte ich den Mann schimpfen. War
er ja auch. Niemand war bei ihm und er hatte kein Halsband
jammerte die junge Frau. Es ist wie es is. zeterte
die Alte. es soll uns erst einmal jemand beweisen, dass der
kleine Köter nicht uns gehört! Richtig
stimmte der Mann besänftigt zu. Das wird mal ein
ausgezeichneter Jagdhund. Wenn ich den trainiert habe lässt der
sich sogar zu Geld machen.
Na so was es ging anscheinend um mich. Irgendetwas musste
passiert sein. Sollte mein Herrchen mich gefunden haben? Aber
nein, das war nicht möglich. Ich war so weit fort von zu Hause
und die fremde Stadt war so groß.... Ich ließ die Ohren wieder
traurig hängen und rollte mich frierend zusammen. Im Haus wurde
es ruhiger. Etwas später wurde das Licht gelöscht und mein Gefängnishof
bedrängte mich wieder mit seiner dunklen Stille. Ach
Herrchen.... dachte ich seufzend. Dann schlief ich ein und
träumte von meinem Dorf, meiner Mama, der Wiese, den netten
Menschen und meiner warmen Decke vor Herrchens Ofen.
Ich wartete vergeblich auf den versprochenen Rückruf. Also rief
ich wieder an: Hallo, haben Sie Ihre Schwiegereltern
erreicht? Ja, habe ich. Aber die wollen den Hund
nicht zurückgeben. Sie meinen, da er ein Streuner war dürften
sie ihn auch behalten. Morgen wollen sie mit ihm zum Tierarzt.
Aber es ist mein Hund erwiderte ich. Und beim
Tierarzt war er längst. Er hat alle seine Impfungen.
Ihre Auslagen werden meine Schwiegereltern Ihnen bestimmt
ersetzen und sie besorgen sich einfach einen neuen Hund.
Mein Blut begann zu kochen. Haben Sie das jetzt wirklich
gesagt? Habe ich Sie richtig verstanden? Es ist zwar nur ein
Streuner aber Sie ersetzen meine Auslagen. Und ich soll mir einen
Neuen besorgen? Ja, genau kam die prompte
Antwort. Meine Schwiegereltern meinen, so sei es am
einfachsten und alle wären zufrieden. Sagen Sie
denen, ich bin keineswegs zufrieden! Und ich habe auch nicht die
Absicht mit meinem Hund Handel zu treiben. Sie werden von mir hören!
Ich hatte keineswegs die Absicht meinen kleinen Freund zu
verschachern. Aber was konnte ich tun? Ein Hund war für viele
Menschen nur ein zeitweise nützliches Tier. Ein beweglicher
Gegenstand auf vier Beinen, den man für die Jagd dressieren
konnte. Aber ich wusste wenigstens, dass Chocko lebte und wo er
war. Ich würde ihn nach Hause holen.
Die folgende Nacht war wieder einmal sehr unruhig. Aber diesmal
weniger, weil ich mir Sorgen um Chocko machte, sondern weil ich
ausgesprochen wütend war. Was bildeten sich diese Leute
eigentlich ein? Erst stehlen sie meinen Hund und empfinden das
als normalste Sache der Welt. Dann, nachdem sie ertappt worden
sind meinen sie ich könne mir einfach ein neues Spielzeug
besorgen. Seltsame Logik! Am Morgen stand mein
Entschluß fest: Ich suchte Chockos Impfbuch und ein Foto von ihm
mit mir heraus und fuhr in die Stadt um mich der Staatsgewalt
anzuvertrauen. Hüssein war ein sehr freundlicher Mann. Mein
Freund Mehmet machte mich mit ihm bekannt. Das ist Hüssein,
mein Schwager. Er wird Dir bestimmt helfen können. Er leitet
hier das Kriminalkommissariat.
Kriminalpolizei? meinte ich zurückhaltend ist
das nicht ein wenig dick aufgetragen für einen Hund?
