Feldstärke-Aufzeichnungen für DI2AG mit Spektrum Lab

Einleitung

Walter Staubach (DJ2LF) betrieb seit Anfang 2005 eine experimentelle Bake mit dem Rufzeichen DI2AG (keine Amateurfunkstelle!). Die Bake sendet nominell auf der Frequenz 440.044 kHz (möglicherweise aber etwas tiefer), die effektive Sendeleistung liegt zwischen 0.5 und 3 Watt ERP (selten auch bis 9 Watt). Standort der Bake war JN59NO (nördlich von Nürnberg).

Um -neben den bereits zahlreich aufgenommenen Spektrogrammen- auch quantivative Feldstärkemessungen durchzuführen, bietet sich der Einsatz eines PC's mit Soundkarte und geeigneter FFT-Software an. Dieser Artikel beschreibt den Einsatz eines derartigen Programmes ("Spectum Lab"), um entsprechende Aufzeichnungen in maschinenlesbarer Form zu erzeugen, die platzsparend archiviert und später mit Programmen wie Excel, Open Office, usw. ausgewertet werden können.

Der folgende Screenshot von Spectrum Lab's "Plotter" zeigt den Verlauf der Feldstärken im NDB-Band (440 kHz).

Die gelbe Kurve zeigt den Verlauf der Feldstärke von DI2AG, die grüne Kurve vermutlich das polnische Funkfeuer "DRE". Im Bereich 440 kHz +/- 5 Hz liegen allerdings verschiedene NDB's, deren genaue(!) Frequenzen noch nicht bestimmt wurden. Lediglich DI2AG auf 440.044 kHz +/- 1 Hz ist anhand der Frequenz genau zu identifizieren. Die Aufnahme entstand in der Nacht vom 4. auf den 5. Juli 2005 während recht starker atmosphärischer Störungen ("QRN"), ohne kalibrierte Antenne, in einer Entfernung von 340 km. Bei 22:45 (UTC) ist z.B. ein deutlicher Anstieg der Feldstärke zu sehen, der sich im Verlauf der Nacht wiederholt. In den frühen Morgenstunden sinkt der QRN-Pegel deutlich (02:00 bis 03:00), allerdings auch die Feldstärke von DI2AG - im Gegensatz zu DRE, die bereits um 01:15 wieder auf den fast konstanten "Tages-Pegel" abgefallen ist.
Um Fehlmessungen durch atmosphärische Störungen zu erkennen, werden mehrere Meßkanäle aufgezeichnet, nämlich:

Die Anzahl der aufgezeichneten Kanäle und deren Definition kann natürlich nach den Erfordernissen angepasst werden (siehe Erläuterung der für die Messungen verwendeten SpecLab-Funktionen im Anhang ) .

Inbetriebnahme des Systems

1. Starten von Spectrum Lab und Laden der Konfigurationsdatei für DI2AG

Nach der Installation von Spectrum Lab sollte zunächst getestet werden, ob Daten von der Soundkarte eingelesen werden. Näheres dazu in der Online-Hilfe des Programmes. Gegebenenfalls muss die NF-Quelle für die Soundkarte auf "Line-In" umgeschaltet werden (die Verwendung des Mikrofoneinganges empfiehlt sich nicht, auf jeden Fall darauf achten das die automatische Verstärkungsregelung abgeschaltet ist. Bei Line-In-Eingang ist dies eigentlich nie der Fall, beim Mikrofoneingang dagegen fast immer).

Anschließend wird die Konfigurationsdatei für DI2AG geladen. Dazu...

Alle nötigen Einstellungen zum Aufzeichnen und Anzeigen der Daten sind in dieser Datei bereits enthalten. Bevor es "richtig" losgeht, sollte aber mindestens noch die Frequenz des Empfängers und dessen Stabilität überprüft werden. Dazu wird das Zweite Deutsche Fernsehen eine gute Hilfe sein, denn dessen Zeilenfrequenz ist mit den Cäsium-Frequenznormalen der PTB Braunschweig gekoppelt - siehe folgendes Kapitel.

