VON DEN GLOCKEN


1. Die kleine Bronzeglocke , die in beiden Weltkriegen verschont blieb und die die älteste ist, stammt aus dem Jahre 1521 , ist 200 kg schwer, ohne Krone 5,2 cm hoch und 64 cm breit. Wahrscheinlich hat sie Heinrich Mente in Braunschweig gegossen. Sie ist mit hängenden Blättern schön verziert und hat in alter Schrift diese Umschrift: anno Dmi = M = CCM = XXI = IAR = Help Got = Maria = Sancte = Anna =. Sie ist die Betglocke, deren Geläut morgens, abends und mittags erklingt. Zugleich ist sie das Sterbeglöcklein und läutet zusammen mit den beiden großen Glocken das Sterbe= und das Begräbnisschauer.

Von einer zweiten alten Glocke berichtet die Chronik: I. J. 158o ist Gandersheim abgebrannt. Als ein Zimmermann hier gesehen, daß die Stadt in Feuer gestanden, ist er, um Sturm zu schlagen, auf den Turm gelaufen, nimmt aber statt des Klöppels seine Zimmeraxt und die schöne große Glocke berstet. Darauf sind dafür 2 Glocken gegossen und zwar bei dem Hause, worin ehemals Jürgen Willen gewohnt (Hohlerweg Nr. 65).

Im 30jährigen Kriege, und zwar 163o , sind die Glocken nach Einbeck in die Alexandri=Kirche zur Verwahrung gebracht, wofür bei Abholung derselben ein lederner Eimer und 18 mgr. gegeben wurden.

2. Die größte und schwerste Glocke von damals hatte einen gedämpften Ton und trug die Inschrift: Stet uf ir Doten und get vor Gerichte. Diese Glocke ist gegossen als Henricus Rudolphi Superintendent und Johannes Menten Amptmann ware. Anno 1603. Jochim Schrader. - Sie wurde 1861 von Zach in Braunschweig umgegossen und hatte einen Durchmesser von 1,1o m, ein Gewicht von 785 kg, den Ton fis und die Inschrift: Haec Campana Anno MDCIII Parata. = Reparata est Anno MDCCC L XI sumtibus. Parochianorum Grenensium. C. Ilse, Superintendent, A. Elster, Pastor coll., Th. Niemeyer, Cantor, und auf der Rückseite: Vivos voco. Mortuos plango. Fulgura frango (d. h. ich rufe die Lebenden, ich beklage die Toten, ich breche die Blitze). Diese Glocke läutete am 24. Juli 1917 zum letzten mal und ward dann der Kriegsindustrie zugeführt.

1926 ward eine Ersatzglocke angeschafft, von Radler in Hildesheim gegossen und am 19. September feierlich geweiht. Sie trug auf der Vorderseite den Spruch: "Ehre sei Gott in der Höhe" und ein Bild der Geburt Christi, und auf der Rückseite: "Land, Land, höre des Herrn Wort" und ein Bild des segnenden Christus. Sie hatte ebenfalls den Ton fis und war 763 kg schwer.

3. An der zweiten Glocke vom Jahre 1603 stand von zwei Ornamentbändern eingefaßt: Henricus Rudolphus Superintendent und Johannes Menten und Ludolphus Fabricius. Jochim Schrader 1603. Sie wog 1300 kg und hatte den Ton e. Diese Glocke wie auch die neue vom Jahre 1926 fiel dem 2. Weltkrieg zum Opfer. Zu Pfingsten 1940 war die Beschlagnahme der Bronzeglocken verfügt und am 2. Pfingsttag 1942 läuteten die drei Kirchenglocken zum letzten mal zusammen. Dann wurden die beiden großen Glocken hoch oben vom Turm herabgestürzt und abtransportiert.

Nachdem es nach Beendigung des Krieges gewiß war, daß diese beiden Glocken eingeschmolzen waren und daß Bronzegut vorläufig nicht zu haben war, beschloß der Kirchenvorstand 1945, zwei neue Klanggußglocken aus Eisen und Stahl bei der Firma Weule in Bockenem zu erstehen und die Kosten dafür durch eine Sammlung aufzubringen. Ihr Ergebnis war so gut, daß noch für die Turmuhr ein elektrisches Aufzugswerk und für die Glocken eine elektrische Läutewerkanlage in Auftrag gegeben werden konnte.

Die beiden neuen Glocken sind in Kelchform gegossen und tragen die Umschriften wie die Glocke v. J. 1926, nämlich die größere mit einem Randdurchmesser von 139 cm, einer Höhe von 107 cm und einem Gewicht von 1100 kg: "Ehre sei Gott in der Höhe", und die kleinere mit einem Durchmesser von 114 cm, 93 cm hoch und 600 kg schwer: "Land, Land, höre des Herrn Wort". Sie haben den Ton fis und a und wurden am 24. Februar 1946 feierlich geweiht.

Gleichzeitig mit den neuen Glocken wurden 2 kleine, je eine am südwestlichen und am nordwestlichen Schallfenster des Glockenstuhls, als Schlagglocken für die Uhr aufgehängt. Sie tun seitdem den Einwohnern die Ortszeit kund. - Eine Turmuhr wurde 1743 repariert, die jetzige ist -1886 von Weule=Bockenem geliefert. - Die 1945 vorgesehene elektrische Läutewerkanlage für die Glocken konnte erst einige Jahre nach der Währungsreform 1953 eingebaut werden.

Nachdem das 1000jährige Reich Hitlers 1945 kläglich zugrunde gegangen war und die Fesseln, die sein nationalsozialistischer Staat der Kirche angelegt hatte, gefallen waren, boten sich dieser neue Wirkungsmöglichkeiten. Es wurden zunächst jene neuen Glocken beschafft. Als sich in der Bundesrepublik nach der Währungsreform 1948 die wirtschaftlichen Verhältnisse sehr günstig entwickelten, haben sie unserer Kirche auch zu mancherlei Werken der Instandsetzung und Erneuerung verholfen. Der kalte steinerne Fußboden wurde mit Holzdielen ausgelegt und eine Neuvermalung der Wände vorgenommen. 1955 wurde eine neue Beleuchtungsanlage geschaffen, 1956 der Ehrenraum im Turm ausgebessert und eine neue Tür eingesetzt. Der kostbare Altarschrein wurde repariert, 1965 die Ölheizung angelegt. In der nun so schön hergerichteten Heimatkirche hat das gottesdienstliche Leben eine rechte Bereicherung erfahren.