Mag schon sein erwiderte Hüssein. Aber es geht
hier in erster Linie darum, dass man sich auch bei uns nicht
einfach alles nehmen kann, was einem gefällt. Außerdem bist Du
Mehmets Freund. Es wäre unverzeihlich, wenn ich Dir nicht helfen
würde. Gib mir doch bitte die Telfonnummer von dem Hundedieb!
Unter einem Berg von Akten fand er das Telfon und gab die Nummer
ein.
Kaum wurde das Gespräch entgegengenommen begann Hüssein auch
schon zu reden wie ein türkischer Wasserfall. Zuerst freundlich
und bestimmt; dann, nach einer kurzen Pause, mit einer militärischen
Knappheit, die an seiner Autorität nicht den geringsten Zweifel
ließ. Nach wenigen Minuten knallte er den Hörer auf die Gabel,
schnaufte noch einmal verächtlich und sah mich an. Was
ist? fragte ich verzweifelt. Geben sie den Hund nicht
raus?
Seine Gesichtszüge glätteten sich. Das sollten die sich
mal trauen. Heute Abend hast Du Deinen Hund wieder. Jetzt
entschuldige mich bitte.Ich muss mich noch um einige andere
Gauner kümmern. Er gab mir kurz die Hand, klopfte mir
freundschaftlich auf die Schulter und überließ mich einer Wolke
voller Glückseligkeit. Eine Woche voller Sorgen um den kleinen
Hund sollte beendet sein? Durch ein zweiminütiges Telefongespräch
wie durch ein Fingerschnippen? Ich fragte Mehmet auf der
Heimfahrt wie das möglich war. Ganz einfach
antwortete der Hüssein hat damit gedroht offizielle
Ermittlungen einzuleiten. Das hat gereicht. Bei so einer
Untersuchung bleibt immer irgendetwas hängen.
Jetzt hatte Herrchen wirklich eine Menge zu berichten. Aber
das ist schon in Ordnung, denn bei mir hatte die ganze Zeit
nichts als schreckliche Langeweile geherrscht. Bis dann, an
diesem Nachmittag das Haus und der Hof erfüllt waren von
wirbelnder Geschäftigkeit. Schimpfen, Schreien, Jammern und
Weinen wechselten sich ab. Ich bekam schreckliche Angst. Was würde
jetzt geschehen. Die Tür wurde laut aufgestoßen und knallte
gegen die Hofmauer. Voller Panik machte ich mich so klein wie möglich
und versteckte meinen Kopf unter den Vorderpfoten. Doch das half
nichts. Ich wurde trotzdem gefunden, brutal hochgehoben und von
der Kette befreit.
Ängstlich kniff ich die Augen zusammen als der Kofferraum eines
Autos geöffnet und ich hineinverfrachtet wurde. War ich verkauft
worden? Aber ich hatte doch noch gar kein Training. Halt,
stehen bleiben! Ich bin doch noch gar kein Jagdhund! Mich kann
man für die Jagd überhaupt nicht gebrauchen. Bitte nicht
verkaufen! Ich bin doch gar nichts wert! Aber niemand hörte
und verstand mich. Für die Menschen war das was ich rief nur klägliches
Winseln. Es half nichts. Die Klappe wurde zugeschlagen und um
mich herum war finsterste Nacht.
Nach einer Fahrt die mir unendlich lang vorkam hielten wir und
ich wurde aus meinem Verließ geholt. Anschließend zerrte man
mich in ein großes weißes Haus. In dem man schon auf uns zu
warten schien.
Zwei Männer mit Uniformen sahen meine Kerkermeister zuerst
streng und mich darauf sehr freundlich an. Der eine kraulte mich
sogar hinter den Ohren. Das ist ja nicht zu fassen
dachte ich beglückt. Es gibt auch noch nette Menschen die
wissen, was einem Hund wie mir zusteht. Nachdem sich mein
Bewacher einige sehr ernst gesprochene Worte von den beiden Männern
anhören musste verließ er mit gesenktem Kopf das Zimmer. Ich
sollte ihn nie wieder sehen.