Um quantitative Feldstärkemessungen zu machen, muß neben der Frequenz auch noch die Amplitude kontrolliert werden. Hier von "kalibrieren" zu sprechen wäre weder physikalisch korrekt, noch entspricht es den Tatsachen... siehe Kapitel X .

Wichtig: Unter Windows XP unbedingt den Bildschirmschoner abschalten, oder zumindest die Option "Willkommenseite bei Reaktivierung" abschalten ! Strom sparen bzw. den Bildschirm "schonen" läßt sich so eh (meistens) nicht. Stattdessem wird der Monitor während Langzeitaufnahmen am besten abgeschaltet - und fällt damit auch als Störquelle weg.

2. Kalibrieren der Frequenz des Empfängers

Wegen des relativ geringen Frequenzabstandes der Bake DI2AG zu den NDB's muss die Empfängerfrequenz möglichst genau kalibriert werden. Glücklicherweise wird ein brauchbares Frequenznormal vom zweiten deutschen Fernsehen geliefert (solange das ZDF noch analog terrestrisch zu empfangen ist). Alles was benötigt wird, ist

Die 28-te Oberwelle der Zeilenablenkfrequenz beträgt 28 * 15.675 kHz = 437.5 kHz, also nahe genug an der späteren Empfangsfrequenz. Sie ist stark genug, weil die Zeilenablenkspannung sägezahnförmig verläuft und daher ausreichend Oberwellen enthält.

Nachtrag: Seit der Umstellung des terrestrischen Fernsehens auf DVB-T funktioniert die oben beschriebene Methode (Zeilenfrequenz) nicht mehr. Als Referenz bietet sich eine der im Hilfesystem beschriebenen Methoden an, vorzugsweise DCF77 oder GPS, eventuell noch Droitwich oder DLF.

Beispiel : "Kalibrieren" des Langwellenempfängers, hier: Kenwood TS-850

Empfängereinstellung:

VFO auf 437.50 kHz, Betriebsart CW, Telegrafieton ("pitch") auf 650 Hz   (wobei CW hoffentlich im OBEREN SEITENBAND empfangen wird...   d.h. beim Drehen des VFOs nach Links muss der Ton höher werden )

Gemessen (mit Spektrum Lab's Cursor-Funktion, Frequenz-Offset = 0 Hz):
650.03 Hz .

Das bedeutet, der vom Empfänger gelieferte Ton liegt im LW-Bereich 0.03 Hz ZU HOCH, was später beim Einstellen des Frequenz-Offsets berücksichtigt werden muss,  indem zur Audiofrequenz 0.03 Hz weniger als der "theoretische Wert" addiert werden.

Liegt die die bei der Kalibrierung gemessene Audiofrequenz ZU NIEDRIG, muss der Frequenz-Offset später entsprechend kleiner gemacht werden, damit die Summe aus Audio-Frequenz plus Offset wieder stimmt .

3. Einstellen der Empfangsfrequenz und des Frequenz-Offsets

Ziel ist, in der Anzeige des Spektrums (oder/und des Spektrogramms) eine präzise Anzeige der Mittelwellenfrequenz zu haben, da diese Werte z.T. auch in den aufgezeichneten Dateien enthalten sein werden. Eine Abweichung von < 1 Hz ist anzustreben (und möglich, auch wenn der verwendete Empänger nur gröbere Abstimmschritte bietet).

Beispiel: TS-850 IN CW !

Empfängereinstellung:
VFO auf 440.00 kHz, Betriebsart CW, Telegrafieton ("pitch") auf 650 Hz . Ein Signal auf 440.00 kHz produziert hier eine NF von 650 Hz, zum Umrechnen der Audio-Frequenz in die Empfangsfrequenz müsste daher 440.00 kHz minus 650 Hz = 439350 Hz im Feld Frequency Offset ("Offs") in Spectrum Lab eingegeben werden
Hinweis:
Beim TS-850 wird CW "im oberen Seitenband" empfangen, bei anderen Empfängern (z.B. ICOM) gegebenenfalls auf "CW-Reverse" schalten damit die höhere MW-Frequenz auch der höheren Audio-Frequenz entspricht. Prinzipiell kann die  Invertierung des Seitenbandes zwar auch per Software erfolgen, was aber diesen Artikel unnötig verkomplizieren würde.

