DAS PFARRHAUS


Das der Kirche westwärts gegenüberliegende alte geräumige Pfarrhaus , wohl das schönste Haus im Orte, ist im Jahre 1693 von Superintendent Faber erbaut. Es ist ein Fachwerkbau von zwei Geschossen mit gekreuzten Brüstungsstreben im Oberstock. Wundervoll ist die von kostbaren Schnitzereien eingefaßte rundbogige Haustür. In zarten Farben sieht man dort Frucht= und Blumengehänge hervortreten, darunter züngeln beiderseits Flammen über einer Rosette empor. Über der Haustür liest man eine lateinischen Antiquainschrift, die vom Superintendenten Ludolf Faber verfaßt ist. Sie lautet: labor domi, prudentia foris, pietas ubique, das heißt: Die Arbeit zu Hause, die Klugheit draußen, die Frömmigkeit überall. Die Schwelle der Längsfront des Hauses zeigt zwischen Blumenranken im lateinischen Versmaß folgende lateinische Inschrift:

Numinis atque duum domus haec est structa virorum
Auspiciis, quorum his nomina lector habes.
Est Hagemeierius primus, Rulingius alter:
Hic Grenae fasces, Gandesiae iIle tenet.
Ludolphus Fabri, quem fecit muss magistrum,
Rite ephori sacri munia sancta gerit.
Dum nonaginta et sexcentis milleque Iapsis
A nato Christo tertius annus adelt.
Auertat f lammal et quae nocitura videntur
Numen ab his tectis, coepta secundet idem.

Jeder Vers befindet sich in besonders umzogenen Felde. Auf blaugrauem Grunde hebt sich in goldgelben Buchstaben die Inschrift fein ab. Sie heißt, in unsere deutsche Sprache übersetzt, etwa: Mit Hilfe Gottes und auf Veranlassung von zwei Männern, deren Namen du hier als Leser hast, ist dieses Gebäude errichtet. Der erste ist Hagemeier, Rüling der andere, dieser war Amtmann in Greene, jener in Gandersheim. Ludolph Faber, den die Muse zum Magister gemacht hat, führt zu Recht das heilige Amt des heiligen Superintendenten, während nach Verlauf von 1690 Jahren das dritte Jahr nach Christi Geburt da ist. Möge Gott die Flammen, und was sonst schädlich scheint, von diesem Hause fernhalten, und derselbe das angefangene Werk glücklich zu Ende führen.

Auf der großen Diele versammeln sich die Konfirmanden und seit 1930 alle 3 Jahre die "Goldenen Konfirmanden" zum feierlichen Zuge in die Kirche. Im 2. Stock liegt der geräumige Pfarrsaal für den kirchlichen Unterricht und für die Versammlungen der Frauenhilfe, der Jugendverbände und des Singchors. 1945 erhielten hier sogar mal unter der Fremdherrschaft polnische Kinder Unterricht.

An der nordöstlichen Seite des Hauses befindet sich der Pfarrhof mit Nebengebäuden. Die 1652 errichtete Pfarrscheune war 1727 abgebrannt, aber gleich danach wieder aufgebaut. 1933 wurde sie an Kaufmann Christ und etwas später an den Raiffeisenverein veräußert, der sie nebst dem abgerissenen Eckhaus zu einem Lagerschuppen ausbaute, während in den Nebengebäuden an der Marktstraße 1952 ein kirchlicher Kindergarten eingerichtet wurde.

Die Pfarrscheune erinnert an die Zeit der Pfründenwirtschaft , als der Geistliche zu seinem Lebensunterhalt auf die Einkünfte aus der Pfarrpfründe, d. h. dem Vermögen der Pfarre, angewiesen war. In ihr wurde der Erntesegen an Korn und Früchten der Pfarrländerei geborgen, sowie auch der Ertrag an landwirtschaftlichen Erzeugnissen von den Bauernhöfen, die der Pfarre pflichtig waren. Von ihnen mußten auch allerhand Lebensmittel für Küche und Keller der Pfarre geliefert werden. (siehe unter Pfarrländerei).

Weitere Einnahmen des Pastors waren mancherlei Gebühren, wie sie das Corp. bon. angibt: "Für ein ehelich Kind zu taufen gibt des Kindes Vater 6 mgr., ein jeder Gevatter 2 mgr. Opfer, für ein uneheliches Kind zu taufen ist 1 Rthlr. zu geben. Von einem Konfirmanden am Gründonnerstage oder Sonntage Quasimodogeniti d. i. Sonntag nach Ostern, der Weiße Sontag, für den Unterricht 12 Gr. ausschl. 6 Gr. Konfirmationsgebühr. Von allen Personen, die zum Abendmahl gehen, jährlich 4 Pfg., für eine Proklamation (= Aufgebot) 12-18 Gr., für eine Kopulation 1 Rthlr. und 1 Schnupftuch ausschl. des Opfers., für Einsegnung einer Ehefrau 4 oder 6 Gr., für Abnahme einer Kirchenbuße 1 Rthlr., für Hausabendmahl an Kranke 12 mgr. Für eine Fürbitte in der Kirche 3-6 Gr., zumeist aber nichts, für eine Leichenpredigt in der Greener Kirche 1 Rthlr. 12 Gr., in Olxheim 1 Rthlr. 18 Gr, ausschl. des Opfers, wenn aber ein Kind beerdigt und keine Leichenpredigt gehalten wird, 24 Gr., für die Personalien zu schreiben 6 Gr., gewöhnliches Beichtgelt 1 mg." Das von jeder konfirmierten Person aus den Gemeinden der Parochie an die Pfarre zu entrichtende sogen. Vierzeitengeld, das sind Abgaben, die vierteljährlich zu leisten waren, ist 1869 in eine feste, in vierteljährlichen Raten aus den örtlichen Gemeindekassen zu zahlende Geldrente umgewandelt.

Zu der Pfarrpfründe gehörten auch die Zins und Zehnten von mancherlei Höfen, der Pfarrgarten, die Holzanteile und etliche Deputate. Zeit seines Lebens stand der Pastor im Genuß der Pfarrpfründe, die um die Jahrhundertwende aufgehoben wurde. Die Einnahmen aus dem Pfarrlande fließen in die Landeskirchenkasse und die aus den Gebühren, soweit sie noch erhoben werden, in die Gemeindekirchenkasse. Vom Landeskirchenamt bezieht der Pastor seit etlichen Jahrzehnten sein Gehalt.

Als einstens die Kirchen und Pfarreien gegründet wurden, wurden ihnen zu ihrer Unterhaltung und Instandsetzung und zur Besoldung des Pfarrers und der Diener an der Kirche angemessene Grundstücke und Liegenschaften überwiesen und diese und jene Bauernhöfe zu allerhand Abgaben und Leistungen verpflichtet. Da unsere Greener Pfarre als Diakonatssitz eingerichtet war, wurde sie reichlich mit Einnahmen in natura oder in bar aus eigenem Grundbesitz oder aus allerhand Abgaben und Dienstleistungen versehen.

Abkürzungen : Rth1. = Reichstaler, Mg. = Morgen, 1 Mg. = 12 Rt. (Ruten) = etwa 25 ar, 1 Hufe = 30 Mg., 1 Vorling = ½ Mg., Sch. = Scheffel, Hpt. = Himpten,, 1 Malter = 6 Hpt.. 1 Sch. = 10 Hpt., 1 Hpt. = etwa ½ Zentner, mgr. = Mariengroschen = 8 Pfg., ggr. = guter Groschen = 12 Pfg.