Einer der Uniformierten gab mir ein leckeres Wurstbrot. Zufrieden
rollte ich mich in einer Zimmerecke zusammen und döste weiteren
Ereignissen entgegen.
Ausgerechnet an diesem Abend hatte ich noch eine geschaeftliche
Verabredung. Ich konnte diesen Termin schlecht mit der Begründung
absagen ich müsse mich um meinen gestohlenen Hund kümmern.
Leicht zerstreut und nicht besonders aufmerksam saß ich vor
einem Teller und hatte Mühe dem Gespräch zu folgen als das
Mobiltelefon in meiner Tasche summte. Ich entschuldigte mich kurz
bei meinen Gesprächspartnern und nahm das Telefonat an. Was?
Er ist wirklich da! Das ist ja wunderbar. Ob ich jetzt kommen
kann? Das wird schwierig. Ich bin mitten in einer Besprechnung.
Ja sicher, wenn Sie gleich Dienstschluß haben muß ich mir etwas
einfallen lassen. Ich verspreche Ihnen, dass er in den nächsten
30 Minuten abgeholt wird.
Oh, war das schön endlich wieder beschützt zu schlafen.
Aber der Genuß war nur kurz. Schon bald wurde ich durch
Menschenstimmen geweckt. Träge öffnete ich die Augen um zu
sehen wer meine Ruhe störte. Die beiden Polizisten unterhielten
sich mit einem Mann, der vor dem großen Schreibtisch stand.
Neugierig sah ich mir den Besucher an.
War denn das zu glauben? Der Mann sah aus wie Erkan, der
freundliche Taxifahrer aus unserem Dorf. Erkan, Erkan, bist
Du es wirklich? japste ich. Er beugte sich zu mir herunter
und streichelte mir freundlich den Kopf. Ja- es war Erkan. Meine
Freude kannte keine Grenze. Ich wedelte heftig mit dem Schwanz um
ihm zu zeigen, dass ich ihn erkannt hatte, sprang an seinen
Beinen hoch und genoß die kleinen Zärtlichkeiten, die er mir
zukommen ließ. Keine Frage sagte einer der Beamten,
der Hund kennt und mag Dich. Nimm ihn mit und bring ihn
sicher nach Hause!
Erkan nahm den alten Strick und führte mich hinaus. Draußen
stand sein wunderschönes schwarzglänzendes Taxi. Nein, ich
musste nicht wieder in den Kofferraum. Mit einer höflichen Geste
öffnete Erkan die Beifahrertür und forderte mich auf
einzusteigen. Das leiß ich mir nicht zweimal sagen. Mit einem
eleganten Sprung landete ich auf dem Beifahrersitz. Das war der
Platz, den ich liebte. Stolz setzte ich mich auf um während der
Fahrt auch alles sehen zu können. He! rief ich den
anderen Hunden auf der Straße zu könnt Ihr mich sehen?
Ich bin`s Chocko. Erkan bringt mich nach Hause. Endlich
nach Hause!
Nach kurzer Fahrt erreichten wir unser Dorf. Erkan hielt an und
hupte kurz. Eine Tür ging auf und da war er MEIN HERRCHEN!
Überglücklich sprang ich auf seinen Arm. Herrchen, ich
hab Dich so vermisst wimmerte ich und leckte ihm liebevoll
über das Gesicht. Er drückte mich zärtlich an sich und um
seine Augen schmeckte es salzig.
Komm mein Kleiner flüsterte er mir ins Ohr. Du
wirst müde sein; wir gehen heim. Doch ich musste nicht
gehen. Herrchen trug mich als wollte er mich nie wieder los
lassen.
Calo v. Oss, 2006
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