Wie ruft man eine DX-Station mit CW-Pileup an ?

DL3GA's Sicht bzw. Meinung

Operatoren von DXpeditionen sind meist daran interessiert, möglichst viele QSOs in der gegebenen, oft knappen Zeit zu schaffen. Dabei sind sie auf die Kooperation der Anrufer angewiesen, die also gewisse Regeln beherzigen sollten. Wer selbst schon einmal an einer seltenen DX-Station gearbeitet hat, hat eine gute Vorstellung. Alle anderen sollten sich folgendes durchlesen und ihr Verhalten ggf. anpassen.

1. Hektik vermeiden

Es kommt ein interessanter Cluster-Spot rein oder ich bin auf eine seltene DX-Station gestoßen. Und jetzt?
Der erste Anruf sollte nicht gleich reflexhaft im ersten Adrenalinstoß erfolgen. Einfach zu groß ist die Gefahr, einen Fehler zu machen. Bin ich sendebereit auf diesem Band? Ist die Endstufe abgestimmt? Muss ich Split machen? Auf welcher Frequenz sollte ich senden?
Ausnahme: Wenn ich das zweite CQ nacheinander höre, kann ich einen schnellen Versuch mit 100W wagen.

2. Endstufe abstimmen

Evtl. braucht die Endstufe nach Bandwechsel eine neue Abstimmung. Dafür suche ich mir in Ruhe eine freie Stelle im Band. Dort sende ich mehrfach für kurze Zeit, bis die Abstimmung OK ist. Stellt sich zwischendurch heraus, dass diese Stelle doch nicht frei ist, suche ich mir eine andere freie Stelle.
Leider senden manche Leute zum Abstimmen der Endstufe Dauerstrich mitten in den Pileup. Bitte nicht nachmachen !!! Der DX-Operator sucht schließlich den Pileup nach Anrufern ab. Leute, die ihre Endstufe abstimmen, sind das letzte, was er dabei hören möchte.
Und die Sendefrequenz der DX-Station ist die absolut ungeeignetste Stelle, um meine Endstufe abzustimmen - siehe 1.

3. CW-Geschwindigkeit anpassen

Es hat sich bewährt, für den Anruf eine Geschwindigkeit zu wählen, die etwas unterhalb der Geschwindigkeit der DX-Station liegt.
Die Geschwindigkeit der DX-Station ist viel zu hoch für mich? Eine DX-Station mit großem Pileup wird kaum ihre Geschwindigkeit für mich reduzieren, selbst wenn ich in meiner langsamen Lieblings-Geschwindigkeit anrufe. Ich muss mir also etwas einfallen lassen, um mitzubekommen, dass ich ein QSO habe. Ich kann z.B. eine Audioaufzeichnung mitlaufen lassen, um später in Ruhe nachzuprüfen, ob die DX-Station wirklich mein Rufzeichen gab.
Oder: diesmal nicht mitrufen und hoffen, dass die DX-Station später mit langsamerer Geschwindigkeit arbeitet.
Übrigens sollte ich auch die Sende-Nachlaufzeit anpassen, also die Zeit, für die mein Radio bei CW-Betrieb auf Sendung bleibt, bevor es auf Empfang zurückschaltet. Die Zeit so kurz wie möglich sein, damit ich nach dem senden meines Rufzeichens sofort wieder hören kann. Sie sollte aber auch so lang sein, dass nicht während der Sendung meines Rufzeichens dauernd umgeschaltet wird.

4. Eigenes Rufzeichen nicht senden

Zunächst gibt es viele Situationen, in denen ich mein Rufzeichen nicht senden sollte. Manche Anrufer senden ihr Rufzeichen, sobald die DX-Station irgendwas gesendet hat. Das tun leider viele und geben damit ein schlechtes Beispiel. Bitte nicht nachmachen !!! Das ist absolut kontraproduktiv! Die DX-Station ist nur dann an meinem Rufzeichen interessiert, wenn sie mit einem QSO fertig ist. Sie sendet dann meist TU für "thank you". Diesen Moment muss ich erkennen, erst dann kann ich meinen Anruf starten.

5. Eigenes Rufzeichen senden

Mein Rufzeichen sende ich grundsätzlich nur ein Mal, dann höre ich. Ein guter CW-Operator nimmt mein Rufzeichen auf Anhieb auf. Sende ich mein Rufzeichen immer doppelt, ist die Wiederholung bestenfalls Zeitverschwendung. Im schlechteren Fall dopple ich mit der DX-Station und bekomme nicht mit, dass ich ein QSO habe. Das kostet noch mehr Zeit!
Ausnahme: Wenn die DX-Station nach dem Ende eines QSOs immer recht lange braucht, um den nächsten Anrufer aufzunehmen. Der Grund könnte sein, dass die DX-Station nach jedem QSO am VFO-Knopf dreht. Dann könnte es geschickter sein, mein Rufzeichen doppelt zu geben.
Wenn der DX-Operator ein Rufzeichen-Fragment sendet, das in meinem Rufzeichen vorkommt, darf ich nochmal senden - sonst gilt 4. Viele DX-Operatoren senden Fragmente ohne Fragezeichen, weil nach einem Fragezeichen sowieso der halbe Pileup sein Rufzeichen sendet.