Da der CW-Ton vom Empfänger aber (in diesem Beispiel) 0.03 Hz ZU HOCH liegt, werden nicht 439350 Hz sondern nur 439349.97 Hz im Feld "Frequenz-Offset" im Programm eingegeben (auf der Registerkarte "Freq" am linken Rand des Hauptfensters).

Kontrolle der Empfangsfrequenz

Bei 440.000 kHz sollte im Spektrum (oder im Spektrogramm) nun eine deutliche Line erscheinen. In Norddeutschland wird dies die polnische Bake "DRE" sein. Beim Test im Sommer 2005 wurde diese tatsächlich bei 440.0000 kHz angezeigt. Die Frequenz kann mit der Cursor-Funktion von Spectrum Lab (*) präzise abgelesen werden, da bei ausreichendem Signal/Rausch-Abstand eine Interpolation der FFT-Bins durchgeführt werden kann. Die Auflösung der Cursor-Anzeige ist daher erheblich besser also die Breite eines "FFT-Eimers" (bins) !

(*) Cursor-Funktion :
Die Maus im Spektrumfenster in die Nähe des zu messenden "Peaks" bewegen. Das Programm sucht nach dem stärksten Signal in der Nähe der Mauszeigers, und zeigt Frequenz + Amplitude auf dem Cursor-Panel am linken Fensterrand oder in der Menüzeile an.

Hinweis: Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass DRE wirklich die stärkste Station auf 440.0 kHz ist. Wenn dies so wäre, könnte man sich die "Kalibrierung" per ZDF-Zeilenfrequenz sparen.

3. Amplitudenabgleich

Um einen halbwegs passablen Abgleich der Amplitude zu erzielen, bietet sich im Idealfall der Einsatz einer kalibrierten Messantenne an einem Meßempfänger an. Um die unbekannte "Durchgangsverstärkung" der Soundkarte zu kompensieren, bietet sich in dem Fall ein NF-Generator mit kalibrierter Ausgangsamplitude an. Per Soundkarten-Steuerprogramm (sndvol32.exe) kann die Verstärkung für den Line-In-Eingang dann so eingestellt werden, daß der angezeigte Pegel "passt".

Es geht allerdings auch -bei geringeren Ansprüchen an die Genauigkeit- auch einfacher:

Falls als Empfangantenne eine kompakte H-Feld-Antenne eingesetzt wird. Mit Hilfe einer selbstgebauten Helmholtz-Spule und eines Signalgenerators kann im "Labor" eine magnetische Feldstärke erzeugt werden, die z.B. einer Feldstärke im später zu messenden Fernfeld von 10..30 dBuV/m entspricht. Wie dies genau zu bewerkstelligen ist, bleibt der Phantasie des Lesers überlassen ... eventuell im WWW nach "Field strength meter for the 137 kHz band by Dick Rollema" suchen, oder gleich bei http://www.wireless.org.uk/pa0se.htm nachlesen.

Noch einfacher: Falls sich eine NDB (Flugfunkbake) mit bekannter ERP in der Nähe (10...200 km) befindet, kann unter Zuhilfenahme einer Tabelle für Bodenwellen-Ausbreitung (GROUND WAVE PROPAGATION) ermittelt werden, wie groß die Feldstärke der NDB am Empfängerort sein müßte... entsprechende Versuche wurden vom Verfasser allerdings noch nicht durchgeführt. Per manueller Verstärkungsregelung im Empfänger oder/und Soundkarte kann dann der angezeigte Wert "passend" gemacht werden.

Anhang

Definition der aufzuzeichnenden Messkanäle mit SpectrumLab

Die aufgezeichneten Daten werden auf der Registerkarte "Watch List" des Plotfensters definiert. Hier (bei der Aufzeichnung von DI2AG) werden nur zwei Funktionen zum Messen des Rauschpegels und der Spitzenwerte der Feldstärke verwendet. Mit diesen Definitionen ergab sich das in der Einleitung abgebildete Y(t)-Diagramm.

Die Spalten in dieser Tabelle enthalten: