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- Ballonflug 21.6.1997, Neustadt/Rbg.: Die Suche -

 Hallo Funkfreunde.

Nach einer stundenlangen und leider erfolglosen Suchaktion am Sonnabend, den 21.6.1997, sind die beiden Boxen am Sonntagabend um 21:10 MESZ gefunden worden.

Es war ein spannendes Wochendende, spannender geht es kaum. Ich werde versuchen, hier einigermaßen System in den Bericht zu bringen, was aber wegen der Vielzahl der Fakten und Zusammenhänge nicht leicht ist. -

Der Start, den ich mit 2 Packet-Radio Stationen von zuhause aus (JO52GW) in Uelzen verfolgt habe, war in etwa wie die vorigen auch.

Startort

Bereits bei 1km Flughöhe stand das Signal an meiner Anlage mit S9+ an und ich konnte einwandfrei mitlesen, so wie viele andere Funkfreunde auch. Die saubere und verbal korrekte Sprachausgabe (Hut ab vor der Programmierleistung von Jens, DL4AAS) hat mich begeistert. Mein Kassettenrecorder hat einige Durchgänge des Aufstiegs mitgeschnitten. Die Locatorverfolgung (Auswertung hier nur in Fonie) und das "Online-Programm" QTH.EXE unter SP sagten mir, das der Ballon in meine Richtung (Uelzen) fliegt! - Die Spannung stieg. Im PR-Convers und mit der Datenaufzeichnung war in dieser Gegend noch der Frank aus Suhlendorf, DG3AAH, bereit. Unseren OVV Andreas, DG3OBK, habe ich per Telefon erreichen können. Auch Andreas konnte gut mitlesen und verfolgte die Sache ebenfalls.

Bei ca. 10.000m habe ich mal wieder die NF der Sprachausgabe mitgeschnitten. Dieses stellte sich als gut heraus, da das Signal plötzlich anfing zu flattern. Wie auch bei vorherigen Beobachtungen anderer Ballonstarts, war dies ein sicheres Zeichen für den Abstieg! Ich lag mit der Beobachtung so gut wie nie daneben! Also lief der Recorder durch. -

Frank hatte saubere GPS (Global Positioning-System) Packet-Radio Mitschnitte bis kurz vorm Aufprall. Die Daten waren später abends im Packet-Convers für die Auswertung sehr gut zu gebrauchen.

Was mir auffiel, war die hohe Sinkgeschwindigkeit! Da mußte was schiefgelaufen sein. Fallschirm nicht offen oder zusammengefroren, verwickelt etc...

Nun, die Flughöhe nahm rapide ab, die Ansagen der Box liefen weiter durch. Aber, und das ist evtl. sehr wichtig für das, was ich Sonntagnacht bzw. Montagmorgen feststellen konnte: Es folgte nach 2 Ansagen eine PAUSE mit Träger OHNE Ansage. Dauer: 5 Sekunden. Dann die nächste Ansagefolge, dann wieder PAUSE! (Ein Wortprotokoll der Aussendung war später in den Packet-Radio Mailboxen, Rubrik SCHULE, zu finden gewesen.)

Die letzte lesbare Höhenangabe gab es bei ca. 500m und dann war Ruhe, Ende, aus. - Der Aufschlag, wie wir nun wissen.

Ich hatte für den Sonnabend wegen der Flugbeobachtungen von der Familie freigenommen, hi ;-) Ich habe aber nicht damit gerechnet, das die Teile in unserem Gebiet runtergehen werden...

Aber nun wurde es spannend, es entstand eine große Hektik hier. Nochmal schnell die letzte Ansage abgehört, dann alle Sachen gepackt und ab damit ins Auto.

Nun, die Entfernung zu mir betrug lt. QTH-Lokator-Ansage ca. 18km bei einer Himmelsrichtung
von 299 Grad. Das ist der Raum Wriedel/Brockhöfe/Schatensen. Ich habe dann per Telefon den Andreas, DG3OBK mobilisiert. Mit Frank, DG3AAH, hatten wir uns bei mir getroffen, alle nötigen Dinge zusammengesucht und waren losgefahren.

Erst einmal Richtung Wriedel. Peilen: KEIN Signal. Schon mal schlecht. Auf die Entfernung ist das Peilen und Finden immer möglich, mag die Sendeanlage auch tief liegen.

Mein Vater Werner, DCØOV, war mitlerweile an seiner Station. Ich hatte ihn gebeten, nochmal das Band abzuhören und die letzte Positionsmeldung incl. Höhe per Funk durchzugeben. Ich hatte mir das in der Aufregung nicht notiert. Die Angaben standen fest; Frank, DG3AAH und Andreas, DG3OBK, hatten nach der Kontaktaufnahme mit den beiden Suchteams auf dem Heide-Relais DBØRH die Koordinaten umgerechnet und auf der 1:100.000er Karte eingezeichnet. Der Punkt lag schon fast genau dort, wo er auch auf der Karten-CD von Christian, DL6OBN + Volker, DL6OBU, zu finden war. Schon gar nicht schlecht.

Mitlerweile hatten wir uns bei der Kirche in Wriedel getroffen und das weitere Vorgehen geplant und durchgeführt. Leider ohne Erfolg. Selbst mit SSB-Geräten war an den verschiedenen Stellen kein Signal zu hören. Die Peilteams: Doris, DG4OT; Christian, DL6OBN; Christian, DG5OAC und Volker, DL6OBU (Hoffentlich habe ich keinen übersehen). Aus Uelzen waren Frank, DG3AAH; Andreas, DG3OBK; am Sonntag Ulrich, DL5OAU und halt ich, DF2OK, dabei.

Bei einem weiteren Treff in Brockhöfe hatte ich meinen Vater gebeten, die letzten 3 Positionsmeldungen (Fonie-GPS) durchzugeben. So war es möglich, diese Punkte per GPS-Programm und Daten-CD grafisch auf dem Laptop darzustellen und auf die Karte zu übertragen. Unter Berücksichtigung der Sinkgeschwindigkeit und der zurückgelegten Entfernung konnte in etwa die Linie erstellt werden, die die Boxen zurückgelegt haben müssten. Wir waren durch die Wiesen und Felder gefahren, ausgestiegen, gelaufen und hatten viel gesucht und geschaut...

Und, wie wir nun wissen, waren schon ein paarmal sehr (!) dicht dran. Nun, nach 6 Stunden Suche hatten wir Feierabend gemacht. Abends im Packet-Convers waren alle beteiligten OMs wieder da; die letzten GPS-PR-Daten wurden zusammengestellt, sortiert.

Eine Such-Karte wurde in das Packet-Radio-Netz gespielt. Man wollte es nochmal versuchen. -

Sonntag war ich mit meiner Familie beim Tag der offenen Tür beim NDR in Hamburg. Es war schön dort. Abends habe ich Ulrich, DL5OAU, in PR gesehen und ihn auf die OV-Frequenz gelotst. Er war erst am Sonntag abend erreichbar, sonst hätten wir seine Hilfe schon früher nutzen können. Ich schilderte ihm die Situation. Ulrich hat eine 1:50.000er Karte von dem Gebiet.

Mit den letzten 3 Positionsangaben der GPS-PR-Durchgänge sowie den Höhen- und Zeitdifferenzen konnte er dann die Positionen (sehr!) genau einzeichnen. Die Flugbahn war mit einer leichten Kurve gen Nord und ziemlich dicht an den Eingangs erfassten Daten dran.

Für Ulrich stand fest, (nach der Beschreibung, was da für ein Gelände ist), daß die Teile im Rübenacker liegen. Und: Natürlich sind wir kurz vor 20:00 MESZ nochmal los! - War ja noch hell :-)

Dort angekommen, waren wir der gedachten Linie im PKW gefolgt, ausgestiegen und im abendlichen Licht hatten wir mit dem Fernglas die Rüben abgesucht.

Wir waren in den Rübenfurchen und den Treckerspuren entlang der Linie auf den Äckern langegangen. Mäanderförmig gehend, hatten wir viele 100m Rübenacker durchwandert. Ich war dann, um mehr Licht der flachstehenden Sonne (kurz nach 21:00 MESZ) im Rücken zu haben, weiter auf dem Feld lang zum Weg hin unterwegs. - Plötzlich ragte eine von den beiden übriggebliebenen Helicalantennen im Gegenlicht aus den Blättern! -

10m von mir entfernt, ca. 20m vom Wegrand weg. Da lagen die Boxen. An der Stelle bin ich am Sonnabend schon mal vorbeigefahren. Allerdings wird die Aussicht durch einen Knick beeinträchtigt.

Fundkarte

Intakte Boxen, keine Bruchstücke! Welch ein Jubelschrei. Ulrich per Pfiff vom anderen Ende des Ackers rangeholt.

Dank Ulrichs Datenauswertung hatte ich um 21:10h MESZ die Boxen gefunden.

Aber: Es waren keine Ballonreste zu sehen, kein Radarreflektor, kein Fallschirm, nix dergleichen. Wer weiß, wo das gelandet ist...

Werner, DCØOV, war noch mit uns in Funkkontakt und ich habe ihn gebeten, Wolfgang, DL4OAD, telefonisch vom Fund mitzuteilen. Auch das hatte geklappt.

Wir luden alles ein und Ulrich hatte die Idee, die Karte einzulesen und ins PR-Netz zu stellen. Ulrich wohnt gleich in meiner Nähe, so hatte er noch seine gute Kamera geholt.

Vorsichtig hatten wir die Boxen in die helle Garage gebracht und Aufnahmen angefertigt. Ich hatte vorsichtig damit begonnen, die Leinen abzuschneiden. Achja, der gebrochene Kunststoff(!)-Ring für die Starthilfe war auch dran, hi ;-)

Zum Zustand der Boxen: ATV-Box war bis auf eine winzige eingedrückte Ecke so gut wie in Ordnung. Kein Wasser drin, kein Bruch, absolut nix. Alles am Fleck.

Natürlich war das, was beim Start schon fehlte, weg und die Antennen sahen nach DER Landung auch nicht mehr neu aus...

GPS-Box: Dort, wo die Unterseite des Batteriefachs ist, wollten diese wohl durchs Gehäuse. Das Schutzklebeband für den Adressaufkleber hat das verhindert. (Box muß also neu geabut werden, da Strukturschwäche) Trotzdem dicht. Etwas klapperte in der Box. -

Die ATV-Box wurde ganz vorsichtig von mir unter "Filmaufsicht" geöffnet. Vorher wurde die Stromzufuhr unterbrochen, der Stecker war ja außen zugänglich. Der Deckel wurde langsam hochgeklappt. Alles ufb, alles am Platz, keine abgerissenen Drähte. Da alles sehr kompakt verkabelt war, hatte ich den Deckel gar nicht weiter aufgemacht und den Kasten nach der Nahaufnahme gleich wieder vorsichtig geschlossen. Was der kleine "Nippel" an der Oberseite neben der CCD-Kamera für eine Bedeutung hatte, war mir unklar, bis mich Lutz, DL4OBG, informiert hat. Es war der Motor, der die Schleuderscheibe zur Beseitigung von Regen und anderen Staubteilchen angetrieben hat. Die Scheibe war also auch weg. Der Temperatur-Sensor für die Umschaltung der Kameras ist draußen angebaut.

Nun die GPS-Box. Ebenfalls sehr behutsam den Deckel abgehoben. 1. Blick: Das Zählrohr war aus der Halterung herausgefallen und das klapperte. Alles andere: Auch an seinem Platz! Da ich die Stromversorgung erst kurz vorm Öffnen abgezogen hatte (Verbindung außen), konnte ich zumindest auf dem GPS-Chip noch die Betriebswärme spüren. Also musste das noch gearbeitet haben. Die anderen Chips waren nicht spürbar warm. Nach den Filmaufnahmen vorsichtig wieder zuklappen. Das Zählrohr hatte ich erstmal in einer sicheren Ecke der Box gelassen, da ich noch nicht feststellen konnte, wie es in die Fassung gehört.

Die Filmaufnahmen wurden beendet, dann ab ins Warme zu mir nach oben. Wir haben die Karte digitalisiert (s.o.). Da ich in PR durch Wald, Nässe und wenig "Output" nicht in der Lage war, die Kartendaten einzuspielen, hat Frank, DG3AAH das nach einer Direktübertragung für mich übernommen.

Es war noch etwas Zeit (kurz nach Mitternacht, hi), um nochmal in Ruhe mit Ulrich in die GPS-Box zu schauen. Die Batterien waren noch nicht leer. Der Sender selber ist ok. Wurde nach Wiedereinschalten der Spannung kurz hochgetastet, ohne Modulation und dann wieder Ende. Keine sichtbaren Beschädigungen. Leiterplatte in Ordnung, keine ICs aus den Fassungen gefallen, Quarze alle gerade. Nun, optisch war nichts außergewöhnliches zu finden.

Box wieder zu, Spannung endgültig getrennt. Es war 1:30 MESZ, Feierabend.

Der Montag danach. Nach dem Aufstehen so eine Idee: Schalte doch nochmal ein. Also, 2m-RX an, Box an und - voll da, als wäre nichts passiert! Sprachausgabe, PR, alles. Na klar, das die Daten nicht stimmten. Auch waren keine plus 17 Grad im Wohnzimmer, hi ;-) Also hatte ich die Box geschnappt und sie draußen auf den Hof gestellt. Nach 3 Minuten war die Locator-Ansage ok, die Position ok, die GPS-Zeit ok. (PR-RX habe ich nicht an gehabt) Kassettenaufnahme.

Und nun kam es: Nach ca. 5 Min. Betrieb wieder eine Pause - Ansage - Pause (jeweils mit Träger, wie bei der "Landung") und dann - Ende.

Die Batterien hatten eine Nacht (5 Std.) Zeit, sich ein wenig zu regenerieren. Ich habe nach 1/2 Std. den Versuch wiederholt, diesmal dauerte es nur 1-2 Minuten, dann wie oben.

Wie wir mitlerweile wissen, scheint eine leere Speicherbatterie für den Datenausfall verantwortlich gewesen zu sein. Diese wurde, neben anderen Modifikationen, ausgewechselt.

Soweit meine Überprüfungen. Mehr mochte ich nicht probieren, jetzt waren die Konstrukteure dran. Ich setzte mich mit ihnen in Verbindung.

Durch einige technischen Informationen konnte ich ein wenig gezielter suchen. So habe ich den +8V-Schaltregler mit der Peripherie nachgelötet. Schon hat die Schaltung wieder gesendet. Und das bis ca. +6V herunter. Bei der Nennspannung funktioniert bis auf den Außentemperatur-Sensor (immer null Grad) alles. Es wird noch alles durchgeprüft werden.


Abschluß

Der Start hatte nach Angaben vom Startteam wegen des Regens und des starken Seitenwindes wohl erhebliche Probleme bereitet. Der Starthilfering war aus Kunststoff und unter der Beanspruchung gebrochen. Die Leinenkonstruktion samt Knotentechnik ist STARK verbesserungsbedürftig. Wie das bei uns gelöst wurde, ist auf einer anderen Web-Seite nachzulesen.

TLM-Box: Wenn ich darüber nachdenke, hatten wir Glück gehabt. Wären die Aussetzer der Daten nicht kurz vor dem Aufprall passiert, sondern früher, oder - wäre der Ballon, wie sonst üblich, länger und weiter geflogen, - hätten wir aus größerer Höhe keinen Sendebetrieb mehr gehabt.

Das Zählrohr ließe sich zusätzlich sichern.

Es ist sicher schön, wenn viele Daten in Fonie angesagt werden. Aber beim Abstieg sind die GPS-Daten extrem wichtig. Die WX-Daten auch weiter in PR; GPS-PR und Fonie-GPS in ständiger Folge. POSITION, HOEHE, Tempo und LOCATOR wäre ein Vorschlag zur Reihenfolge. Auswertung des Abstieges könnte ggf. über die Höhenangabe der GPS-Datenzeile gemacht werden. Fällt die Box, Umschaltung auf einen anderen Ausgabemodus.

Ein Watchdog, der auf Dauersendung schaltet, wenn etwas durch Software- oder andere Fehler ausfällt, ist ebenfalls nützlich.

Diese Softwareänderungen sind mitlerweile durchgeführt worden. Da diese Nutzlast bereits erfolgreich beim Uelzer Ballonflug funktioniert hatte, hat sich die Programmänderung gelohnt.


Was mir besonders an diesen Aktionen gefällt, ist zum einen die interessante Technik und zu anderen die Zusammenarbeit aller Beteiligten, die letztendlich zum Gelingen beiträgt. In diesem Sinne ein Dankeschön von mir. Ein Dank rundrum an alle ausserhalb unserer PKWs, die uns tatkräftig bei der Suche unterstützt haben.

73, Michael, DF2OK


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Zuletzt geändert am: 20. Febraur 2004