Pflanzliche Polysaccharide
Unter den Polysacchariden sind zwei in Pflanzen vorkommende Polymere der Glucose besonders wichtig, die beta1->4-verknüpfte Cellulose und die überwiegend alpha1->4-verknüpfte Stärke.
Cellulose
Cellulose, ein lineares Homoglycan aus ß1->4-verknüpften Glucose-Resten, ist die häufigste organische Substanz in der Natur. Pflanzliche Zellwände bestehen zu 40-50% aus Cellulose. Der Cellulose-Anteil von Baumwollfasern, einem wichtigen Rohstoff, liegt sogar bei 98%. Cellulose-Moleküle können mehr als 104 Glucose-Reste enthalten (Masse 1-2*106 Dalton) und eine Länge von 6-8µm erreichen.
Natürliche Cellulose ist mechanisch äußerst stabil und gegenüber chemischer und enzymatischer Hydrolyse sehr beständig. Dies beruht auf der Konformation der Moleküle und ihrer supramolekularen Organisation. Die unverzweigte ß1->4-Verknüpfung führt zu linearen Ketten, die durch Wasserstoffbrücken innerhalb der Kette und zwischen benachbarten Ketten stabilisiert werden. Schon während der Biosynthese treten jeweils 50-100 Cellulose-Moleküle zu einer Elementarfibrille von 4nm Durchmesser zusammen. Ungefähr 20 solcher Elementarfibrillen bilden dann eine elektronen-optisch bereits erkennbare Mikrofibrille.
Cellulose-Mikrofibrillen bilden das Grundgerüst der Primärwand junger Pflanzenzellen. Dort sind sie mit weiteren Polysacchariden zu einem komplexen Geflcht vernetzt Zu den vernetzenden Polysacchariden gehört die sogenannte Hemicellulose, ein Gemisch von vorwiegend neutralen Heteroglycanen (Xylane, Xyloglucane, Arabinogalactane u.a.). Die Hemicellulose tritt durch nebenvalente Bindungen mit den Cellulose-Fibrillen in Kontakt. Verbunden sind diese Komplexe durch neutrale und saure Pecitne, die als typischen Baustein Galacturonsäure enthalten. Schließlich ist auch ein collagenähnliches Protein, das Extensin, am Aufbau der Primärwand beteiligt.
Für höhere Tiere ist Cellulose unverdaulich, aber wichtig als Ballast-Stoff. Viele Pflanzenfresser (z.B. die Wiederkäuer haben symbiotische Einzeller in ihren Verdauungssystem, die Cellulose abbauen und so dem Wirt nutzbar machen können.
Stärke
Stärke, ein weit verbreitetes pflanzliches Reserve-Polysaccharid ist das wichtigste Kohlenhydrat der menschlichen Nahrung. Stärke kommt in den Chloroplasten der Blätter, in Früchten, Samen oder Knollen vor. Besonders hoch ist der Stärkegehalt in Getreidekörner (bis 75% der Trockenmasse), in Kartoffelknollen (etwa 65%) und in anderen pflanzlichen Speicherorganen.
Dort findet man die Stärkein Form mikroskopisch kleiner Körnchen in besonderen Organellen, dem Amyloplasten. Stärkekörner sind in kaltem Wasser praktisch unlöslich, quellen aber beim Erhitzen in Wasser stark auf. Etwa 15-25% der Stärke läßt sich durch längeres Kochen kolloidal in Lösung bringen. Diesen Anteil nennt man Amylose (lösliche Stärke).
Amylose besteht aus unverzweigten, alpha1->4-verknüpften Ketten von 200-300 Glucose-Resten. Aufgrund der alpha-Konfiguration an C-1 bilden solche Ketten eine Helix mit 6-8 Resten pro Windung. Die Blaufärbung von Stärkelösungen nach Zugabe von elementarem Iod beruht auf dem Vorkommen solcher Helices: Die Iod-Atome lagern sich kettenförmig ins Innere der Helix ein und nehmen in dieser weitgehend nichtwässrigen Umgebung eine tiefblaue Farbe an. Stark verzweigte Polysaccharide färben sich mit Iod lediglich braun oder rotbraun.
Im Gegensatz zur Amylose ist das praktisch unlösliche Amylopectin verzweigt. Im Mittel ist jeder 20-25. Glucose-Rest über eine alpha1->6-Brücke mit einer weiteren Kette verbunden. Dadurch entsteht eine ausgedehnte baumartige Struktur, die -wie die Amylose- nur eine freie anomere OH-Gruppe enthält. Amylopectin-Moleküle können Hunderttausende von Glucose-Reste enthalten; ihre Masse kann über 108 Dalton liegen.