6. Es dauert bis ich drankomme

Wer kennt das nicht: Ich rufe und rufe, aber ich komme nicht dran. Die DX-Station loggt einen Anrufer nach dem anderen, aber ich bin nicht dabei. Diese Zeit kann ich nutzen, um das Verhalten der DX-Station zu analysieren – den Pileup zu „lesen“. Kann ich an einer günstigen Stelle rufen, um schneller mein QSO zu bekommen? Vielleicht hört der DX-Operator immer an der gleichen Stelle? Oder dreht er den VFO immer weiter nach oben? Oder erkenne ich irgendeine andere Auffälligkeit, die ich nutzen kann? Ich kann die Zeit auch nutzen, um aus der Endstufe noch ein paar Watt mehr herauszukitzeln.
Wenn die DX-Station einen Anrufer mehrfach aufruft, kann das mehrere Gründe haben. Ein Grund ist, dass der Anrufer sich nicht mehr meldet. Ein anderer ist, dass er gestört wird. Wenn ich in dieser Situation mein Rufzeichen sende, kann ich den Anrufer zusätzlich stören. Es gilt 4., bis der DX-Operator das QSO macht oder klar zu verstehen gibt, dass er wieder auf andere Anrufer hört.

7. Es dauert und dauert, aber ich komme nicht dran

Es handelt sich offenbar um einen richtig großen Pileup. Der DX-Operator kann aber eben nur ein QSO nach dem anderen machen. Hier lautet die goldene Regel: Nerven behalten! Drohen die Nerven zu versagen, eine Pause machen! Bitte nicht automatisch alle paar Sekunden das Rufzeichen senden, siehe 4.
Bin ich schon frustriert und stört dann auch noch jemand die Sendefrequenz der DX-Station, könnte ich versucht sein, zum "Polizisten" zu werden: Den Störer mal so richtig beschimpfen - natürlich auf der DX-Sendefrequenz. Bitte nicht !!! Das hilft nicht weiter und zögert die Rückkehr zum geordneten Pileup-Betrieb nur hinaus. Lieber eine Pause machen!

8. Und plötzlich bin ich dran !

Plötzlich gibt die DX-Station mein Rufzeichen und 5NN. Was nun?
Die beste Antwort ist ein kurzes „5NN“ oder „5NN TU“, besonders in sehr heftigen Pileup-Situationen.
Viele Anrufer, besonders die aus Europa, geben zunächst nochmal ihr Rufzeichen. Warum nur? Die DX-Station hat es doch gerade (korrekt) gesendet.
Dann kommt, wiederum besonders oft aus Europa, eine Kombination von CFM, QSL, RR, BK, TNX; ein 5NN; und schließlich 73, GL, CU, TU, dit dit. All das ist sicher nett gemeint und lässt sich auch schön bequem per Speichertaste oder Computer senden. Aber je heftiger der Pileup, desto eher will der DX-Operator nur meine Bestätigung, dass er das QSO beenden und speichern kann. Manche Anrufer beginnen wieder ihr Rufzeichen zu senden (und ignorieren damit 4.), wenn die DX-Station ein paar Sekunden nicht gesendet hat, weil sie einer überlangen Verabschiedung zuhört. Damit wird es für den DX-Operator immer schwieriger, das Ende der Sendung zu erkennen.
Übrigens ist besonders ein "TU dit dit" am Ende meiner Sendung höchst ungeschickt. Die DX-Station sendet nach meinem TU schnell ihr eigenes TU und doppelt folglich mit meinem "dit dit". Jetzt fehlt mir die Bestätigung, dass der DX-Operator das QSO wirklich geloggt hat.

9. Aber war das wirklich mein Rufzeichen ?

Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich mein Rufzeichen war? Mögliche Gründe und Abhilfe wurden unter 3. behandelt. Aber vielleicht wurde die DX-Station gestört oder verschwand durch QSB kurz im Rauschen?
Bin ich mir sicher, dass es „nur beinahe“ mein Rufzeichen war, dann eher siehe 4. In den meisten Fällen ist es tatsächlich geschickter, nicht zu senden. Wenn die DX-Station wirklich mich meinte, wird sie nachfragen und das ist meine Chance, nochmal zu prüfen ob es wirklich mein Rufzeichen war, bzw. es zu korrigieren.
Im Zweifelsfall das QSO immer loggen und mit einem Vermerk "nicht sicher" versehen. Finde ich das QSO später im Online-Log, kann ich den Vermerk getrost wieder löschen.

10. Ich glaube, ich bin dran, aber die DX-Station wird plötzlich gestört

In dieser Situation ist eine Idee, einfach nur "QRM" zu senden und dann zu hören. Der DX-Operator weiß jetzt, dass er gestört wird, und kann Gegenmaßnahmen versuchen. Vielleicht hört er auf seiner Sendefrequenz und wartet einfach ab, bis sie wieder frei ist. Vielleicht sendet er auch ein halbes kHz tiefer weiter - vor allem wenn die Störung andauert. Also ruhig auch mal "neben" seiner Frequenz hören.

11. Ich habe mein Rufzeichen aus Versehen falsch gegeben, da bin ich dran

Das sollte ich vermeiden, indem ich im Pileup mein Rufzeichen immer per Speicher sende. Wenn das mal nicht geht, wähle ich eine Geschwindigkeit, in der ich mein Rufzeichen sicher geben kann. Ist es dennoch passiert und ich wurde ausgerechnet in dem Moment gehört, als ich es mal falsch gegeben habe, gibt es zwei Möglichkeiten. Ich kann mein Rufzeichen sofort nochmal senden (diesmal unbedingt korrekt) und hoffen, dass der DX-Operator es korrigiert. Oder ich sende erstmal nichts, siehe 9.

Fazit

Wie oben geschrieben, handelt es sich um DL3GA's Sicht der Dinge, basierend auf der Erfahrung aus vielen Stunden in Pileups auf beiden Seiten. Natürlich darf jeder anderer Meinung sein und sich auch im Pileup anders verhalten. Wer das mit mir sachlich diskutieren möchte, findet meine Mailadresse auf der Hauptseite.